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Die Sybel-Hüffer’sche Kontroverse.

Aeusserste zu vertheidigen« (Hüffer Oestreich und Preussen S. 73).
Auch hat Hüffer nachgewiesen, dass das Zeugniss von Fr. Gentz
einzelnen »Restriktionen unterworfen sei, und diese Restriktionen
werden sich wohl auch auf jenen Kriegsrath vom 24. Mai 1794
anwenden lassen (die Politik der deutschen Mächte S. 67}. In dem
Essay »Polens Untergang und der Revolutionskrieg« (S. 116) kor-
rigirt denn auch Sybel seine eigene frühere Ansicht dahin, dass
das Wort »Räumung« wohl am 24. Mai nicht ausgesprochen wor-
den sei, und dass jener Kriegsrath sich darauf beschränkt habe,
die ungünstige Lage der Armee bervorzuheben. Ja, er sieht sich
genöthigt noch ein weiteres Zugeständniss zu machen; dass »der
Kaiser damals den Gedanken fernerer Kämpfe noch nicht aufge-
geben habe«. Damit würde denn wohl die Behauptung »dass der
Kaiser mit Thugut und Waldeck den Beschluss zur freiwilligen,
wenn auch langsamen Räumung Belgiens nach der Schlacht bei
Tourcoing gefasst habe« (Sybel’s hist. Zeitschrift XV. 86) wenig-
stens was die Person des Kaisers betrifft zurückgenommen sein.
Auch wird man Sybel’s Urtheil. dass die kaiserlichen Schreiben
an seine Generäle, worin Franz II. den Prinzen von Koburg und
Klerfayt zu energischer Fortführung des Kampfes aufforderte, »ledig-
lich zum Vorzeigen bestimmt« und blosse »Stylübungen« gewesen,
jedenfalls als ein sehr gewagtes hinstellen müssen. Sybel sucht
sich damit aus der Verlegenheit zu ziehen, dass ei' erklärt: »die
kaiserlichen Handschreiben, in denen Franz II. den Plan der Räu-
mung Belgiens abläugnet, stammen aus einer Zeit, wo der Wiener
Hof bei der Katastrophe Robespierre’s und der Sendung Spencer’s
und Grenvilles seine bisherige Politik suspendirt und für einige
Wochen wieder eine kriegerische Haltung angenommen hat«; aber
unseres Erachtens nach, hat Hüffer ein sehr schlagendes Argumen-
tum ad hominem beigebracht, wenn er fragt: »wie konnte z. B.
das kaiserliche Schreiben vom 15. Juli eine Folge des Sturzes von
Robespierre sein, der am 27. Juli Statt fand, und der Sendung
jener Engländer, die am 6. August in Wien ankamen?« (Hüffer
a. a. 0. S. 75.) Es ist von Herrn v. Vivenot nachgewiesen wor-
den, dass der Briefwechsel des Kaisers mit Koburg und Klerfayt
von Thugut entworfen und von dessen eigener Hand niederge-
schrieben wurde. Darin läge vielleicht ein Anhaltepunkt für die
Ansicht, dass auch Thugut, wie das jene Schreiben bekunden,
ein Anhänger der entschiedensten Fortführung des Kampfes gegen
Frankreich und ein Gegner der Räumung Belgiens ge-
wesen ist. Sagt doch selbst eine Depesche des preussischen Ge-
sandten Cäsar vom 21. Juni 1794 aus Wien: dass Thugut und
Rollin die Ansicht Lascy’s (man solle Belgien räumen) nicht
theilten, sondern hofften, die verbündete Armee werde die Nieder-
lande behaupten. Verhohlen wir uns aber nicht, dass in der bel-
gischen Frage bei Thugut wie bei seinem Vertrauten Waldeck das
Pro und das Contra sich die Waage halten. Worten, die den
grössten Eifer für Vertheidigung Belgiens ausdrücken, stehen andere
 
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