Schriftsteller und Wissenschaftler als Mekka der russi-
schen Wissenschaft im 19. Jahrhundert.
Bald darauf fand meine erste Begegnung mit der Uni-
versitat Heidelberg anlasslich des Bewerbungsvor-
trags statt. Angesichts der Villen und Uniformen der
„Verbindungen", die schon bei den russischen Wissen-
schaftlern des 19. Jahrhunderts grofites Erstaunen her-
vorgerufen hatten, fiihlte ich mich ins 19. Jahrhundert
versetzt. Das russische Heidelberg begegnete mir auf
Schritt und Tritt. So fand mein Vortrag im Institut fur
Ubersetzen und Dolmetschen statt, dessen Russische
Abteilung von 1931 bis 1956 von dem russischen Philo-
sophen und Ubersetzer Nicolai von Bubnoff geleitet
wurde, in eben jenem Gebaude, in dem ein Jahrhundert
vorher der russische Chemiker Mendeleev, dem das
Periodensystem der Elemente zu verdanken ist, Vor-
lesungen bei Bunsen horte und die Flucht ergriff vor
dessen Vorliebe fur explosive Experimente, welche
Bunsen mit einem Auge bezahlte.
Bei aller Faszination, machte ich mir wenig Hoffnung
auf eine Mitwirkung am russischen Kapitel des Mythos
Heidelberg, da es der erste Bewerbungsvortrag meines
Lebens war. Daher begab ich mich auf eine Reise
jenseits des Polarkreises, von der ich gerade noch recht-
zeitig zuriickkehrte, um den Ruf auf die „letzte C-Profes-
sur" anzunehmen. Noch bevor ich am 1. Oktober 2004
begann, an der Heidelberger Universitat zu arbeiten,
wurde ich von dem Slavisten Urs Heftrich zu einer Kon-
ferenz fiber die Formen kiinstlerischer Erinnerung an
die nationalsozialistische Rassen- und Vernichtungs-
politik in Osteuropa nach Heidelberg eingeladen.
Es wurde der Beginn einer wunderbaren Zusammen-
arbeit.
Einige Tage nach meinem Dienstantritt lud mich der
Rektor zu einem Gesprach. Ganz nebenbei bemerkte er,
dass die erste Frau, die 1869-1871 in Heidelberg
studierte, eine Russin war - die Mathematikerin Sofja
Kovalevskaja und ich sei die erste Frau, die eine Pro-
fessur am Institut fur Ubersetzen und Dolmetschen
erhielt. Er trug mir die Betreuung der St. Petersburg-
Partnerschaft an und schon ein Jahr spater griindeten
wir mit grower Unterstiitzung von Prof. Hofmeister
vom Theologischen Seminar das Heidelberg-Zentrum
fur deutsche Philosophie und Kultur an der Universitat
St. Petersburg.
Wenn ich aus dem Seminar fur Ubersetzen und Dolmet
schen auf die Plock trete, sehe ich die Gedenktafel fur
den russischen Dichter Ossip Mandelstam, uber dessen
Ubersetzungen durch Paul Celan gerade eine meiner
zahlreichen russischen Studentinnen ihre Promotion
schreibt. Das russische Heidelberg lebt.
schen Wissenschaft im 19. Jahrhundert.
Bald darauf fand meine erste Begegnung mit der Uni-
versitat Heidelberg anlasslich des Bewerbungsvor-
trags statt. Angesichts der Villen und Uniformen der
„Verbindungen", die schon bei den russischen Wissen-
schaftlern des 19. Jahrhunderts grofites Erstaunen her-
vorgerufen hatten, fiihlte ich mich ins 19. Jahrhundert
versetzt. Das russische Heidelberg begegnete mir auf
Schritt und Tritt. So fand mein Vortrag im Institut fur
Ubersetzen und Dolmetschen statt, dessen Russische
Abteilung von 1931 bis 1956 von dem russischen Philo-
sophen und Ubersetzer Nicolai von Bubnoff geleitet
wurde, in eben jenem Gebaude, in dem ein Jahrhundert
vorher der russische Chemiker Mendeleev, dem das
Periodensystem der Elemente zu verdanken ist, Vor-
lesungen bei Bunsen horte und die Flucht ergriff vor
dessen Vorliebe fur explosive Experimente, welche
Bunsen mit einem Auge bezahlte.
Bei aller Faszination, machte ich mir wenig Hoffnung
auf eine Mitwirkung am russischen Kapitel des Mythos
Heidelberg, da es der erste Bewerbungsvortrag meines
Lebens war. Daher begab ich mich auf eine Reise
jenseits des Polarkreises, von der ich gerade noch recht-
zeitig zuriickkehrte, um den Ruf auf die „letzte C-Profes-
sur" anzunehmen. Noch bevor ich am 1. Oktober 2004
begann, an der Heidelberger Universitat zu arbeiten,
wurde ich von dem Slavisten Urs Heftrich zu einer Kon-
ferenz fiber die Formen kiinstlerischer Erinnerung an
die nationalsozialistische Rassen- und Vernichtungs-
politik in Osteuropa nach Heidelberg eingeladen.
Es wurde der Beginn einer wunderbaren Zusammen-
arbeit.
Einige Tage nach meinem Dienstantritt lud mich der
Rektor zu einem Gesprach. Ganz nebenbei bemerkte er,
dass die erste Frau, die 1869-1871 in Heidelberg
studierte, eine Russin war - die Mathematikerin Sofja
Kovalevskaja und ich sei die erste Frau, die eine Pro-
fessur am Institut fur Ubersetzen und Dolmetschen
erhielt. Er trug mir die Betreuung der St. Petersburg-
Partnerschaft an und schon ein Jahr spater griindeten
wir mit grower Unterstiitzung von Prof. Hofmeister
vom Theologischen Seminar das Heidelberg-Zentrum
fur deutsche Philosophie und Kultur an der Universitat
St. Petersburg.
Wenn ich aus dem Seminar fur Ubersetzen und Dolmet
schen auf die Plock trete, sehe ich die Gedenktafel fur
den russischen Dichter Ossip Mandelstam, uber dessen
Ubersetzungen durch Paul Celan gerade eine meiner
zahlreichen russischen Studentinnen ihre Promotion
schreibt. Das russische Heidelberg lebt.