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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 7 - Nr. 15 (1. Juli - 29. Juli)
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— Mittwoch, den 22. Juli sss

— 1. Jahrt

eint Mittu och und Samfag. Preis monglich 12 kr.
und bei den Trägern.

Einzelne Nummer * 2 kr.
Ausswärts bei den Landboten und Poſtanſtalten.

Man abonnirt in der Druäkere, intereſi. —

Das Dekenntniß auf dem Todtenbette.
aus den hinlerlaſſenen Pavieren: enes ehemaligen Wundants.
ö (Schinß 7*

Als ich Meiſter des Schreckens über des alten
Maunes plötzlichen Ausruf geworden war und ihm
— denn ſein Kummer und ſeine Reue hatten in die-
ſem. Augenblicke Alles, außer ſeinen Leiden, aus mei-
mer Seele verdrängt — einige, ich weiß nicht mehr
welche Worte des Troſtes zuſprach, trat ich an ſein
Bett und fing ihn in meinen Armen auf, als er, von
der plötzlichen Erſchütterung leines Gemüthes. über-
mannt, ohnmächtig zürückſank., Ich hielt⸗ ihm etwas
flüchtiges Laugenſalz unter die Naſe, vörauf er lang-
ſam die Augen wieder öffuete, und ich bemühte mich,
ſein Gemüth ein wenig zu beruhigen.
„Nein, ich muß ſprechen — ich fühle es, ich muß,“
rief er in jenem jammernden Tone, den ich ſo oft als
eines von den Zeichen der nahen Auflöſung erkannt
habe. „Sie kennen die Schuld, die mir die Seele um-
Iſtrickte, und etwas, einen geringen Theil der Gewiſſens-
biſſe, die mich folterten, und ich hoffe, daß, wenn über-
all menſchliches Leiden auf der Erde in den Augen des
allmächtigen Lenkers unſeret Schickſale eine Sühne ſein
kann, dieſelben beim letzten Gericht mögen bexückſich-
tigt werden.
dés. O, bewahren Sie ſich vor der Verſuchung, laſſen
Sie ſich durch meine unglückliche Geſchichte warnen und
wiſſen ſie, daß jede Lage, ſie ſei, welche ſie wolle, bei
Weitem dem Verluſte der Tugend und der Ehre vor-
zuziehen iſt.“.s —
„Ich war jung. war Arzt, wie Sie — meine
Lage der Ihrigen. beinahe gleich. Ich⸗ hakte. Ohne ge-
hörig meine Vermögensumſtände zu berückſichtigen, ein
Mädchen geheirathet, die ich mehr als mein Leben
liebte. Die angeborene Heiterkeit unſers Gemüths

* *

führte uns in die erſten Geſellſchaften der Stadt ein,

wo wir wohnten. Die gewöhnliche Folge, wenn die
Einnahme den Ausgaben nicht gleich kömmt, traf auch
uns; wir waren auf geradem Wege zu unſerm. Ruin.
Olhätte ich doch ihr, ſtatt meiner verwünſchten Hof-
fart, Gehör geſchenkt und meine früheren Verbindun-

gen, die außerordentlichen Aufwand nöthig machten,

aufgegeben, Alles wäre gut gegangen. Aber das Schick-
ſal webt ein Gewebe, in welches uns zu verſtricken,
wie ich glaube, unſere Beſtimmung iſt. Ich blieb, blied,
um die kränkenden Bemerkungen — den Spott —

das Mitleid Derſenigen zu hören, gegen welche ich in

den Tagen meines unbeſonnenen Glückes nur Verach-

verſandt werden ſollte. Ich wußte,

Nun hören Sie die Geſchichte des Mor-

des Mordes und Raubes.

war zerrüttet.

tung fühlte. Die Kälte, welche h in den Geſichts-
zügen meiner früheren Freunde ausſprach, der Hohn
der Boshafteén, die ſich durch meine Lage befriedigt

fühlten, raubten mir die Beſinnung und verwandelte,
wie ich glaube, mein ganzes Weſen.
liche und theure Gefährtin meines Geſchicks vermochte
nicht( mehr, mich zu tröſten;

Selbſt die lieb-

ich wurde mürriſch und
hart, verachtete mich ſelbſt und haßte die Menſchen. In
dieſer“ Gemüthsverfaſſung, die bei dem peinigenden

Anblicke, daß meine kleine Praxis immer mehr abnahm

und ich auf dem Wege war, ein Bettler zu werden,
trat mir plötzt ich die perhängnißvoͤllſte Verſuchung ent-
gegen. —. Als“ ich inämlich in das Haus des Banquiers
— eintraͤt, unt den Betrag einer kleinen Anweiſung
in Empfang zu nehmen, hörte ich zufällig einen Schrei-
ber mit einem Diener des Hauſes über eine große
Summe ſprechen, welche am ude mit der Briefpoſt
daß beſtändig Sum-
men in Gold vom Bord nach London geſchickt wurden,
mir war ſelbſt ein oder zwei Mal ihr koloſſaler Por-
tier, jener Unglückliche Saunderſon, dem ſie vollkommen
trauten, auf einem Wege begegnet, den ich oft machte,

weil ich mir dadurch einen Umweg nach einem Theile

der Stadt erſparte. Der Verſucher gab mir in eben
dieſer Nacht einen furchtbaren Gedanken ein — er
fuhr mir wie ein Blitz durch mein wüſtes Gehirn. Meine

Umſtände waren verzweifelter als bekannt war; ich

mußte täglich fürchten, in Verhaft genommen zu wer-

den. Mein Haus war von allen Mobilien entblößt.
Ich beſaß Nichts, hoffte Nichts von der Welt, — noch
weniger von meinen früheren Freunden. O Stunde

des Schreckens! — Da beſchloß ich die teufliſche That
Warüm ſoll ich bei Beſchrei-
bung der einzelnen Umſtände verweilen? Ich lauerte

meinem Opfer auf — that den verhängnißen Stoß :mit

meinem Meſſer, und ehe er noch den letzten Athemiug
verhauchte, bemächtigte ich mich des Schatzes. Zehn-
tauſend Furien ſchienen ihr Hohngelächter mir ins Ohr
zu gellen, als ich mit dem unter meinem Mantel ver-
borgenen Packet nach Hauſe eilte. Aus ſchurkiſcher

Vorſicht hatte ich, ehe ich den Mord beging, den Man-
tel abgelegt; hernach bedeckte er die biutigen Spuren,

die mich als den Thäter bezeichneten. Mein Gehirn
Die Banknoten, welche abzugeben ich
für gefährlich hielt, vergrub ich zuſammen mit ihrem

Umſchlage. Da ich Sie zu meinem Teſtamentsvoll-
ſtrecker einſetze, ſo werden Sie erfahren, wo Alles zu
finden iſt.

Nun erſt, nachdem der Drang in meinem Zunern
 
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