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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 34 - Nr. 42 (3. Oktober - 31. Oktober)
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https://doi.org/10.11588/diglit.43805#0153

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Anblick;“

Nr. 88.

Samſtag, den 17. Oktober 1868.

1. . Juhrg.

eelden Wittur und Sam ſtag. Preis monallich 1 kr.

und ber den Tr igern

Einzelne Nummer & 2 kr.
Auswärts bei den Lendboten und Poſtanſtalten.

Man abonnirt in. der Dinckeren untereft. 9

Im Zuchthauſe.
Erzählung aus der Wirklichkeit von W.
(Fortſetzung.)
2S0 kommen Sie!“
Der Oberinſpektor ſchritt voran, wie er dies ſonſt
nie gethau, denn immer, ſo tief auch ſeine Verach ung
gegen den Direktor ſein mochte,
gehait en die dußere Chrerbietung. für denſelben nicht
zu verletzen. Jetzt aber zu ſehr gereizt, vergaß er
ede Rückſicht und ging, mit ſchnellen, feſten Schritten
ihm voran nach de Lazareth, wohin imn die Sehn-
ſucht mach ſeinem'“L bling zog. —
Dieſer ſtreckte ihm frendig die Hände entgegen.
„Ach, ſind fie wieder hier, mein lieber, lieber.
Herr!“ rief er übergl ücklich. 1„O dann iſt ja Alles
wieder gut!“
„Eide Bewe
Kranken kund. t ergriff die beiden. zierlichen Haͤnde

und nahm 'ſie zwiſchen die ſeinen.
„Mein armer Freund, * ſagte er in mitleidigem

Wauer.

liebevollem Tone, „man hat Dir übel mitgeſpielt, waͤh ⸗

rend ich nicht bei Dir war. Doch nun hat's ein

Ende mit dieſen Leiden; Du biſt frei!“
re ſchrie Michael freudig auf und fuhr em-
por.
digen Trenunrg von all ſeinen Lieben und mit einem
ſchmerjlichen Stöhnen ſank er wieder zurück. ö
„Der Herr!
fuhr Norrmann fort, um Jerſowich an ſeine Pflicht zu
mahnen. Da dieſer aber ſo ſtand, daß der' Krank
ihn nicht ſehen konnte, ſo' bat derſelbe dringend:
„O Herr, wenn ich
mir fern!“ Ich bitte, werſchonen Sie mich mit ſeinem

„Nun,“ verfetzte Curt, „er wollte Dich nur um
Verzeihung bitten für Alles, wäs er Dir Böſes ge-
than.“
Ich erlaſſ es ihm,“ entgegnete Michael. „Gern.
will ich⸗ ibm alle Leiden vergeben, die er mir bereitet;
nur ſehen laſſen Sie mich ihn nicht mehr!

Der Oberinſpektor wandte ſich zu dem Direttor.
eutgegnete er lächelnd.

„Sie hören ſeine Worte!“ ſprach er mit einer gebieten
den Handbewegung. ö
Jerſowich entfernte ſich eilig.
Nach einer halben Stunde lag Michael in der
Wohnung des Oberinpektors in einem weichen, mit

hatte er ſtreng darauf

ung der Freude gab ſich bei allen

Plötzlich aber gedachte er der nun vielleicht bal-
ſrektor wünſcht mit Dir zu ſprechen,“ *
„Zorn ſo ſehr fürchtet!
„Ach, wenn Ihr mich nun von Michgel trennt, ſo
frei bin, ſo halten Sie ihn
ernſt, doch mild.

und' verträue auf mich!
werde.

ſchönen Ueberzügen verſ ſehenen. Betl. Ein unendliches
Nrof bemächtigte ſich ſeiner. Wie lange hatle
» ſchon in keinem Bett mehr gelegen, und dazu hatte
ihn Curt * in ſeine blendend weiße Wäſche klei-
den laſſen. Michael weinte. Damit es⸗ Norrmann
ncht bemerkte, verhüllte er ſein Geſicht in das Deck-
beit und war in Arnigen. Wn. überwäl ltigt von
ſeiner Schwäche, eiingeſchlaſen. Der⸗ Oberin iſvektor
ſchloß vorſichtig die Thür ſeiner Wohnung und ging
hinüber in die Iinen Schwiegervaters. Dieſer war
nicht züs genFohanna. in der Küche bei der Mutter,

die das. Mettagéſſen Uigrgle, . ging aiſo zu Antonie
hinein und⸗ Lch iihr an's Bett.

„Mein äkmes Kind,“ ſagte. er, Hnt mit der Hand

über ihr: bleiches Antlit ſtreichend und ihre Stirn küſ-
ſend, „wie biſt Du wieder blaß und ſchwach!“

Sie ſchlang ihre Arme um ſeinen Hals.
„Ach!“ rief ſie mit ſchwacher. Stimme. „Ich möcht.

Dir 0 gern beichten,⸗ weun Du mir dann nur nicht
zürnen wo Uteſtl.

„Schelm., Du. machſt. Dir Bedingungen “ drohte
We „Darauf geh' ich nicht ein, ergieb Dich
ö made und Ungnade.“ I

„Ach ich will es ja! Du biſt ſ0 mild und gütig,

Du wirſt nicht. zürnen! Ach Curt, wenn Du uns micht
hi, ſo ſind. wir augenblicktich und. ganz verloren!“

„Uns ?“ fragte er ernſt. „Wer ſind wir?“
„Michäel und ich, lieber, lieber Curt!: Sieh mich
nicht ſo ſchrecklich ernſt an! Zürne nicht, beſonders
ihm nicht, der ganz I iſt und dennoch Deinen
ö Ich, ich habe ihm. meine⸗ Liebe
verrathen und das Vertrauen des Vaters 9. 19 nud
mu
ich ſterben, und ich möchte doch noch 0. gern mit Euch,

mit ihmlebenl“

„Kind, rege Dich⸗ nicht auf!“ ermahnte Norrmann
„Du haſt ſehr unvorſichtig gehandelt,
allein es iſt nun einmal geſchehen, hab' alſo Muth
Hof ffe, daß noch. Alles gut

„Und Du willſt ihm nicht zürnen?“ fracte ſi
ſeine bärtige Wange ſtreichel ud. ö
„Wie könnt' ich, wenn Du 70 für vn biteñtV.

„Wie edel, wie gut Du biſt!
Fohanna lam herein; ſie ſetzte ſich auf das Bett
der Schweſter. „Sieh nur, Curt,“ ſprach ſie zu Norr-

mann, „wie ſie wieder bleic iſt ind krank, die Arme k⸗
 
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