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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 25 - Nr. 33 (2. September - 30. September)
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130

chen Weibe Alles, ſelbſt die Ehre geopferl u.
Doch, Herr, es iſt ihre Verwändte, von. der ih rede
ich bedachte es nicht
„Sei ruhig!

und ich bin glücklich, Dich ſo gefaßt zu finden. Sei

ein Mann und nimm mein Wort, ich helfe Dir zu
Taubenbrühe zurüͤck, ohne daß die Tochter dieſelbe be-

rührt hatte.

einem neuen Leben.“

Er zog bei dieſen Worten den jungen Mann zu
ſich heran, der überwältigt an Normann's Bruſt ſank.

Er wollte ſich ſogleich wieder erheben, Curt aber drückte

ſein Haupt an ſich.
„Ruhe aus und und ſei ſtarkla ſagte Curt mit
Treuherzigkeit,

Noch vor Tiſch ſuchte er⸗ den Bater. auf und Er

zählte ihm, was er mit Michael geſprochen. Ihn dar-
auf aufmerkſam machend, daß der junge Mann keine
Ahnung von Antoniens Liebe habe und für ſie ſelber
eine ſolche durchaus nicht empfinde,
durch unfreundliches Benehmen gegen Michailowitſch
oder durch das Verbot, in Moller's
ſcheinen, dieſe Angelegenheit zu verſchlimmern, darman
ſie hierdurch nur in die Leute Mäuler bringe. Mür-
riſch, ohne zu antworten, blickte der ſtarre Mann vor
ſich nieder.

„Mit Ihrer Erlaubniß bring⸗ ich alſo. Michailo-
witſch heut. wieder mit zu Ziſch ſuhr⸗ ankrmaun

fort.
Hartnäckiges Schweigen. 2

„Sollten Sie dies nicht dona 30 ſreſe 50 t

n auf meinem Zimmer.“

„Hm, nein, das laß nur! entgegnete der Vater
höhniſch; „ſonſt wird mir die Andere auch noch ver-

rückt; meine Töchter ſcheinen Anlage dazu zu haben.

Ich werde dem Geſellen wohl ſehr Um den Bart gehen

müſſen, damit die Dirne mir nicht abf fährt.
Er ging und ließ Curt⸗ Wehen.

5.

Vierzehn Tage waren ſeit 2 Antontens Erkrankung

vergangen. Jetzt erſt hatte der Arzt die dringendſte

Gefahr als beſeitigt erklärt und die allerhöchſte Scho-

nung anbefohlen. Der Vater hatte die Tochter noch
gar nicht wieder geſehen; er ging umher gleich einer

wandelnden Gewitterwolke, die jeden Augenblick los-

donnern und blitzen kann, aber dem aufmerkſamen Be-
obachter konnte auch ein tief ſchmerzlicher Zug in ſei-
nem faltiger gewordenen Antlitz nicht entgehen. An-

tonie ſollte nun mit ſtärkenden Speiſen, Wein und

Dergleichen gekräftigt werden, allein man konnte ſie
doch ſage“ mir/ was ſoll denn aus dieſer Geſchichte

nur ſelten dazu vermögen, etwas zu genießen. Sie
grämte ſich unausſprechlich, daß der Vater nicht ein-
mal kam, um nach ihr zu ſehen; ſie hatte ſich vorge-

nommen, nichts zu ihrer Geneſung⸗ peizuttagen, denn,
von ihm verſtoßen wollte ſie nicht leben. Auch nach
Michael war ihre Sehnſucht übermächtig: Zwar wußte

ſte, daß er wieder geſund ſei und Johanna brachte

ihr von ihm einen Gruß mit der Bitte, doch ja recht
bald zu geneſen; dies that ihr wöhl, allein ihn zu ſehen

Dies verwandſ ſchaftliche Band lag
nur im Blute, nie in den Seelen; jetzt iſt es zerriſſen

bat er ihn, nicht

Wohnung zu er-

weinend an ſeiné Bruſt.

geſchehen Soll2



. *

. J wünſchte ſie mit krankhafter Glut und wagte es gleich-
woht nicht, dies irgend Jemand zu geſtehen. Umſonſt

Iſchaffte daher. Normann die theuerſten Weine, Speiſen
und alle erdenklichen Stärkungsmittel herbei, die Kranke
genoß wenig davon und man war gezwungen, faſt Al-

les ſelber zu verzehren.

Eines Mittags kehrte ſo die Mntter mit ihrer

Sie ſetzte dieh Suppe ſchweigend auf den
Tiſch ünd bemühte ſich ihre, Thränen zu verbergen.
Mach' die Thür auf,“ ſagte Moller zu ihr.
Sie that es und er rief in die Kammer hinein:
„Du wirſt die Brühe eſſen, Antonie! Trag' ſie
ihr hinein, Johanna!ꝰ
Dieéſe gehorchte kehrte aber zurück.
„Sie bittet Sie um Gotteswillen, lieber Vater,
ihr die Suppe ſelber zu bringen!“ ſagte ſie. ö
Finſter und unſchlüſſig hlickte er vor ſich nieder;
Ale ſahen ihn ängſtlich an und die Mutter warf ſich
Sanft ſchob erſie von ſich,
nahm den: Deller und ging hinein zu der Tochter. Faſt
hätte er denſelben auf den Boden geworfen, als er
ſeine einſt ſorblühende Antonie ſo verändert ſah. Mol-
ler jedoch war nicht der Mann, ſich ſoleicht. beſiegen

ö i laſſen; er faßte ſich und trat an das Bett.

„Daubin ich; iß nun!“
Antonie ſtreckte bebend ihre Arme nach ihm aus.
Erſt iß!
»Moller ſetzte ſich zu Ihr aufs Bett Und: hielt ihr
den Deller; da er jedoch ſah, wie ihre Hände zitterten,
daß ſie Alles verſchüttete, nahm er ſelber den Löffel
und fütterte ſie, bis In mit ſchwacher, leiſer e Simne

ſagte:

„Bitte, bittel — Genug
Schweigend ſetzte er den Teller ſort und nun
ſchlang ſie-ihrer Arme um ſeinen⸗ Hals. Er ſtreichelte

ihr den Kopf und ließ ſie ein Weilchen an ſeiner Bruſt
ruhen.

„Nun Laß mich gehen ⸗ ſagte er; um 2uUhr, wenn
ich aus den Sälen komme, wollen wir eini⸗ Wort mit

ö einan ver reden.

Aengſtlich ſah ſie ihn an. ö
„Nicht mehr zurnen, Vater. bat K mit matter

Stimme. * *
ö „Nein, ſei ruhig .
Er ging. Um 2 Uhr kehrte er wieder und ſetzte

ſich zu ihr. Schmeichelnd ergriff ſie ſeine Hände, ſtrei-

chelte, küßte ſie und legte ihr mattes Köpfchen auf die ·

ſelben. Eine Weile ließ er ſie gewähren.
„Ja, Kind ſagte er, das ziſt Alles ganz gut;

werden? Willſt. Du dieſer thörichten Liebe entſagen?“
„„Ich kann nichtz ſelbſt im Tode nicht, Vaters““
„Na, das gefällt mir!“ rief er zornig lachend.

Doch als erzihre Angſt ſah, nahm er ſich zuſammen

und fragte ruhiger: vUnd was meinſt Du/ daß nun

„Nichts! Nichts, Vater! Ich will. ihn ja nur
ſehen nur in ſeiner Nähe weilen. Er liebt mich ja
 
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