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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 34 - Nr. 42 (3. Oktober - 31. Oktober)
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„Sei rulih/ Antonie, ſagte Moller zu W hin-
eingehend.
ben mich lieb 3. und wenn es auch wäre; Jeder muß
ſeine Pflicht mit ſeinem Leben beſiegeln tönnen. Oder
ſoll ich etwa Euch zu Liebe meine Ehre auf's Spiel
ſetzen?“
„Nein,
hüſſend. Doch das-Gewiſſen ſchlug ſie, daß ſie ſein
Pertrauen getäutcht, inden ſie Michael heut' ihre Leebe
geſtanden. Wenn der Vater in dieſer Nacht um's
Leben käme, ehne daß ſie ihm ihre Schuld geſtanden,
ſie hätte nie mehr ruhig werden können.
ber gehen wollte, hielt ſie ſeine Hand feſt. „Laſſen
Sie mich Ohnen erſt ein leſtändniß ablegen!“ bat ſie
inſtändig.
„Kind, ich habe keine Zeit, Dein Geſtändniß an-
zuhören!“ Verſetzte Moller, und mit bewegter⸗ Stimme
fügte er hinzu: „Haſt Du ein Unrecht auf Deinem
Herzen und ſterb'nich in dieſer Nacht, ſo denke, Dein
Vater babe Dir Alles verziehen!“
„Er küßte! ſie zärtlich, umarmte ſeine Gattin und
aing.
von Mlem, was vorging, überzeugt hatte, und berichtete
dem Haus vater. wie Alles ſtehe. Ein Theil der Sträſ-
linge bewachte das Häuvtther, damit Niemand hinaus,
oder herein könne, die Andern zogen in den Gebauden
umher und ſuchten den Direktor. Die im Hauſe be-
findlichen Beamten, Wachen und Aufſeher waren zum
Theil entwaͤffnet, zum Theil entflohen, zum Theil aber
ſtellten ſie ſich den Andringenden überall muthig ent-
gegen, wurden jedech von der großen Uebermacht der
Aufrübrer ſtets zurückgetrieben; mehrere waren bereits
verwundet. Michailowitſch berichtete auch von der
Furcht und dem jetzigen Aufenthalte des Direktors,
ſowie, daß er geſagt, Moller und der Inſpektor Wied-
ner ſollten entſchriden, was geſchehen ſolle.
„Der feige⸗Lun. 5 rief der Hausvater verächt-
lich. „Nun, ſo müſſen wir denn handeln! Eile hin-
auf, Michael, Fier iſt ein Schlüſſel, er ſchließt zu der
Kammer auf der öſtlichſten Seite des Bodens, dort
findeſt Du Pechkörbe: zünde einen derſelben an und

häng' ihn an der Vorrichtung, welche Du finden wirſt,

zum Fenſter hinaus. Es iſt das Zeichen für die Fe-
ſtung, uns Hilfe zu ſenden.
„Väterchen,“ bat W63
das nicht michthun!
fährten!
des oder gar ihres Todes' ſein?“—
„„Ja ſol ſagte der' Seer bitter. „Du biſt ein
Sträflingz ich meinte, Du hielteſt Dich ſchon für mei-
nen Sohn.“
„Herr! Herr!“ rief Jener erſchüttert.
„Keine unnützen Worte! „Geh zu den Frauen,
damit nicht die eine ven. ihnen vor Angſt um Dich
ſtirbt. — Das ſind die. Freuden, die ein Vater an ſei-
nen Kindern ertebt!?ꝰ
„Verzeihung! Ach Verzeihung!“
ö „Gehll gebottder Vater, und ſein Ton ſollte nach
ſeinem Willen recht hart ſein, ſchlug aber wider die-

dringerd, „laſſen Sie
Es ſind meine Anglüdtge-

„Sle werden mir nichts thun, denn ſie ha-

lieber Vater,“ entgegnete ſie ſeine Hand

Als er da-

Auf der Treppe begegnete ihm Mickael, der ſich.

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ſen Willen gerade in das Gegentheil um. Er ging
raſch davon und Michael hinauf zu den. Frauen.
Als der Hausvater zeinen der Auffeher hinauf ge-
ſandt, um den Pechkorb anzuzünden, trat er dem eben
heranſtürmenden Trupp der Sträflinge entgegen.
„Was macht Ihr für Streiche, Kinder? redete
er ſie an. „Was begiunt Ihr? Was denkt Ihr durch
dieſes tolle Treiben auszurichten?ꝰ
„Den Director!“ ſchrien ſie. „Wir wollen ihn
haben! Er ſoll ſterben, der Menſchenſchinder!“
„Und was nützt Euch dies, Ihr Thoren? Sein
Tod würde an Ench gerächt mni Ihr habt keinen Vor-
theil davon“ ö
„Ein Lump, der immer nur an ſich denkt! * rief
Kendelbacher. „Was liegt an uns und unſrem ver-
hunztem Leben? Aber er ſoll auch Andre nicht mehr
quälen und nichts Böſes mehr in Gottes Namen thun!“
ö „Fort! Laßt uns ihn ſuchen!“ brüllten die An-
deren. „Weg mit. dem Schwätzer! — Stoßt ihn bei
Seite! — Schlagt ihn zu Boden!
„Wag' es Einer!“ ſchrie Kendelbacher. „Den
dividire ich fünfe in die Zähne, daß er wahrhaftig
nicht denken ſoll, ſie gingen zweimal hinein! Ver-
Hausvater war immer gut gegen uns und er iſt der
Schwiegervater des Oberinſpektors; ein doppelter Grund
ihn zu aeb' Niemand berühre ihn!“
„Sogeh' er aus dem Wege!“
Moller ** weichen. Was konnte ſein Wider
ſtand nützen? ließ ſie ziehen und begab ſich nach
der kleinen, cheinen Pforte, welche Riemand kannte
als die Beamten und die für dergleichen Nothfälle ein-
gerichet war, um Mititär Herem führen zu können,
wenn das Hauptthor ſich in den Händen der Gefange-
nen befand. Er hatte einen der Aufſeher mitgenom-
men und ſandte dieſen nach dem Wege der Feſtung,
um die Soldaten ſogleich zu dieſem Eingange zu führen.
Indeß zo en die Aufrührer immer weiter. Sie
kamen auch hinauf, wo des Oberinſpektors und des
Hausvaters Wohnungen ſich befar den. Hier trat. ihnen
Michailowitſch entgegen.

Eile, was zauderſt Du?“

Soll ich die Urſach ihres noch tieferen Elen-

ö „Was wollt Ihr hier?“ fragte er fie ſanft. „Sier
findet Ihr nur zwei Kinder und zwei Frauen, von de-
nen die eine krank und durch Euern Auſftand bis zum
Tod erſchreckt iſt. Und dert wollt Ihr den Herrn
Oberinſpettor ſo erzürnen, in ſeine Wohnung einzu-
dringen? Thut es nicht! Er hat Cuch ſtets beſchützt,
war immer gütig gegen Euch; für wie undankbar müßt'
er Euch halten!“
„Na, ſei ruhig, wir wollen weder hier noch dort
hinein!“ ſagte Kendelbacher. „An keinem von beiden
Orten wird ja auch der Hund ſich verſteckt halten.
Doch finden müſſen wir ihn. Haſt Du keine Ahnung..
Michailowitſch, wo er ſein kann?“
„Wie ſollt' ich?“ ent gegnete dieſer mit ziemlich
unſicherer Stimme.
„Du warſt nicht im⸗ Schlaf ſaal e, wo warſt Du?“
„„Ich war eingeſchlafen in des. Oberinſpektors Woh-
nung und erwachte erſt über dem Lärmen; dann ver-
ſchloß ich dieſelbe und ging hinab.“ ö
 
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