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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 34 - Nr. 42 (3. Oktober - 31. Oktober)
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2*
* —



6


And Sunndahlwar der 18. Oktober! Unſer deitſcher




.

ſerg ſcheint ſein Bedeitung nit vergeſſe zu hawe. Un

deß „deitſche Herz“ hott unſer Bierbrauer Seppl im

Füffgezoge. Brawoö! — Im Iwerige is der Dag ohne
Sang un Klang abgefogk.! Frieher ſinn gewehnlich uff
de 18. Oktower die Holzbreiſe g'ſchtigge — deß Johr
ſinn ſe gfrelle;“ dann e⸗Freidefeier⸗ haw ichnergends
bprenne fehe. — Amt 18. Oktower 1863 hawe mer frei-
„lich! unſern' deitſche Befreiungsdag mitt viel Lärme,
„Schbektaakl un Feſchteſſt g'feſert. Es war d'r 50jäh-
rige! Es ware 50⸗Johr, daß⸗unſer deitſch Vatterland
vum! Franzöſejoch“ befreit) war. Viel⸗Feſchtredde
Drinkſchbrich' ſinn ſellemobl' g'halte worre —— ihr we
„eich noch erinnere. Alles war ſideel un angeheitert.

Norr mir wär's Anno 1863 nit drum, mitzumache.

ö . O deitſche 50jährige Befreiungsdag nooch Iune hott hott uns iche S ugefie
hernit .S hab damools fo-geberttr bott doch die alt deitſch faul Hift gereinigt un ſ⸗
ſigemacht, üinlinie.
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mer nit g'falle. Ich hab damools ſo gedenttm
, Indeſſ ihr juͤbelt, ſingt und bankettiret
Und voll den Mund mit Wort und: Rede fuͤhret
FJudeff' Ihr⸗keiſer eich die Kehle ſchrelet,
Und Hach auftHoch dem Vatterlande weibet.
Indeſſ. Ihr ſoi des Fortſchritts Guch befliſſen,
Und ſchweren Hauptes ſinkt auf's Jlaumenkiſſen;
Schleicht — wenn der Tag die Feſtſucht ſatt geſſillt
n. Mitternacht dahin ein Frauenbildt
Wild 'flättern ihre langen, goldnen Flechten
Im Sturme nach, mit. dem ſie kämpfend rechten.
% Ihr blaues Aupſe irrt dahin am Wegtt..
Der ſie zerzaust mit ſeinem Dorngehegga.
„Sie krägt ein Kleid aus vierunddreißig Fetzen —

Wem s feſtlich, duͤnkt, mag ſich daran ergözen!“
So zieht ſie hin, den Wanderſtab zur Hand.
Hin durch's zerriſſ ne deutſche Vaterlank
Vor manchem Throne bleibt ſie dettelnd ſtehen:
Sebt mir ein Kleid, laßt mich ſe nackt nicht gehen!
Nehmt Schmach und Spott von mir — mich ſchmerzt die Bürde —

Befreiungsdag. Norr e eenzig „deitſch Her;“ in Heidl-

„Leib. Er alleen hott die deitſch Fahne am⸗Sunndag

—460

„Doch was ſie fleht, ſie ſpricht's zu tauben Oh-
Si Pleb Llt, , ll urt Hedttberent Sren
So irrt ſis fort, das edle deutſche Weibd
Gebrochen ſchon an Seele und an Leib
um Hinimielithürmt ſich Wolke auf um Wolke,
Kein heller Stern ſtrahlt iber ihrem Voljfe.
Ihr Arm iht ſchlaff und ſeine Kraft zerſplittert,
Vor dem dis halbe Erde nicht gezittertttii.
„Wie ſchmerzlich fühlt ſis ihre nalkte Blöſe.
uUnd was man ihr geraubet — ihre Größe -—
So flächtet ſie — — ein alter Gichenbauuimmm
„Gibt Obdach ihr und einen zold nen Träum.
Von einem alten,Längſt-verſcholl nen Reiche,
Erzihlem ihr geheimnißvoll die Zweige;
Von einem: Volke, ſtark und ungefpalten.
ODas mehr an That als an dem Wort gehelte
Das man nicht ſchnöd bald hier, bald dort verrathen,
Und ſich nicht führen lieſ von Diplomatenk
Von jenem alien, deutſchen Vaterland.
Das ſtark und treu und groß und emig ſtand
weckt ſie nicht mit Klang und Sangesrönen;
Ibpr könni ſis mit alten Glanzi nicht vrönen! 59235
. Ihr Reich iſt aus — od Ihr s nach fünfzig Jahreu-
„Aüch frei vöͤn Feinden feiert, die: da waren :
Es ſziht nicht auf, ſo lang ſein: Herzblüt guillet
Und innxe Zwietrachtiſeine, Gauen füllet. —*
Drum dämpft den Jubel, der heut fern und nah —
i e t icht Ee veßt Gernanta!
„So haw ich: Anno 1863 zun 50jährige deitſche Be-
reiungsdag g'ſunge. Heit, Anno 1868, is es Gottlob
annerſchl, Männer! Un wann ich am Sunndag, am
„555ſchte deitſche, Befreiungsdag, beizme Feſchteſſe e Redd
g'halte hätt— hätt ich g'ſagt;, Männer E bisl beſ-
ſer is, es ſeit finf Johr doch worre! Uff de erſchte
Schlag fallt kee Baam. Mir dirfe ' Kind nit
mit'm Bagd ausſchitte. Ich bin zwar keener vun denne
die de Graf Bismark uff de Kniee anbeete — awer de
Reſchbekt, den 3 Ausland alleweil widder vor de Deit-
ſche hott, hawe mer'm halt doch zu verdanken. Deß
große Gewitter vun Anno 66 war zwar e ſchwer Wet-
ter, un hott uns e manche Fault zug fiegt, awer es

wenigſchtens bis Aan die Mainli
„Die Junter in Berlin
War'n zwar ſehr ſtotz und grun
„Dio0och ſchlimmer immerhin
Sie „Heiligen“ in Wien
Alſo loßt uns Deitſche erſcht emool recht za mme
kunime — unner een Hut. Guckt nooch: -Schbannie,

was e Nazion fertig bringt, die norr unner eener
Haubd war. Alſo ſeid nito bocksbeenig⸗un ferchteich

nit ſo vorm Wilhelm dem (Zindn⸗)Adler! Unſer Hexr-
gott, der ſorgt, daß die Beem nit bis in de Himml
wachſe, werd aach ſorge, daß dir hreißiſche Adler, wann'r
imm'r vorm'm Licht un ror der Sunn rumfliegt, emool
die Fliggl verbrennt, un d'r deitſche Freiheit vun ſel-
wer in de Schoos fallt. — Drum ſeid einig, einig,
einig! Un ſattli mer de Gaul nit am Schwanz uff.
Erſcht die Ziegl in die Hand, un dann in de Sattl

g'ſchtigge. Norr wer im Sattl.ſitzt, lenkt de Gaul.

er Dire-

Weren am Schwanz anfaßt, kricht en Dritt! — G'por-

Gebt mir meinRecht, und gebt mir meine Würde!

Druck und Verlag veu G. Geiſendorfer.
 
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