„Mein Herr,“ begann ſie, „ich erſcheine vor Ihnen
Aals eine Bittende! ö
Sich verbeugend und ſie durch eine Handbewegung
IJum Sitzen einladend, entgegnete der Oberinſpektor:
„ Dir Bitten einer Unglücklichen —“ ö
ch bin nicht unglücklich,“ fiel ſie ihm in die Rede,
vnur eine von Gott Verlaſſene iſt unglücklich; ich bin
es nicht, denn ich bin bei Gott und Gott iſt bei mir.
Zwar hat der Herr mich tief gebeugt, aber ich weiß
ja: er züchtiget, die er liebt!
Ohne ſich weiter auf ihre frommen Reden einzu-
laſſen, nahm Norrmann ſeine Antwort wieder auf:
„Laſſen Sie mich alſo ſagen: die Bitten einer Tief-
gebeugten werden mir Befehle ſein, wenn die Erfüllung
derſelben nicht meinen Grundſätzen widerſtrebt.“ ö
,“ ſagte ſie bitter, „damit ſind die meinigen
ſchon ſo gut als abgeſchlagenw
„Nein, meine gnädige Frau —“ 5
„Nennen Sie mich nicht gnädig; kein Menſch kann
es ſein, nur Gott iſt es.“ꝰ⸗ͥ
„Nun denn: hegen Sie die guverſicht, daß meine
Wünſche dahin gehen, den Ihrigon entgegen zu kommen
und ſie, ſei's auch mit Opfern, zu erſüllen.“
„Gut, ſo will ich denn reden! An dem Tage nach *
der Revolte war ich eine ungeſehene Zeugin Deſſen,
was Sie meinem Gatten zur Laſt legten und was er
leider nicht leugnen konnte. Von Ihnen auf's Höchſte
geängſtigt, geſtand er mir auf Befragen ſpäter Alles
ein, und dies veranlaßte mich, ihn zu verlaſſen.“
„Mit tiefem Bedauern erſuhr ich dies,“ ſogte der
Oberinſpektor, „und ich habe oſt gewünſcht, dies redreſ-
ſren zu können. Hätten Sie nichts ginußt, ſo härten
Sie ferner noch glücklich mit Ihrem Gatten gelebt
Aund .
„Und ware ö durch ſeiue Laſter in's ewige Verderben ö
gegangen!“ fiel ihm die Direktorin in's Wort. „Nein,
es ſollte ſo ſein, der Herr ſorgte ſür mein (wiges Heil,
indem er mir den zeitlichen Schmerz auſerlegte. Dech
nun iſt er todt, deſſen Verbrechen mich von ihm trenn-
ten, und ich möchte wenigſtens vor der Welt ſeinen gu
ten Namen retten. Ich möchte nicht, daß die Menſchen,
don denen wenige beſſer ſind als er, den Stein auf ihn
dürfen. “.
werfen und ſeinen Namen wie einen Schimpf nennen
„„Ich begreife das,⸗ ſagte der Oberinſpektor ein we-
nig ſpöttiſch, „da ſie ſelber dieſen Namen tragenn“
Sein Geſühl war beleidigt von der Kälte, mit wel-
cher dieſe Frau ihren Gatten ſeinem Verderben über-
ließ, ohne nur einen Verſuch zu ſeiner moraliſchen Ret-
tung zu machen, und ſich nur beeiferte, ihr ewiges
Theil in Sicherheit zu bringen. Sie aber ſah ihn ſcharf
an, dann flog ein Schatten tiefen Schmerzes über ihr
bleiches Geſicht, während ſie ſich erhob. ——
„Ich habe nichts mehr zu ſagen; leben Sie wohl!“
„Nein, Nein!“ rief Curt, ihre Hand ergreifend und
ſie zurückführend. „Nicht alſo laſſen Sie uns ſcheidenſl
Habe ich Sie gekränkt, ſoverzeihen Sie mir. In mei-
nen Händen allein liegen die Beweiſe der Schuld Ihres
Gatten, Niemand weiß davon und bier gede ich Ibnen
ich ſchnarche!“
*
mein Ehrenwort, daß ich nie zu einem Menſchen, als zu
Herrn von Jerſowich ſelber davon ſprach oder jemals —
davon ſprechen werde.“
Vch danke Ihnen!“ ſagte die Wittwe und ein lei-
ſes Zittern der Rührung bewegte ihre Stimme. „Doch,
Herr von Norrmann, ich habe noch eine Bitte. Ich
weiß, Sie haßten meinen — den Direktor und Sie ha-
ben dieſen Haß noch der Leiche bewieſen, indem Sie
ſich derſelben nicht mehr genahet, nachdem es amtlich
nicht mehr nöthig war.
„Sie irren! Ich haßte ihn nicht; verzeihen Sie,
wenn ich Sie durch meine offenen Worte verletze! Ihh
verachtete ihn als einen laſterhaften Menſchen, als einen
Heuchler, der die Religion zum Deckmantel ſeiner ſchimpf-
lichen Handlungen mißbrauchte. Seine Leiche erregt
mir Widerwillen und Ekel, deshalb kam ich nicht, fle
zu ſehen, denn ich bin der Meinung, daß, wenn man
vor einer Leiche nicht jene ehrſurchtsvolle Scheu zu en-
pfinden vermag, welche dem Tode gebührt, man min-
deſtens verpflichtet iſt, ihr fern zu bleiben. “7,
rrtſetzung folgt.)
—— Miscellen. **
(ein Italiener im deutſchen Bade.) Ein Italiener ward
auf der Reiſe in einem kleinen deutſchen Vadeſtädichen von einer
Krankheit überfallen. Der Arzt verordnete ihm warme Bäder znd
ließ ihm ein Zimmer des Gaſthofes dazu einrichten, indem er Len
Hausknechte, der das Bad beſorgen ſellte, die gehörige Vorſchrim
deshalb gab. Der Kranke ward in das Bad gebracht und der Hans-
knecht gab ihm die Anweiſung, daß er, falls das Bad noch zu kalt
wärs, rufen mögte. Dieſer neue Badewärtex hatte aber für eine
ſolche hohe Temperatur des Waſſers geſorgt, daß der Italiener, in-
dem er ſich in's Bad begab, ſchmerzhaft ausrief; „O che ealdo“
Der Hausknecht hielt dieſen Ausruf für eine Klage über die När
des Bades und ließ ſogleich einen neuen Strem heizen Wa ι
hineinlaufen. Der Itahener wiederholt ſeinen Ausruf, und je Ager
er ſchreit: „O che ealdol, um ſo mehr heißes Waſſer ließ Jener
auf ihn ſtuͤrmen. Da der Italicner mit ſeiner Klage nicht aufhören
wollte, ſo rief endlich der Hausknecht unwillig aus: „Her. Keri muß
vrch ganz aus Schnee und Eis zuſammengeſeiht ſein, daß er jeüt noch
über Kälte agen kann!“ und mit dieſen Worten ließ er eine ſo un-
geheure Fluth kechendes Waſſer herein ſtrömen, daß der Kranke alle
ſeine Kräfte zuſammenraffte und halb verbrüht aus der Wanne ſprang,
indim er verſicherte, daß er zeitlebens in Deutſchland keine Badekrr
wieder vornehmen wolllte.
— Es iſt unglaublicht welch⸗ abſchluliche Grauſamkett in unſere
brcrgebildeten Zeit — wie ſie ſich gerne nennen hört — manchmal
voch ſichtbar wid. In Stettin har ein Schlachtermeiſter 50 Tylr.
Bilohnung für die Cnidecung des Böſtwichtes ausgeſetzt, der ſeinem
Pferde im Stalle — die Zunge ausgeriſſen haleo!
— (Militär⸗Cramen.) Corporal. „Alſo, wie geſazt: der
Soldat muß Reſpekt vor ſeinem Vorgefetzten, beſonders ader dor ſei-
nim Corporalſchafts⸗Unteroſfieier haben, ſowohl bei Tage wie vei
Nacht. Was thuſt Du 3.
von mir, Deinem Herrn Zimmercommandanten träumt ?“'—
Brummermann. „Wenn ich von Ihnen träume? ich — ich —
orporal. „Was? ſchnarchen thut der Kerld Du Lümmell wan.
Ant oon. auir, Deinem Herrn Vorgeſehten träumſt, ſo nimmt Du bi
ühe ab. **
— (Biverſpruch im (heſtande.) „Srinnerſt Du Dii
nech, meine Liebe, an die ſchöne Grieftaſche, welche In mir damads
ſchenkteſt7 Auf der einen Seite waren zwei Tauben kt.
Sie: „Rein, die Tauden waren auf der andern Seitez“
D. Brummermann, wenn Dir des Naches —
geſrickt. ...
Aals eine Bittende! ö
Sich verbeugend und ſie durch eine Handbewegung
IJum Sitzen einladend, entgegnete der Oberinſpektor:
„ Dir Bitten einer Unglücklichen —“ ö
ch bin nicht unglücklich,“ fiel ſie ihm in die Rede,
vnur eine von Gott Verlaſſene iſt unglücklich; ich bin
es nicht, denn ich bin bei Gott und Gott iſt bei mir.
Zwar hat der Herr mich tief gebeugt, aber ich weiß
ja: er züchtiget, die er liebt!
Ohne ſich weiter auf ihre frommen Reden einzu-
laſſen, nahm Norrmann ſeine Antwort wieder auf:
„Laſſen Sie mich alſo ſagen: die Bitten einer Tief-
gebeugten werden mir Befehle ſein, wenn die Erfüllung
derſelben nicht meinen Grundſätzen widerſtrebt.“ ö
,“ ſagte ſie bitter, „damit ſind die meinigen
ſchon ſo gut als abgeſchlagenw
„Nein, meine gnädige Frau —“ 5
„Nennen Sie mich nicht gnädig; kein Menſch kann
es ſein, nur Gott iſt es.“ꝰ⸗ͥ
„Nun denn: hegen Sie die guverſicht, daß meine
Wünſche dahin gehen, den Ihrigon entgegen zu kommen
und ſie, ſei's auch mit Opfern, zu erſüllen.“
„Gut, ſo will ich denn reden! An dem Tage nach *
der Revolte war ich eine ungeſehene Zeugin Deſſen,
was Sie meinem Gatten zur Laſt legten und was er
leider nicht leugnen konnte. Von Ihnen auf's Höchſte
geängſtigt, geſtand er mir auf Befragen ſpäter Alles
ein, und dies veranlaßte mich, ihn zu verlaſſen.“
„Mit tiefem Bedauern erſuhr ich dies,“ ſogte der
Oberinſpektor, „und ich habe oſt gewünſcht, dies redreſ-
ſren zu können. Hätten Sie nichts ginußt, ſo härten
Sie ferner noch glücklich mit Ihrem Gatten gelebt
Aund .
„Und ware ö durch ſeiue Laſter in's ewige Verderben ö
gegangen!“ fiel ihm die Direktorin in's Wort. „Nein,
es ſollte ſo ſein, der Herr ſorgte ſür mein (wiges Heil,
indem er mir den zeitlichen Schmerz auſerlegte. Dech
nun iſt er todt, deſſen Verbrechen mich von ihm trenn-
ten, und ich möchte wenigſtens vor der Welt ſeinen gu
ten Namen retten. Ich möchte nicht, daß die Menſchen,
don denen wenige beſſer ſind als er, den Stein auf ihn
dürfen. “.
werfen und ſeinen Namen wie einen Schimpf nennen
„„Ich begreife das,⸗ ſagte der Oberinſpektor ein we-
nig ſpöttiſch, „da ſie ſelber dieſen Namen tragenn“
Sein Geſühl war beleidigt von der Kälte, mit wel-
cher dieſe Frau ihren Gatten ſeinem Verderben über-
ließ, ohne nur einen Verſuch zu ſeiner moraliſchen Ret-
tung zu machen, und ſich nur beeiferte, ihr ewiges
Theil in Sicherheit zu bringen. Sie aber ſah ihn ſcharf
an, dann flog ein Schatten tiefen Schmerzes über ihr
bleiches Geſicht, während ſie ſich erhob. ——
„Ich habe nichts mehr zu ſagen; leben Sie wohl!“
„Nein, Nein!“ rief Curt, ihre Hand ergreifend und
ſie zurückführend. „Nicht alſo laſſen Sie uns ſcheidenſl
Habe ich Sie gekränkt, ſoverzeihen Sie mir. In mei-
nen Händen allein liegen die Beweiſe der Schuld Ihres
Gatten, Niemand weiß davon und bier gede ich Ibnen
ich ſchnarche!“
*
mein Ehrenwort, daß ich nie zu einem Menſchen, als zu
Herrn von Jerſowich ſelber davon ſprach oder jemals —
davon ſprechen werde.“
Vch danke Ihnen!“ ſagte die Wittwe und ein lei-
ſes Zittern der Rührung bewegte ihre Stimme. „Doch,
Herr von Norrmann, ich habe noch eine Bitte. Ich
weiß, Sie haßten meinen — den Direktor und Sie ha-
ben dieſen Haß noch der Leiche bewieſen, indem Sie
ſich derſelben nicht mehr genahet, nachdem es amtlich
nicht mehr nöthig war.
„Sie irren! Ich haßte ihn nicht; verzeihen Sie,
wenn ich Sie durch meine offenen Worte verletze! Ihh
verachtete ihn als einen laſterhaften Menſchen, als einen
Heuchler, der die Religion zum Deckmantel ſeiner ſchimpf-
lichen Handlungen mißbrauchte. Seine Leiche erregt
mir Widerwillen und Ekel, deshalb kam ich nicht, fle
zu ſehen, denn ich bin der Meinung, daß, wenn man
vor einer Leiche nicht jene ehrſurchtsvolle Scheu zu en-
pfinden vermag, welche dem Tode gebührt, man min-
deſtens verpflichtet iſt, ihr fern zu bleiben. “7,
rrtſetzung folgt.)
—— Miscellen. **
(ein Italiener im deutſchen Bade.) Ein Italiener ward
auf der Reiſe in einem kleinen deutſchen Vadeſtädichen von einer
Krankheit überfallen. Der Arzt verordnete ihm warme Bäder znd
ließ ihm ein Zimmer des Gaſthofes dazu einrichten, indem er Len
Hausknechte, der das Bad beſorgen ſellte, die gehörige Vorſchrim
deshalb gab. Der Kranke ward in das Bad gebracht und der Hans-
knecht gab ihm die Anweiſung, daß er, falls das Bad noch zu kalt
wärs, rufen mögte. Dieſer neue Badewärtex hatte aber für eine
ſolche hohe Temperatur des Waſſers geſorgt, daß der Italiener, in-
dem er ſich in's Bad begab, ſchmerzhaft ausrief; „O che ealdo“
Der Hausknecht hielt dieſen Ausruf für eine Klage über die När
des Bades und ließ ſogleich einen neuen Strem heizen Wa ι
hineinlaufen. Der Itahener wiederholt ſeinen Ausruf, und je Ager
er ſchreit: „O che ealdol, um ſo mehr heißes Waſſer ließ Jener
auf ihn ſtuͤrmen. Da der Italicner mit ſeiner Klage nicht aufhören
wollte, ſo rief endlich der Hausknecht unwillig aus: „Her. Keri muß
vrch ganz aus Schnee und Eis zuſammengeſeiht ſein, daß er jeüt noch
über Kälte agen kann!“ und mit dieſen Worten ließ er eine ſo un-
geheure Fluth kechendes Waſſer herein ſtrömen, daß der Kranke alle
ſeine Kräfte zuſammenraffte und halb verbrüht aus der Wanne ſprang,
indim er verſicherte, daß er zeitlebens in Deutſchland keine Badekrr
wieder vornehmen wolllte.
— Es iſt unglaublicht welch⸗ abſchluliche Grauſamkett in unſere
brcrgebildeten Zeit — wie ſie ſich gerne nennen hört — manchmal
voch ſichtbar wid. In Stettin har ein Schlachtermeiſter 50 Tylr.
Bilohnung für die Cnidecung des Böſtwichtes ausgeſetzt, der ſeinem
Pferde im Stalle — die Zunge ausgeriſſen haleo!
— (Militär⸗Cramen.) Corporal. „Alſo, wie geſazt: der
Soldat muß Reſpekt vor ſeinem Vorgefetzten, beſonders ader dor ſei-
nim Corporalſchafts⸗Unteroſfieier haben, ſowohl bei Tage wie vei
Nacht. Was thuſt Du 3.
von mir, Deinem Herrn Zimmercommandanten träumt ?“'—
Brummermann. „Wenn ich von Ihnen träume? ich — ich —
orporal. „Was? ſchnarchen thut der Kerld Du Lümmell wan.
Ant oon. auir, Deinem Herrn Vorgeſehten träumſt, ſo nimmt Du bi
ühe ab. **
— (Biverſpruch im (heſtande.) „Srinnerſt Du Dii
nech, meine Liebe, an die ſchöne Grieftaſche, welche In mir damads
ſchenkteſt7 Auf der einen Seite waren zwei Tauben kt.
Sie: „Rein, die Tauden waren auf der andern Seitez“
D. Brummermann, wenn Dir des Naches —
geſrickt. ...