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Heidelberger Volksblatt (1) — 1868

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Nr. 43 - Nr. 50 (4. November - 28. November)
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ö mrüdkehtte,

neß ſte ſch eines moiner beſt
geben, bezahite es auf aine Wache vöraus un beſtellte
für ſich und ihr Töchterchen eiß glänzendes Mittag-
eſſen. Sie hat auch dem Director ihr ſofortiges Schei-
den aus ſeiner Geſellſchaft angekündigt. Wahrſcheinlich
hat ſie irgend einen freigebigen Beſchützer gefunden.

nung.“
„Dieſer Beſchützer bin ich, mein Herr, ſprach Curt
mit ſtolzer Ruhe. „Frau von Norrmann iſt meine Ver-

wandte und Sie werden begreifen, daß ich. auf die Ehre

verzichten muß, dieſelbe hier in der Reitbahn mitwirken

zu ſehen. H

einer Ecke des Zimmers am Boden.
ihr in einer Fülle blonder Locken auf den noch ſchönen

Inzwiſchen hatte der Wirth ihn. bis an die Thür
von Roſalinens Zimmer geführt, Norrmann verabſchie-
dete ihn durch eine Handbewegung, klopfte an und trat
auf ein nachläſſiges „Herein!“ in das Gemach.
Die Künſtlerin lag lang guf das Sopha hingeſtreckt
und neben ihr ſchlafend ihr Töchterchen, der Mutter
liebliches, doch unſchuldvolles Ebenbild.
noch immer das ſchwarze Atlaskleid, doch mit dem
Shawl war das Kind zugedeckt und der Hut lag in
Das Haar fiel

entblößten Hals; ſie war in der That eine reizende
das Wehge und doppett ſchmerzhaft war für Norrmann
das Wehgefühl um ihren Fall.

Roſaline verfärbte ſich ein wenig/ als ſie den Vetter

erblickte, der ihr ſeit Jahren ſo bitter zürnte; doch
faßte ſie ſich ſogleich.
„Ah, Vetter Curt,“ rief ſie mit leichtfertigem Ton,
„wie komm ich zu der Ehre? Entſchuldige, wenn ich
liegen bleibe; ich habe das Vergnügen,
Sopha zu ruhen, ſo lange entbehren müſſen daß ich
es ſo leicht nicht aufgeben kann. Setze dich zu mir,
da iſt noch Platz.“
Sie legte ihre zierlichen Füßchen auf eine andere
Stelle, um ihm Raum zu machen. Er aber griff zu
einem Stuhl.
„Gut,“ ſagte ſie, „wie Du willſt; doch ehe Du Dich
ſetzeſt, beſtelle uns Kaffee; es plaudert. ſich beſſer dabei.“
„Ich komme nicht, um mit Dir zu plaudern, wohl
aber, um ein ſehr ernſtes Geſpräch zu führen. “
„Auch dazu iſt der Kaffee gut; man trinkt ſich Cou-
rage. Alſo Kaffee auf jeden Fall; beſtelle ihn nur,
ſonſt muß ich mich aus meiner Werienlicer erheben
und es ſelber thun. “
Curt that, was ſie verlangte.
„Und nun möcht' ich Dich um einen weniger leicht-
fertigen Ton erſuchen.“ ſagte er zurückkehrend.
„Ach, biſt Du imwer orh der ernſthafte Narr?

lachte ſie.

„Allerdings“, antwortete er. „Beſonders vermag
ich nicht zu lachen, wenn ich wie chr die Ehre meines
Namens ſo in den Staub getreten ſehe % ö
„Curt, Du biſt grauſam!“ rief ſie halb. lachend,
halb ernſt. „Die erſte gute Stunde nach langer Zeit
verdirbſt Du mir!ꝰ
„Leider muß ich noch grauſamer ſein, indem ich Dir

178

Bimmer e

einfach der Polizei die Anzeige machen,

Roſaline trug

auf einem

zanünzige, daß „ſoßen emen tniden
. Alsont 0 Atſchuden daß in zwei Stun-
den die Ertrapoſt vor dor Shür dieſes Haufes halten
wird, die Dich dorthin bringen ſoll.“
„Ei wie eilig! Und wenn ich mich weigere zu

gehen?“ fragte Roſaline höhniſch.
denn ſie iſt doch immer noch eine reizende Erſchei-

„Dann wird Deine Entfernung zwar nicht mit Ex-
trapoſt, aber um nichts weniger ſchnell vor ſich gehen,“
antwortete Eurt gemeſſen und feſt. Ich würde gänz
wo fie die
Disbin der aus dem Nachlaſſe des Serzoas entwende
ten Brillanten zu ſuchen habe.“
Roſaline ward bleich.
„Ah bah,“ rief ſie mit erzwungenem Lachen, „wer
will mir Das beweifen!“
VIch! Denk an Loring! Er ſtarb hier im Zucht-
hauſe und ſeine, von Nordhjelm beglaubigte ſchriftliche
Ausſage iſt in meinen Händen.“
Faſt ohnmächtig ſank Roſaline zurück. In dieſem
Augenblicke wurde der Kaffee gebracht. Norrmann
reichte ihr eine Taſſe.
„Nimm,“ ſprach er mit milderem Tone, ytrink Dir
Muth und dann entſcheide Dich.“
„Was iſt zu entſcheiden?“ ſagte ſie bitter. „Du
haſt mich in Händen. Sage, wohin ich gehen ſoll, und
ich gehe.““
Nein, Du magſt Dir ſelber den Ort wählen, wo
Du leben willſt. Es ſoll Dir an nichts fehlen, Michael
und ich werden dafür ſorgen, daß Du anſtändig und

ſorgenlos leben kannſt.“

„So will ich hingehen, wo mich, Niemand kennt,
nach . Doch laß mich noch eine Nacht hier
bleiben, ich und mein Kind ſind noch erſchöpft von der
entſetzlichen Reiſe hieher; morgen früh wenn wir ein
Mal wieder in einem guten Bette ausgeruht, reiſen

wir ab.“
„Gut! Doch das Kind laß bei mir, ich will es mit

den meinigen erziehen.“

„Wie eine gereizte Löwin ſprang Roſaline empor.
„Mein Kind?“ ſchrie ſie auf. „Mein Alles? Mein

Uter Gut? Das einzige Weſen, das mich liebt? —

Doch, ich muß ja, Du kannſt. mich in ' Zuchthaus brin-
gen und dann bin ich ja doch getrennt von meinem
Kinde! Steh' auf, Michaela, fall' ihm zu Füßen, er
will uns trennen! Bitt' ihn um Erbarmen für Deine
unglückliche Mutter, die nichts mehr anf der Welt be-
ſitzt als Dich! “
„Roſaline, faſſe Dich!“ rief Norrmann voll Mitleid
mit ihrem Schmerz. „Laß das Kind ſchlafen; ich will
es Dir nicht nehmen, wenn Du es wirklich liebſt!“
Sie ſank erſchöpft wieder in's Sopha.
„Du Narr!“ ſagte ſie mit matter. Stimme/ „welche

Mutker liebt ihr Kind nicht! Doch, ich danke Dir,

Du biſt gut! Es wird vielleicht bald die Zeit kommen!
da mich der Tod. von Michaela trennt; dann laß. ſie

Deine Tochter ſein und. rechne ihr die Sünden der

Mutter nicht anl
„Ich⸗ verſpreche 631% jagte Curt feierhich. „Doch
ſage mir Eins: waxum. nannteſt Du ſie Michagela? ——
 
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