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Hulin de Loo, Georges [Honoree]
Mélanges Hulin de Loo — Bruxelles [u.a.], 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.42068#0062

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MÉLANGES HULIN DE LOO

Stadium verkorpert das Bild des Staedelschen Instituts zu
Frankfurt. Bosch zeigt sich noch als « Realist ». Pilatns
führt die îiackte Armseligkeit Christi anf die Terrasse des
(le l'ic h t s g eb and e s, eines warmtonigen Backsteinbaus,
heraus.Hohnisch und boshaft bleckt die Menge zum Heiland
empor. Die Pharisaer, Scharknechte und Biittel sincl sach-
lich, mit sorgfaltigem Eingehen in malerisches Detail
geschildert. Von dieser Entwicklungsstufe führt der Weg
ebenso zu Geertgen wie zu Bosch.
Das Bild der Sainmlung Johnson, Philadelphia — es ent-
spriclit im Rahmen der Gesamtentwicklung Bosch’ etwa
der Wiener Kreuztragung — liât die Szene bereits ans clem
Reich der Wirklichkeit in das des Unwirklichen versetzt.
Phantastisch sincl Aufbau und Einzelheiten. Eine offene
Galerie, deren architektonische Struktur vollig undurch-
sichtig ist, trennt das Bild in zwei Zonen ; Knrven, Bogen
und Stufen schneidenin sie ein, jeder rationelle, iiberschau-
bare Zusammenhang ist vermieden; Saulen waclisen auf ihr
empor, deren Ende nicht mehr sichtbar ist. In clen zwei
Zonen entfaltet sich clas spukhafte Treiben der erregten
Menge. Wie die Architektur etwas Vegetabiles, Wacli-
sendes hat, so auch die Menschen. Ihre Helme und Hlite
enden in Zwiebel, Dornen, Fruchtknoten. Streitkolben,
Lanzen und Ruten waclisen wie stachliges Dornengestrlipp
dazwischen auf. Die kl ein en Wesen agieren heftig mit spit-
zen Gebarden, ihre runden Insektenaugen funkeln.
Auch dieses Thema erfuhr seine Beruliigung und Monu-
mentalisierung. Das Ergebnis ist die Tafel der Sammlung
Rudinotï (1).
Die einstige Menschenfiille ist auf eine Gruppe von vier
Personen beschrankt. Auch von dieser treten nur die
(1) Der Bezitzer erwarb sie rein aus einem stark entwiokelten Qualitâts-
empflnden heraus, das ihm als Künstler eigen ist, ohne an einen Namen zu
denken, vor mehreren Jahrzehnten A'on einem kleinen Tabakkrâmer in
Antwerpen. Dieser pflegte in den Bauerndôrfern Antiquitaten gegen seine
Ware einzutausohen. Das Bild dürfte so von seinem Ursprungsort kaum
weit weggewandert sein.
 
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