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478

Zllustrirte Melt.

nach Moorhausen! Wenn auch unser Gut unter des Onkels
Leitung kaum einer Verbesserung mehr bedarf, so wartet doch
so etwas Aehnliches hier auf Dich. Ich will Dir ganz ehrlich
von meinen Plänen sagen, Du weißt ja, es ist eine alte
Schwäche von mir, Pläne zu schmieden.
„Vor einem Jahr starb hier der alte Herr von Romms-
dorf, langjähriger Freund unseres Hauses und, wie Du weißt,
unser nächster Gutsnachbar. Er war schon lange Wittwer und
hinterließ ein einziges Kind, ein Töchterchen, welches damals
in einer Pension in Berlin erzogen wurde. Die beiden Freunde,
mein Alter und dieser Nommsdorf, waren seit ihrer Jugend
unzertrennliche Genossen gewesen; sie thaten sich darauf etwas
zugute, daß sie in kluger Weise jede ernste Meinungsverschieden-
heit an einander übersehen hatten, in Zeiten, welche sonst in
unserem lieben Vaterlande die besten Freunde entzweiten. Die
Art und Weise, in welcher der alte Nommsdorf sein Gut be-
wirthschaftete, war nun auch eine dauernde Prüfung für meines
Alten Freundschaftsgefühle, allein seinen Grundsätzen getreu
schwieg er und überließ dem Freunde, sein Gut nach seiner
Weise zu bcwirthschasten, oder besser gesagt, zu verwahrlosen
und zu ruiniren.
,„Für das eine Mädel wird auch so genug zum Leben
übrig bleiben/ war Deines Onkels Trost dabei. Nun ist, wie
gesagt , seit einem Jahre Nommsdorf todt und, wie wir schon
gefürchtet haben, das Gut in der allertraurigsten Verfassung
zurückgeblieben. Seit Ostern ist Marie Nommsdorf aus der
Pension zurück, und da das arme Ding doch nicht allein in
Waldhof leben konnte, so bot ich ihr an, bis sich ihr neues
Leben in irgend einer passenden Weise gestaltet hätte, zu uns
nach Moor-Hausen zu kommen, um dort zuerst ihre neue Lage
in's Auge zu fassen. Ich vergaß zu sagen, daß der Onkel
zugleich zum Vormund unserer lieben Marie bestimmt und
ihm auch in wärmster Weise die Bitte an's Herz gelegt war,
für eine richtigere Verwaltung, respektive Ausnutzung von Wald-
hof Sorge zu tragen. Nie in unserer Ehe sah ich meinen
lieben Alten in ähnlicher Traurigfeit oder Bestürzung, als da-
mals bei dem Durchlesen des letzten Briefes von Nommsdorf,
in welchem dieser offen cingestand, daß nur ein thörichter
Eigensinn ihn abgehalten, williges Gehör den zuweilen zart
angedeutetcn Vorstellungen meines Mannes zu geben, wodurch
er nun durch seinen voraussichtlich nahen Tod das arme Kind,
die Marie, sein Herzblättchen, in ungeordneten Verhältnissen
zurücklassen müsse. Der Onkel versuchte redlich, Ordnung in
das Chaos in Waldhof zu bringen, allein er ist jetzt am Ende
seiner Kraft, er ist selbst alt und das Leben, welches er so
führen muß, reibt ihn auf. Er hält es für das Beste, Wald-
hof zu verkaufen. In der Hand einer frischen Kraft kann es
in einigen Jahren zu einem werthvollen Besitz sich gestalten
und Müh' und Arbeit reichlich vergelten. Für unser liebes
Mädchen würde durch den Verkauf doch noch eine Summe zur
Verfügung gestellt werden, welche es ermöglichen muß, ihr
überall ein sorgenloses Daheim zu schaffen, was sie selbst ent-
schieden der Aussicht vorzieht, mit einem Verwalter das Gut zu
bewirthschaften.
,„Den Verwalter will ich wohl gerne ertragen/ sagte sie
selbst, .allein daß ich zu meinem Schutze eine ältere Dame
neben mir im Hause leben lassen soll, ist mir ein schrecklicher
Gedanke/ So zieht Marie es vor, durch den Verkauf sich mit
einer festen Einnahme zu begnügen, wenn auch dadurch die
Aussicht auf jede spätere höhere Verwerthung des Gutes dem
neuen thätigen Besitzer zufüllt. Mein Alter ist damit zufrieden,
mir aber, lieber Bernhard, will das Alles gar nicht gefallen.
Mir will das nicht in den Kopf, daß die Thorheiten des
Vaters nun, da man sie doch wieder gut machen könnte, die
Zukunft des Kindes verdunkeln sollen. Lange Zeit habe ich
mich mit Gedanken gequält, wie demselben abzuhelfen wäre,
und nun ich meine, einen Ausweg gefunden zu haben, soll
mich keine falsche Empfindelei davon abhalten, Dir davon zu
sprechen.
„Komm' doch zu uns, bester Junge, komm' her, mit dem
Gedanken vertraut, ob Du nicht Deine Kraft dem verwahr-
losten Waldhof zuweuden möchtest. Ueberlege Zweierlei, ob
Du es kaufen möchtest,'oder ob Du versuchen willst, hier
einige Wochen mit uns zu leben und die Möglichkeit zu über-
denken, unsere liebe Marie lieb zu gewinnen und dann für sie
und Dich zusammen später Deine bewährte Kraft anzuwenden,
um wieder gut zu machen, was Vater Nommsdorf verbrach.
Mein gutes, natürliches, wenn auch vielleicht etwas leiden-
schaftlich rasches Mädchen wird Dir schon gefallen, Du mußt
doch auch einmal daran denken, Dir einen Hausstand zu grün-
den, sei nun mein guter Junge, thue der alten Tante den Ge-
fallen, komm' her und sieh' Dir das mir so theure Kind an.
Kann nichts aus meinem schönen Plane werden, nun so reizt
Dich vielleicht die Aufgabe, welche Deiner Kraft durch den
Ankauf Waldhofs gestellt würde, kann Beides Dich nicht reizen,
nun so erfreue wenigstens Deine alte Tante Betty durch Dein
Hiersein. Und somit Gott befohlen. Ich hoffe, mein Brief
erreicht Dich glücklich noch in L . ..
„In alter treuer Liebe
Deine Tante Betty."
Der junge Mann faltete das Blatt zusammen und ein
stilles Lächeln glitt über das sonst so ernste Gesicht.
„Alte, gute Tante," sagte er, „eifrige, liebe, heiraths-
stiftende Tante Betty, jch glaube, ich werde Deinem Rufe nicht
folgen, ich verspreche mir weder Belustigung, noch Befriedigung
von Deiner Lockung."
Bernhard's Aufmerksamkeit wurde jetzt durch einen kleinen
Streifen Papier abgelenkt, welcher beim Lesen des Briefes diesem
entfallen zu sein schien. Mechanisch griff er darnach.
„Sicher die wichtigste Nachricht als kleines Postskriptum

einem eingeschobenen Zettelchen anvertraut," sagte er, „daran
erkenne ich Tante Betty."
Er täuschte sich, es waren nicht die breiten, wohlbekannten
Schriftzüge der Tante, sondern die zierlichen Buchstaben einer
Mädchenhand. Zu seinem Erstaunen oder vielmehr zu seiner
Ergötzung, wie wir es ehrlich nennen wollen, las er folgende
Zeilen:
„Geben Sie sich nicht der Hoffnung hin, Tantchens Wunsch
erfüllen zu können. Jch habe den Schluß ihres Briefes so-
eben durchlesen; möge kein falsches Mitleid, keine unangebrachte
Opferwilligkeit Sie oder mich unglücklich machen.
Marie."
Es war ein Helles Lachen, welches das schöne, männliche
Gesicht des Lesenden überzog.
„Sieh', sieh'," sprach er, „da haben wir es mit der kleinen
Marie selbst zu thun bekommen; wie ein kampfbereites Kätzchen
springt sie dem drohenden Feinde in's Gesicht, es reizt mich
fast zu sehen, wie das Kätzchen aussieht. Nun, Tante Betty,
soll ich am Ende doch kommen?"
Der junge Mann erhob sich und trat, den kleinen Zettel
noch in der Hand haltend, wieder auf den Balkon hinaus.
Bernhard Hartmann, der junge Mann, von welchem hier
die Rede ist, hatte vor wenig Tagen das väterliche Gut, wel-
ches er nach dem Tode des Vaters in Gesellschaft seiner dort
mit ihm lebenden Mutter bewirthschaftete, verlassen, um, wie
Letztere an ihre Schwester, eben diese Tante Betty, geschrieben
hatte, ein neues Feld für seine Thätigkeit zu suchen. Vielleicht
war es nicht allein der Trieb, im Erringen neuer, sichtbarer
Früchte seines Fleißes Befriedigung in anderen Verhältnissen
zu suchen, der ihn jetzt aus dem zu einem vollständigen Ruhe-
sitz herangebildeten Seefeld fortführte, auch andere Empfin-
dungen hatten dazu beigetragcn, ihm plötzlich seine ruhige
Heimat zu verleiden und in ihm Reisesehnsucht aufsteigen zu
lassen. Er war nun zweiunddreißig Jahre alt, er war reich,
schön, begabt nach allen Richtungen des Geistes und Gemüthes
hin, und es fehlte ihm nicht an Gelegenheit zu bemerken, daß
man von ihm nun allen Ernstes erwartete, er solle sich einen
neuen Hausstand gründen. Die unglückliche Sucht verblendeter
Mütter, ihre Töchter dem nach allen Seiten hin so begehrungs-
würdigen Manne durch tausend kleine Versuche in die Hände
zu spielen, trug ebensowenig dazu bei, Bernhard den Ge-
danken an eine Ehe lieb zu machen, als die dauernden, liebe-
vollen Vorwürfe seiner Mutter, welche es unerträglich hart
fand, daß ihr schöner, guter Sohn sein bestes Jugendlcben
allein im Dienste der kindlichen Verehrung und Aufopferung
zubringen sollte. Die letzten Wochen hatten zudem wirksam
die mütterlichen Predigten unterstützt, indem sie die Nachricht
von der Verlobung der beiden ältesten und liebsten Jugend-
freunde Bernhard's brachten, und die begeisterten Schilderungen
der Neuverlobten hatten zum ersten Mal in Bernhard das Ge-
fühl der eigenen Mreinsamung aufsteigen lassen. Die Bitter-
keit dieses Gefühls erhielt durch das stündliche Klagen der
Mutter über ihr vergebliches Hoffen auf eine liebe Schwieger-
tochter die reichlichste Nahrung, und so entstand plötzlich der
Entschluß in Bernhard, dem Allem zu entfliehen, den Vor-
würfen der Mutter, sowie den kaum noch zu überhörenden
Mahnungen des eigenen Herzens. Mehr als ihm lieb war,
mußte er ja an das so schön geschilderte neue Glück seiner
Freunde denken, er ertappte seine Phantasie auf den bedenk-
lichsten Sprüngen und Verbindungen zwischen diesen Braut-
paaren und seiner eigenen, doch immer halb einsamen Lage,
er sah sich oft bestrebt, sich selbst in ähnlichen Verhältnissen
vorzustellen, und um dem Allem entschlossen zu entfliehen, reifte
überraschend schnell der Plan, Sceberg zu verlassen und in
neuem Ringen und Schaffen Befriedigung und Ruhe zu suchen.
Hier in L ... nun wartete er auf das Zusammentreffen
mit einem dritten Jugendgenossen, der bis jetzt, gleich ihm,
sein Herz noch frei gehalten und von dem Bernhard, da er
ohnehin ihn als einen Weiberhasser kannte, nun, in dieser Zeit
der unheimlichen Regungen des Herzens, ein Zurückführen auf
den alten Standpunkt der Verachtung von Ehefesseln erhoffte.
Der erwartete Freund kam noch an demselben Tage, von
welchem hier erzählt wird. Er war der alte, liebe Geselle ge-
blieben, frischen Herzens, gesunden Leibes, voll des alten, köst-
lichen Humors, schien er alles das gewähren zu können, was
Bernhard von ihm erwartete. Was er von den Erlebnissen
der beiden befreundeten Verlobten wußte, wurde, gewürzt-mit
erlaubten kleinen Bosheiten, dem Freunde mitgetheilt, und von
Neuem die Grundsätze vertheidigt, welche die Ehelosigkeit bei der
jetzigen allgemeinen Verderbniß des weiblichen Geschlechts recht-
fertigten.
Leider gestatteten die Berufspflichten des Naths Hellmuth
demselben nicht, noch länger zu Bernhard's Erfrischung beizu-
tragen und so, um das Vergnügen seiner Gegenwart möglichst
sich zu verlängern, beschloß Bernhard, sich einer nothwendigen
kleinen Reise des Freundes anzuschließen, um so doch noch,
wenn auch nur auf Stunden, seine Gesellschaft zu genießen.
Kam er doch noch immer früh genug zu Tante Betty und den
dort seiner wartenden Erlebnissen.
Nur zu rasch verrannen den Freunden die wenigen Stunden
gemüthlichen Beisammenseins, und schon am Nachmittag des
folgenden Tages sehen wir sie gemeinsam zum Bahnhofe
ziehen, um von dort aus, nach verschiedenen Richtungen hin,
abzureisen.
Vor dem Bahnhofgebäude, welches, inmitten freundlicher
Gartenanlagen liegend, einen beliebten Vergnügungsort für
die Bevölkerung des kleinen Städtchens bildete, ging Bernhard
mit dem lebhaften Rath Hellmuth auf und ab, und wieder be-
handelte das Gespräch der Freunde das Für und Wider in
Verlobungs- und Heirathsangelegenheiten. Die völlige Ueber-

einstimmung der Grundsätze des Raths mit den seinen ließen
plötzlich Bernhard's Zurückhaltung, welche er bisher in Betreff
feines eigentlichen Reiseziels aufrecht erhalten, schwinden, und
Tante Betty's Pläne wurden an's Licht gebracht, um dann
sofort entschieden mißbilligt und verworfen zu werden.
„Welche Idee, lieber Freund!" eiferte der lebhafte Rath
und sah durch seine Brillengläser den Jugendgenossen besorgt
an, „Du wirst, wie ich hoffe, nicht weiter daran denken. Deine
Tante glaubt natürlich einen Engel in dem Mädchen zu sehen,
allein die Zeilen, welche in den Brief der Tante eingeschmuggelt
wurden, werfen ein nur zu klares Licht auf den Charakter des
Engels. Welche dreiste Unweiblichkeit, dergleichen Pläne so an's
Tageslicht zu zerren, welche verwerfliche Kampfbereitschaft einer
jungen, nur eben der Pension entwachsenen Dame, und endlich
welches echt weiblich unausstehliche Siegesbewußtsein der eige-
nen reizenden Persönlichkeit, welches gar nicht erst in Frage
stellt, ob Du auch überhaupt gewillt bist, dem Rufe der Tante
zu folgen."
Diesem Eifer gegenüber wagte Bernhard kaum einzugestehen,
daß er doch Neigung fühle, die Bekanntschaft der hier so leb-
haft Angegriffenen zu machen. So sprach er von seiner
großen Verehrung für die Tante, von dem sehr annehmbar er-
scheinenden Kaufe des Gutes, welche ihn allein bestimmten,
dem Rufe der Tante zu folgen, und so gelang es ihm, den
Freund zu beruhigen.
Die Zeit der Abfahrt des Zuges nahte indessen heran.
Unter die vielen, sich dort zum Vergnügen aufhaltenden Men-
schen mischten sich die eigentlichen Reisenden, kenntlich an den
oft unzähligen Gepäckstücken. Natürlich waren es auch wieder
die Frauen, welche hiedurch die Spottlust des lebhaften Rathes
reizten. An einem der nächsten Tische hatten zwei Damen
Platz genommen. Eine still und ruhig blickende Brünette schien
ihre blonde Freundin zur Bahn zu begleiten und Beide sprachen
eifrig mit einander. Das lebhafte Figürchen der Blonden war
in reizendster Bewegung. Dicke, prächtige Zöpfe lagen in
üppigster Fülle auf dem schöngeformten Kopfe, und Bernhard
konnte nicht umhin, seinen Freund darauf aufmerksam zu
machen.
„Jch bewundere mehr den väterlichen Geldbeutel," sprach
dieser laut genug, um an dem Nebentische gehört zu werden,
„das Pfund solcher Haare mag wohl zwanzig Thaler kosten,
denn natürlich sind dergleichen Prachtzöpfe stets falsch."
Blitzschnell drehte sich jetzt das Blondköpfchen und aus
einem Paar dunkelblauer Augen schoß ein zorniger Blick auf
den Sprechenden, dann senkten sich die schönen Augenlider, ein
spöttisches Lächeln umzog den frischen Mund und die runden
Schultern des Mädchens zuckten verächtlich.
Die braunhaarige Freundin bemühte sich nun ängstlich, ein
unbefangenes Gespräch anzufangen, und schien doch darüber zu
erschrecken, wie laut und ungenirt ihre erzürnte Genossin darauf
einging.
Es wurde den beiden horchenden Freunden nicht schwer,
Alles zu belauschen.
„Wie lange gedenkst Du denn in W. . . zu bleiben?"
fragte die Braune.
„Jch kann es noch nicht bestimmen," war die Antwort,
„ich habe nicht besondere Ziele vor mir, ich will ja, wie
Du weißt, liebe Rosa, nur jetzt von Hause fort bleiben."
„Bist Du schon lange von Hause fort?" fragte Rosa.
„Seit drei Tagen," antwortete die Blondine.
„Jch war recht froh, Dich hier zu treffen," sagte Rosa,
„weich' ein glücklicher Zufall, der mich gerade heute zum
Doktor nach der Stadt führte. Jch glaubte jedoch dort zu
hören, daß Du anfänglich erst morgen abrcisen wolltest, was
bewog Dich, heute Nachmittag Deine Reise so zu beschleunigen?
Du wirst nun kaum bei Deiner Ankunft in W... erwartet
werden^"
„O, ich entlaufe auch hier nur einem mir fatalen Geschick,"
antwortete die Freundin. „Man hatte dort allen Ernstes vor,
mir den schrecklichen kleinen Großsohn des Hauses als Reise-
gefährten bis W ... mitzugeben. Der Junge soll zu seiner
dort wohnenden Mutter gebracht werden, und es schien so,
als wenn die Großmama sich gar zu gerne meiner bedient
hätte, um den Jungen zu befördern und sich selbst die Reise zu
ersparen."
„Du hättest aber wohl den Kleinen mitnehmen können."
„Auf keinen Fall," war die rasche Antwort, „was sollte
ich wohl mit ihm anfangen? Ich bitte Dich, Kinder sind
immer lästig, und ich bin gerade jetzt wirklich nicht in der
Stimmung, um solche Gesellschaft zu ertragen. Dieser liebe
Willy ist ein unausstehlich verwöhnter Junge. Nur so lange
ich ihn mit Süßigkeiten füttere, wird er in, besten Falle sich
ruhig verhalten, und dann werden die tausend Fragen an-
gehen, welche ich nie beantworten mag. Wir fahren vier
Stunden, um zehn Uhr sind wir erst in W ... Nein, ich
mag nicht Kinderfrau spielen."
Hellmuth sah zu Bernhard hinüber. Wie von stiller Be-
friedigung und Schadenfreude zugleich leuchteten die lustigen
Augen durch die Brillengläser. „Sieh' nur, Bernhard, diese
Weiber," schien er aussprechen zu wollen.
„Wurde cs Dir nicht schwer, der alten Dame diese Bitte
abzuschlagen?" fragte Rosa.
„Eigentlich ja," antwortete die Blondine, „ich habe sonst
eine Vorliebe für alte Damen, besonders für mein liebes
Tantenmütterchen zu Hause, allein dieser dicke Junge war mir
doch über allen Spaß. Es war ein Glück, daß der Kleine mit
seiner Toilette nicht ganz in Ordnung war, als ich meine Ab-
sicht, nun früher zu fahren, aussprach, sonst wäre er doch noch
in meine schützenden Arme gelegt worden. Vielleicht," fuhr sie
mit einem Lächeln fort, „gab ich doch eine zu frühe Zeit für
 
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