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SLutLgclrrt, Leipzig, Weirlrrr, Wien.

Um der Kieke willen.
Roman
von
Weinhold Hrlmann.
Dreizehntes Kapitel.
ieder waren mehrere Monate vergangen,
nnd hier und da wiegten sich bereits
die weißen Fäden des Attweibersom-
der Luft. Aber bs gab nach
langer Regenzeit eine Reihe schöner, sonniger
Tage, und wer jetzt über eine sreie Stunde ver-
fügte, der benützte sie gern, um aus der Euge
stauberfüllter Straßen hinaus zu flüchten in die
reinere Lnft der Wälder, deren sommerliche
Schönheit noch nicht beeinträchtigt wnrde durch
die ersten wehmütigen Anzeichen des Welkens
und Vergehens.
Auch die Baroniu vou Alten hatte sich an
einem dieser herrlichen Tage nach vielem Sträu-
ben und Jammern über ihre Hinfälligkeit, die
den anderen nur das Vergnügen verderben würde,
ans Viktors unermüdliches Zureden zu einem
kleinen Ausflüge nach den Havelseen entschlossen.
Wolfgang war eingeladen worden, sich an der
Partie zu beteiligen, und obwohl es ihn einen
ernsten Kampf mit seinem strengen Pflichtgefühl
gekostet hatte, war er doch mitten aus seiner
Arbeit -heraus dcm_ freundlichen und für ihn so
verführerischen Rufch gefolgt.
Die kleine Gesellfchaft wär übereingekommen,
sich zunächst mit der Eisenbahn nach Potsdam
zu begeben und von da aus einem der vielen Ver-
gnügungsdampfer, die zur Benützung der Aus-
flügler bereit standen, gemächlich zu Wasser
zurückznkehren. Viktor, der wiederholt geheimnis-
volle Andeutungen machte, daß er die Seinigen
demnächst mit einer freudigen Kunde überraschen
werde und damit, wie niemand bezweifelte, auf
eine nahe Beförderung anspielte, war in der
allerbesten Laune. In jener harmlos liebenswür-
digen Weise, die ihn früher überall zu einem
gern gesehenen Gesellschafter gemacht hatte, war
er unablässig bemüht, seine Fröhlichkeit auch auf
die anderen zu übertragen. Es mochte seiner
Meinung nach nnn endlich genug sein des
Trauerns und Klagens. Auch das Leben nnd die
Jugend hatten ja ihre Rechte; warum sollte mau
in selbstquälerischer Beharrlichkeit sortfahreu,
ihnen die Anerkennung zu versagen.
Daß er mit all seinen munteren Einfällen
gegen Margots ernste, kühle Ruhe nichts würde
ausrichten können, erkannte er freilich bald, nnd
so ließ er denn das ganze Feuerwerk seines
Witzes bald nur noch für seine Cousine Edith
spielen, die gerade heute stiller und ernsthafter
schien als sonst. Es war noch gar nicht lange
her, daß er wieder den Mut gefunden hatte,
ihr gegenüber den lustigen, unbefangenen Ton
von ehedem anznschlagen. Während der ersten
Woche nach jener Beichtseene, die ihm in der
Erinnerung noch hundertmal demütigender er-
schien, als unter dem ersten, frischen Eindruck,
Jllustr. Wett. 1894. 5.



Schwebet über die Heide —
Traumhaftes Schweigen überall,
weltverloren wir beide.

Bangt dir, mein Lieb? G, sürchle dich nicht,
wende die Augen, die blauen,
Leuchtend zu meinem Angesicht,
Darfst deinem Fährmann vertrauen.

Trage, o Morgenwind, leicht uns dahin, Bur ein zitternder Glockenhall
Fliege, mein Nachen, ins weite,
Ueber uns lustig die Möwen ziehn,
Schilsgräser nicken zur Seite.

Zauberumwobene Einsamkeit,
wonniges Träumen im Maien,
Bebest hinweg über Raum und Zeit —
Selig, solch Fahren zu zweien.
L. Bernardi.

Auf dem Wasser. Zeichnung von Alice Hävers.

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