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Iweirrrrbvie^zigsterr Icrbvgcrng.

14. Lest.

SLuLtgcr^L, Leipzig, WeEn, Wien.

Am Uetz.
Novelle von
Alexander U ö m e r.
(Fortsetzung.)
<?Wm Ratskeller, der Wein- und Bierstube für die
(A^ Honoratioren inNonsdorf, saßen der Gymnasial-
lehrer Doktor Riek und der neugebackene Assessor
Karl Benken an ihrem Stammtisch noch bei-
sammen. Die übrigen Gäste hatten sich bis auf wenige
schon entfernt, es wurde hier solide Bürgerzeit inne
gehalten. Karl Benken aber hatte dem Jugendgespielen
und Busenfreund heut zu viel mitzuteilen, sie ließen
sich noch einen Schoppen kommen und verlängerten die
Sitzung zu zweien.
Die Berliner Erlebnisse, alle Detailepisoden des
Examens waren bereits getreulich mitgeteilt worden,
der genossene Wein — sie hatten heute zur Feier des
Wiedersehens blinkende Römer mit goldsunkelndem
Inhalt vor sich — that seine Wirkung bei dem eifrig
Redenden. Dieklei-

für eine Anknüpfung, seinem Erfolg und der schließ-
lichen Entdeckung, daß sie. . .
„Irgend eine Theaterprinzessin oder sonst zum
fahrenden Völkchen Gehörende war," platzte der junge
Doktor lachend heraus.
„Nanu!" Karl Benken starrte den Freund mit
einem verblüfften Gesicht an, „so habe ich sie Dir
denn doch nicht beschrieben."
„Nicht? Freilich, altes Haus — Deine verzückte
Schilderung brachte mich zunächst auf den Gedanken,
aber — wer war sie denn schließlich. Deine Dulcinea?
Hast Du es ganz sicher erfahren?"
Doktor Rieks Frage klang kühl und kaum neu-
gierig, er sah nach seiner Uhr, er wußte, sein Mütter-
chen wachte bis er nach Hause kam, und es mußte
gleich elf schlagen.
„Ach! Du nüchterner Philister, Du hörst ja kaum
noch zu," rief Karl ärgerlich und rieb sein Glas hin
und her, „ihr verknöchert hier alle, ihr Muster-
menschen. Hast Du denn nichts mehr in Deinem
Kops, als Deine unnützen Rangen und ihre Dickschädel
in Deiner Klasse?"
„Sachte! sachte! Querkopf, schieße los uud entlaste

Dich; ich bin bereit, mit der äußersten Andacht zu
hören. Wieder einmal eine Flamme, und, wie es
scheint, eine große, oder diesmal gar ,Diese oder
Keine', Karl?"
„Ach! Unsinn! bei mir ist sie gründlich abgeprallt
— eine großartige Kokette, sage ich Dir — wurde es
beim Abschiednehmen erst recht gewahr — na. Du
wirst sie ja kennen lernen, und halt Dein Herz fest,
wenn ich Dir raten darf — gerade so für Deines-
gleichen taugen ihre Künste."
„Ha! ha! bedanke mich schön für die vorsorgliche
Warnung, aber jetzt machst Du mich neugierig. Blieb
denn Deine Schöne hier in Ronsdors hängen?"
„Das war es ja gerade. Du fährst einem nur
immer so quer in die Parade; Du wirst doch schon
gehört haben, daß die Majorin Wenk eine Nichte er-
wartet?"
„Ach so — und die war es?"
„Ja, die war es - - superfein, sage ich Dir, chic
vom Wirbel bis zur Zehe und, wie ich wette, ein
Racker durch und durch."
„Du meintest ja aber, sie sei so unnahbar und stolz
gewesen?"

nen Augen glänzten
in dem geröteten
Gesicht, und seit
einer geraumen
Weile hatte Fritz
Riek schon kein Wort
mehr einzuschalten
vermocht.
„Und_ Fritz —
halt! daß ich das
Interessanteste nicht
vergesse, mein Reise-
abenteuer vou heute
morgen," ries Karl
Benken jetzt und
füllte sich aufs ueue
sein Glas. „Rate,
mit wem ich fuhr?"
„Hm — im Ra-
ten bin ich nicht
groß, das weißt
Du, Karl, aber daß
von einer Dame die
Rede ist, merke ich.
Du Schwerenöter!"
Fritz Riek sah
gutmütig neckeud zu
dem Freuud hin-
über.
„VoneinerDame,
natürlich — aber
was für einer! —
Denke Dir nur" —
Karl setzte sich in
Positur uud begann
ausführlich — vom
ersten Schreck, der
Bestürzung, ja des
geblendeten Ein-
druckes beim Er-
blicken dieser Er-
scheinung , seinen
geschickten Versuchen

Wolfsjagd. Nach dem Gemäld, von K. Bodmer. (S. 334.)


IlMstr. Lvelt. 1894. 14.

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