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Um der Kieke willen.
Roman von
Weinhold Hrtmann.
Zwanzigstes Kapitel.
*E>^^argot erklärte sich ihres Bruders schlechte
Laune aus dem Umstande, daß er so
lange auf ihre Heimkehr hatte warten
müssen. Sie behandelte ihn deshalb mit
besonderer Freundlichkeit, und als er ihr andeutete,
daß er sie unter vier Augen zu sprechen wünsche,
wußte sie rasch einen Vorwand zu finden, um die
Baronin aus dem Zimmer zu entfernen.
„Ich habe eine Neuigkeit für Dich, welche Dir
Freude bereiten wird," sagte Viktor ohne alle Vor-
rede. „Gras Arkadi hat mir gestern abend eine
Erklärung gemacht."
Weder Ueberraschung noch Befriedigung zeigte
sich in dem schönen Gesicht der Baronesse.
„Er hat sich lange genug Zeit dazu gelassen. Und
wie abgeschmackt, sich zuerst an Dich zu wenden!"
„Er wollte sich nicht der Gefahr aussetzen, von
Dir einen Korb zu erhalten. Und ich kann ihm das
wahrhaftig nicht übel nehmen, denn zu den an-
genehmen Dingen gehört eine solche Abweisung
sicherlich nicht."
Der Ingrimm, welchen er unbewußt in seine
letzten Worte gelegt hatte, war viel Zu verräterisch
gewesen, als daß Margots feines Ohr ihn nicht so-
gleich herausgefühlt hätte.
„Ist Dir vielleicht neuerdings ein solches Miß-
geschick widerfahren, mein armer Viktor?" fragte
sie. „Du hattest doch nicht am Ende gar die Thor-
heit, Edith einen Antrag zu machen?"
„Wie, zum Henker, kommst Du auf diese Ver-
mutung?" rief er betroffen. „Kann man mir denn
alles, was in mir vorgeht, geradezu vom Gesicht
ablesen?"
„Vielleicht!" lächelte sie. „Aber es wäre besser
gewesen, wenn Du mich vorher von Deiner Absicht
unterrichtet hättest. Ich würde Dir dann gesagt
haben, daß Du viel zu spät kommst, um noch eine
Aussicht auf Erfolg zu haben. Denn Edith trügt
eine unglückliche Liebe für Wolfgang Normann im
Z Auch das also weißt Du? — Warum aber nennst
Du ihre Liebe unglücklich? Wäre dieser Ingenieur-
nicht ein Narr, wenn er sie verschmähen könnte?"
„Er wird aller Voraussicht nach niemals etwas
davon erfahren. Hundertmal Hütte er Gelegenheit
gehabt, es zu bemerken, als sie noch mit einander
verkehrten; aber er war wie mit Blindheit geschlagen,
weil er selber eben durchaus nichts für Edith em-
pfindet. Und jetzt — nun, sie kann doch nicht gera-
deswegs zu ihm gehen und sich ihm an den Hals
werfen, wie gerne sie es vielleicht auch thäte."
Es war etwas wie triumphirende Schadenfreude
in ihren Worten, und zum erstenmal nahm Viktor-
wahr, daß sich die Entfremdung zwischen den Leiden
ungen Mädchen bis zu offenbarer Abneigung, wenn
nicht zu wirklichem Haß gesteigert hatte.
„Jedenfalls thust Du ihr unrecht, Margot, wenn
Du glaubst, daß sie jemals in Versuchung kommen
Jllustr. Welt. 1894. 8.

Die Dorfgeiger. Nach dem Gemälde von Domenico Fervi. (S. 194.)


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