Im Uetz.
Novelle von
Alexander K ö m e r.
(Fortsetzung.)
Vorstellung und der gegen-
seitige Gruß verliefen sehr kurz
und kühl. Fritz. war eifrig be-
süssen, der Majorin einen Sitz
zurecht zu machen — ihr Bleiben schien
als ausgemachte Sache betrachtet zu wer-
den, und Elsbeth vermochte keinen Blick
mit der Tante zu wechseln, der für ihren
Wunsch, sich zu verabschieden, Fürbitte
einlegte. Die Tante war schon im eifrig-
sten Gespräch mit Fran Riek, und ihr
blieb nichts übrig, als Hedis freundlicher
Aufforderung, neben ihr Platz zu nehmen,
Folge zu leisten. Ein Korb mit Butter-
broten und Kuchen, auch Fläschchen, Milch
und Kaffeeextrakt enthaltend, stand halb
ausgepackt vor ihnen, seitwärts in einiger
Entfernung war trockenes Reisig znsam-
mengetragen, neben dem ein kupferner
Kessel lag; man war gerade im Begriff
gewesen, das Feuer anzuzünden.
Karl Benken ließ es sich angelegen
sein, Elsbeth zu unterhalten, Hedi war
aufgesprungen und half dem Doktor, der
den Reisighaufen anzündete und Wasser-
ans der Quelle schöpfte. Das halblaute
Geflüster der beiden schlug in den Pausen
immer an ihr Ohr. Eine kaum niederzu-
zwingende Ungeduld quälte sie, sie ant-
wortete zerstreut, die Situation war ihr
peinlich, langweilig, quälend.
Und jetzt wandte sich die harmlose
Fran Riek zu ihr - welch ein weiches,
heiteres Gesicht, in dem keine einzige
Furche von Sorge und Schmerzen erzählte.
Die silberweißen Löckchen ringelten sich
um runde, rosige Wangen, die blauen
Augen hatten ein fast jugendliches Feuer
und blickten sie treuherzig an, ihr ganzes
Wesen war frische Lebendigkeit.
Sie redete in einem wunderbar war-
men und innigen Ton, wie Elsbeth ihn
nie von irgend einem Menschen gehört zn
haben meinte, und begleitete ihre Rede mit
ausdrucksvollen Gesten. Jede Miene ihres
Gesichts ergänzte nnd erläuterte ihre
Worte, die alte Fran war ein Original.
„Also hübsch frisch und gesund sollen
Sie hier bei uns werden," sagte sie zn
Elsbeth, „da müssen Sie nnr der Kathrin
tüchtig in der Küche und im Garten helfen,
nichts schafft so frohen Mut und rote
Backen als ein rechtschaffenes Stück Arbeit.
Ich hab's erfahren an mir selbst, mein
liebes Fräulein, war nie mehr verdrieß-
lich und hatte nie mehr Zeit zu dummen
Gedanken, als ich erst für Mann nnd Kind
zn sorgen hatte. Ja, ja — und als dann
der Haufen Unglück über mich kam, als
Jllustr. Welt. E4. 15.
„In die Maschen".
Nach dem Gemälde von P. Toussaint. (S. 358.)
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