Dr. Alfred Robitsek, Symbolisches Denken in der chemischen Forschung 83
Symbolisches Denken in der chemischen Forschung.
Von DR. ALFRED ROBITSEK.
Autosymbolisches Phänomen nennt S i I b e r e r * die Er-
scheinung, daß unter bestimmten psychischen Bedingungen ~~
w Ermüdung, Schlaftrunkenheit, Störung des Einschlafens ein
Denkinhalt nicht als solcher aufgefaßt, sondern in ein symboli-
sches Bild umgewandelt und dieses halluziniert wird. »Diese autosymbo-
lischen Phänomene stellten sich als Ermüdungsphänomene dar und als
ein Rückschreiten von einer schwierigeren Art des Denkens zu einer
leichteren, primitiveren. Dieser Vorgang, welcher nach der Freude
sehen Terminologie die »Regression« heißt, bedeutet die Verschiebung
von einer abstrakteren zu einer anschaulicheren Denkform und
vom apperzeptiven zum assoziativen Gedankenverlauf (nach der
W u n d t sehen Terminologie). Diese Verschiebung scheint, mehr oder
minder deutlich, stets dann einzutreten, wenn ein Gedanke-- '
für den momentanen Zustand des Bewußtseins, welches denselben
bewältigen will, zu »schwierig« ist. Man kann sowohl im Zustand
der Somnolenz als auch beispielsweise, wenn man bei dem zu be*
wältigenden »Gedanken« anderweitig gestört ist, häufig genug die
Beobachtung machen, daß die »Idee« sich dann — -in der erwähnten
leichteren, primitiveren Fassung, sei es als hypnagogische Halluzi-
nation, sei es als Tagtraumbild für das Bewußtsein verkörpert.-
Sie senkt sich, gewissermaßen mit einem gröberen, faßlicheren, sicht-
bareren Gewand angetan, in mein Bewußtsein, weil ich sie in ihrer
reinen Nacktheit oder Abstraktheit nicht fassen kann. Ein gleiches
findet jedoch auch dann oft statt, wenn mir, bei guter Dis^
Position eine neue, noch nicht geläufige Idee einfällt. Sie erscheint
nicht sogleich in der vollgiltigen scharf definierten, abstrakten Gestalt,
sondern zunächst in Form eines anschaulichen Bildes (oder aber
überhaupt undeutlich). In diesem Stadium ist die neue Idee eben
für mein Bewußtsein-— zu schwierig. Einem andern Menschen
ist die ganz gleiche Erkenntnis vielleicht nicht zu schwierig.-
Ich sage vielleicht: denn es können mir Erkenntnisse
klar werden, Ideen einfallen, die überhaupt noch
niemanden klar geworden sind. Ich kann z. B.
Naturzusammenhänge ausfindig machen, auf die
bisher noch niemand gekommen ist**. Wenn nun ein
solcher Gedanke, der noch von niemandem gedacht wurde, sich —
— — — in Symbolform offenbart: so ist dieses Symbol
das Symbol eines Gedankens, der als solcher nur
außerhalb unser oder noch gar nicht existiert.
Dieses Verhältnis durch die soeben ausgesprochenen Worte aus-
zudrücken, klingt zwar einigermaßen paradox ,• es entspricht aber
Phantasie und Mythos. Jahrhuch für psychoanalytische und psycho»
pathologische Forschungen. II. 605 fg.
®* Vom Verfasser hervorgehoben.
Symbolisches Denken in der chemischen Forschung.
Von DR. ALFRED ROBITSEK.
Autosymbolisches Phänomen nennt S i I b e r e r * die Er-
scheinung, daß unter bestimmten psychischen Bedingungen ~~
w Ermüdung, Schlaftrunkenheit, Störung des Einschlafens ein
Denkinhalt nicht als solcher aufgefaßt, sondern in ein symboli-
sches Bild umgewandelt und dieses halluziniert wird. »Diese autosymbo-
lischen Phänomene stellten sich als Ermüdungsphänomene dar und als
ein Rückschreiten von einer schwierigeren Art des Denkens zu einer
leichteren, primitiveren. Dieser Vorgang, welcher nach der Freude
sehen Terminologie die »Regression« heißt, bedeutet die Verschiebung
von einer abstrakteren zu einer anschaulicheren Denkform und
vom apperzeptiven zum assoziativen Gedankenverlauf (nach der
W u n d t sehen Terminologie). Diese Verschiebung scheint, mehr oder
minder deutlich, stets dann einzutreten, wenn ein Gedanke-- '
für den momentanen Zustand des Bewußtseins, welches denselben
bewältigen will, zu »schwierig« ist. Man kann sowohl im Zustand
der Somnolenz als auch beispielsweise, wenn man bei dem zu be*
wältigenden »Gedanken« anderweitig gestört ist, häufig genug die
Beobachtung machen, daß die »Idee« sich dann — -in der erwähnten
leichteren, primitiveren Fassung, sei es als hypnagogische Halluzi-
nation, sei es als Tagtraumbild für das Bewußtsein verkörpert.-
Sie senkt sich, gewissermaßen mit einem gröberen, faßlicheren, sicht-
bareren Gewand angetan, in mein Bewußtsein, weil ich sie in ihrer
reinen Nacktheit oder Abstraktheit nicht fassen kann. Ein gleiches
findet jedoch auch dann oft statt, wenn mir, bei guter Dis^
Position eine neue, noch nicht geläufige Idee einfällt. Sie erscheint
nicht sogleich in der vollgiltigen scharf definierten, abstrakten Gestalt,
sondern zunächst in Form eines anschaulichen Bildes (oder aber
überhaupt undeutlich). In diesem Stadium ist die neue Idee eben
für mein Bewußtsein-— zu schwierig. Einem andern Menschen
ist die ganz gleiche Erkenntnis vielleicht nicht zu schwierig.-
Ich sage vielleicht: denn es können mir Erkenntnisse
klar werden, Ideen einfallen, die überhaupt noch
niemanden klar geworden sind. Ich kann z. B.
Naturzusammenhänge ausfindig machen, auf die
bisher noch niemand gekommen ist**. Wenn nun ein
solcher Gedanke, der noch von niemandem gedacht wurde, sich —
— — — in Symbolform offenbart: so ist dieses Symbol
das Symbol eines Gedankens, der als solcher nur
außerhalb unser oder noch gar nicht existiert.
Dieses Verhältnis durch die soeben ausgesprochenen Worte aus-
zudrücken, klingt zwar einigermaßen paradox ,• es entspricht aber
Phantasie und Mythos. Jahrhuch für psychoanalytische und psycho»
pathologische Forschungen. II. 605 fg.
®* Vom Verfasser hervorgehoben.