Antwort auf die Erwiderung des Herrn Dr. Ferenczi
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Antwort auf die Erwiderung des Herrn Dr. Ferenczi *
Von James J. PLITNAM M. D.,
Professor der allgemeinen Neurologie an der HarvardMIniversität, Boston, U. S. A.
Herr Dr. Ferenczi, den ich persönlich wie auch als Forscher
hoch verehre, und dessen Arbeiten ich immer die sorgfältigste
Aufmerksamkeit zu widmen gewohnt bin, hat beim Lesen
meines Aufsatzes einen Eindruck bekommen, welcher der Absicht
des Verfassers nicht entsprach. Ungern möchte ich zugeben, daß
ich die eigentliche Aufgabe der Psychoanalyse verkannt oder daß
meine Vorschläge den Grundsätzen widersprochen hätten, welche
den Absichten der Führer unserer Bewegung entsprechen. Es kann
wohl nicht behauptet werden, daß ich »die Waffen der Metaphysik«
gegen die Psychoanalyse angewendet oder ihr zugemutet hätte,
»daß sie sich a priori einem bestimmten oder überhaupt irgend
einem philosophischen System unterordne«, wenigstens nicht in irgend
einem anderen Sinne als dem von Herrn Ferenczi selbst gelobten,
indem er sagt: » ... so darf man sicher hoffen, daß ihr (der Psycho-
analyse) auch aus dem Studium der Philosophie und ihrer Ge-
schichte neue Gesichtspunkte, neue Erkenntnisse erwachsen werden.«
Zu diesem Ausspruche möchte ich lediglich den Wunsch hinzufügen,
daß man die genannten Gesichtspunkte und Erkenntnisse ehrlich vom
Standpunkte der Philosophie selbst studieren möge, und daß man
die Metaphysik als eine echt wissenschaftliche Methode anerkenne.
Gerade in diesem Punkte aber würden sich wahrscheinlich die An-
sichten des Herrn Ferenczi von den meinigen am meisten unter-
scheiden.
Ich stimme Ferenczi bei, daß das Sammeln von Tatsachen, und
zwar besonderer Art, die eigentliche Aufgabe der Psychoanalyse
war und bleibt. Es lag nicht in meiner Absicht, dieser Aufgabe
irgend welche Schranken zu setzen, indem ich die Notwendigkeit,
auf allgemeine Anschauungen Rücksicht zu nehmen, betont habe.
Im Gegenteil hegte ich nur den Glauben, daß es heutzutage, ebenso
wie in manchen früheren Zeiten, Forscher geben müsse, welche ihre
wissenschaftliche Aufgabe um so erfolgreicher durchzuführen imstande
waren, als sie nicht nur ihr eigenes »souveränes« Gebiet, sondern
auch das ihr enges Gebiet umgebende Land möglichst genau kennen
zu lernen sich bemüht hatten.
Dieses Prinzip, allgemein ausgesprochen, erkennt wohl jeder
an, es wäre aber der Mühe wert, psychoanalytisch nachzuprüfen.
Gerne erstatte ich meinen Dank sowohl der Redaktion als auch Herrn
Dr. Ferenczi für die Erlaubnis, seine Erwiderung schon vor ihrer Veröffent^
lichung durchlesen zu dürfen.
Ich möchte die Gelegenheit benutzen, um auf zwei Wortfehler in meinem
Aufsatz (Imago, Heft 2) aufmerksam zu machen. Es soll etwa in der Mitte von
Seite 114 anstatt »gesellschaftlichen Instinkt«, »geschleditlichen Instinkt« und gegen
Ende derselben Seite anstatt »biogenetische Methode« »psychoanalytische Methode«
gelesen werden.
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Antwort auf die Erwiderung des Herrn Dr. Ferenczi *
Von James J. PLITNAM M. D.,
Professor der allgemeinen Neurologie an der HarvardMIniversität, Boston, U. S. A.
Herr Dr. Ferenczi, den ich persönlich wie auch als Forscher
hoch verehre, und dessen Arbeiten ich immer die sorgfältigste
Aufmerksamkeit zu widmen gewohnt bin, hat beim Lesen
meines Aufsatzes einen Eindruck bekommen, welcher der Absicht
des Verfassers nicht entsprach. Ungern möchte ich zugeben, daß
ich die eigentliche Aufgabe der Psychoanalyse verkannt oder daß
meine Vorschläge den Grundsätzen widersprochen hätten, welche
den Absichten der Führer unserer Bewegung entsprechen. Es kann
wohl nicht behauptet werden, daß ich »die Waffen der Metaphysik«
gegen die Psychoanalyse angewendet oder ihr zugemutet hätte,
»daß sie sich a priori einem bestimmten oder überhaupt irgend
einem philosophischen System unterordne«, wenigstens nicht in irgend
einem anderen Sinne als dem von Herrn Ferenczi selbst gelobten,
indem er sagt: » ... so darf man sicher hoffen, daß ihr (der Psycho-
analyse) auch aus dem Studium der Philosophie und ihrer Ge-
schichte neue Gesichtspunkte, neue Erkenntnisse erwachsen werden.«
Zu diesem Ausspruche möchte ich lediglich den Wunsch hinzufügen,
daß man die genannten Gesichtspunkte und Erkenntnisse ehrlich vom
Standpunkte der Philosophie selbst studieren möge, und daß man
die Metaphysik als eine echt wissenschaftliche Methode anerkenne.
Gerade in diesem Punkte aber würden sich wahrscheinlich die An-
sichten des Herrn Ferenczi von den meinigen am meisten unter-
scheiden.
Ich stimme Ferenczi bei, daß das Sammeln von Tatsachen, und
zwar besonderer Art, die eigentliche Aufgabe der Psychoanalyse
war und bleibt. Es lag nicht in meiner Absicht, dieser Aufgabe
irgend welche Schranken zu setzen, indem ich die Notwendigkeit,
auf allgemeine Anschauungen Rücksicht zu nehmen, betont habe.
Im Gegenteil hegte ich nur den Glauben, daß es heutzutage, ebenso
wie in manchen früheren Zeiten, Forscher geben müsse, welche ihre
wissenschaftliche Aufgabe um so erfolgreicher durchzuführen imstande
waren, als sie nicht nur ihr eigenes »souveränes« Gebiet, sondern
auch das ihr enges Gebiet umgebende Land möglichst genau kennen
zu lernen sich bemüht hatten.
Dieses Prinzip, allgemein ausgesprochen, erkennt wohl jeder
an, es wäre aber der Mühe wert, psychoanalytisch nachzuprüfen.
Gerne erstatte ich meinen Dank sowohl der Redaktion als auch Herrn
Dr. Ferenczi für die Erlaubnis, seine Erwiderung schon vor ihrer Veröffent^
lichung durchlesen zu dürfen.
Ich möchte die Gelegenheit benutzen, um auf zwei Wortfehler in meinem
Aufsatz (Imago, Heft 2) aufmerksam zu machen. Es soll etwa in der Mitte von
Seite 114 anstatt »gesellschaftlichen Instinkt«, »geschleditlichen Instinkt« und gegen
Ende derselben Seite anstatt »biogenetische Methode« »psychoanalytische Methode«
gelesen werden.