Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

DOI Heft:
Heft 2
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0276

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
BÜCHER

O. PFISTER: Die Liebe des Kindes und ihre Fehlentwicklungen.
Verlag Ernst Bircher, Bern, 1922.
Dr. O. Pfister hat uns mit seinem neuesten Werk ein wertvolles pädago-
gisches Buch geschenkt. Was die bisherige Pädagogik fast stets übersehen hat,
nämlich daß die Erziehung der Liebe und zur Liebe im Mittelpunkt des ganzen
Erziehungswerkes stehen muß, hat Pfister klar erkannt und psychologisch aus-
reichend begründet.
Pfister zeigt in seinem einleitenden „Gang durch die Geschichte des Liebes-
problems", daß schon vorJahrtausenden große Denker, Religionsstifter, Dichter
erkannten, daß die Liebe das Zentralproblem der Menschheitsentwicklung dar-
stellt. Umsomehr müssen wir darüber erstaunen, daß tatsächlich bis heute so
wenige Philosophen und Psychologen das Problem der Liebe zum Gegenstand
wissenschaftlicher Untersuchung gemacht haben. Im Altertum rückte dieser Auf-
gabe Plato, dessen Eroslehre von keinem Philosophen je wieder erreicht wurde,
am nächsten. In der Neuzeit war es namentlich Pestalozzi, der die Bedeutung
der Liebe für das Schicksal des Einzelnen und der Menschheit in wunderbar
klaren Worten zum Ausdruck brachte und der vollbewußt die Weckung, Be-
hütung und Lenkung der Liebe zum entscheidenden Moment der Erziehung
machte. Aber auch er kann uns über die mannigfachen Schicksale und Fehl-
entwicklungen der Liebe nicht viel und vor allem nichts Beweiskräftiges sagen;
darum kann er uns auch keinen Aufschluß geben über die Beseitigung eines
im Liebesieben wurzelnden Übels. Pestalozzi kannte eben die Bedeutung des
unbewußten Seelenlebens nur unvollkommen und die Mittel der psycholo-
gischen Tiefenforschung standen ihm noch nicht zur Verfügung.
Indem Pfister nach seiner glänzend geschriebenen historisch-kritischen
Untersuchung den normalen und abnormen Erscheinungen und Entwicklungs-
gängen des Liebeslebens mit Hilfe der psychoanalytischen Methoden an zahl-
reichen Einzelfällen aufs sorgfältigste nachgeht und uns zeigt, wo und wie die
eigentlichen Ursachen zu suchen sind und wie zu helfen ist, wird sein Buch
 
Annotationen