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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

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Heft 4
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Chijs, A.: Infantilismus in der Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0473

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INFANTILISMUS IN DER MALEREI'
Von A. VAN DER CHIJS, Nervenarzt in Amsterdam
Knappert hat uns ein sehr bedeutendes Stück Analyse einiger
Werke von einem bekannten Kunstmaler gegeben. Der Zufall versetzt
mich in die Lage, Ihnen etwas Ähnliches zeigen zu können, obwohl
von ganz anderer Art. Ich fühle mich um so mehr veranlaßt, dies
mitzuteilen, weil Stärcke in Antwerpen auf dem zweiten Kongreß für
moderne Kunst einen Vortrag über Psychoanalyse und Ästhetik hielt,
in welchem er zu Ergebnissen kam, die mit denen dieser Arbeit über-
einstimmen. Stärcke äußerte nämlich die Meinung, daß die höchsten
Schöpfungen des Genies aus einem tief wurzelnden und unbewußten
Infantilismus des Künstlers emporschießen, und daß es ein gemein-
schaftliches Kennzeichen von vielen großen Kunstwerken ist, daß sie
die Blutschande zum Gegenstand haben/
Die Arbeit über den Maler, den wir X nennen wollen, glaube ich
als eine Bekräftigung dieser Auffassung betrachten zu dürfen. Patient
kommt zu mir, weil er verspürt, daß seine Schöpfungsfähigkeit ge-
brochen ist. Mehrere vorgenommene Ölgemälde mißlingen. Er zeigt
mir kleine Skizzenbücher, die von effektivem Abstieg zeugen. Tatsäch-
lich sind diese nur, wie er selbst sagt, „Probierungen" zu nennen. Er
1) Nach einem Vortrag in der „Nederlandsche Vereeniging voor Psycho-analyse"
Febr. 1922.
2) Siehe dazu Rank, „Der Künstler." 1907 (2. verbesserte Aufi. 1918) oder „Das Inzest-
motiv in Dichtung und Sage" 1912.
 
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