Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Hermann, Imre: Wie die Evidenz wissenschaftlicher Thesen entsteht?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0393

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
WIE DIE EVIDENZ WISSENSCHAFTLICHER
THESEN ENTSTEHT?
Von Dr. I. HERMANN (Budapest)
I.
_Dzg jRo/Ze <7gr V/zz?7z'c/?AczY zzz 73. 37zzmgv ^ycAoZo^z'g.
E. Mach hat überzeugend nachgewiesen, wie Erfahrungen, die Evidenz
ihrer Wahrheit betreffend, als in verschiedenem Maße selbstverständlich bewertet
werden, obzwar ihrem Wahrheitsgehalt prinzipiell die gleiche Evidenz — eben
die Evidenz der Erfahrung — zukommen sollte. So war seit alters her für evi-
dent gehalten, daß bei gleich langen Hebelarmen gleich schwere Gewichte das
Gleichgewicht erhalten, aber für nicht evident die andere Erfahrung, daß bei
ungleich langen Hebelarmen die Gewichte, um Gleichgewicht zu erreichen, den
Längen der Hebelarme umgekehrt proportional gewählt werden müssen. Die
Wirkung subjektiver Momente (z. B. Einfühlung in die symmetrisch gebaute
Vorrichtung) ist in diesem Beispiele klar.*
Steht es so mit der physikalischen Erkenntnis, dann muß das Hineinspielen
subjektiver Momente in die Bewertung psychischer Gesetze noch viel eher Schein-
evidenzen ergeben. Die hier folgenden Bemerkungen über David Humes
Psychologie wollen von diesem Standpunkte aus betrachtet werden: nicht die
Wahrheiten dieser Psychologie sollen in Frage gestellt werden, sondern einzig
ihre — vermeintliche — Evidenz.
Hu m e war, wie die Geschichte der Psychologie lehrt, der erste, welcher den
Begriff der Ähnlichkeit (resemblance) zu einem allgemeinen psychischen
Erklärungsgrunde vertiefte.^ Es soll — nach Hu me — jeder Wahrnehmung
1) E. Mach, Die Mechanik in ihrer Entwicklung, 8. Aufl., 1921. S. 1—17.
2) D. Hume, A Treatise of Human Nature, 1758. Den folgenden Ausführungen liegt
derVol.I. der Gesamtausgabe The Philosophical Works of David Hume, Edingburgh, 1826,
auch die Selbstbiographie und die Kontroverse zwischen Hume und Rousseau enthaltend,
zugrunde.
 
Annotationen