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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

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Heft 1
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Jones, Ernest: Eine psychoanalytische Studie über den Heiligen Geist
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https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0068

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EINE PSYCHOANALYTISCHE STUDIE
ÜBER DEN HEILIGEN GEIST
Von ERNEST JONES (London)'
Was die Zeit auch über die historische Persönlichkeit des Gründers
des Christentums enthüllen mag — es herrscht unter denen, die ver-
gleichende Religionsforschung getrieben haben, kein Zweifel, daß viele
der Glauben, die sich um seine Person ranken, der ursprünglichen
Grundlage angefügt und von fremden heidnischen Quellen abgeleitet
wurden: der Name christliche Mythologie mag diesen Abweichungen
mit Fug und Recht zugesprochen werden. Wie Frazer^ es ausdrückt:
„Nichts ist gewisser, als das Sagen wie Unkraut um die großen histo-
rischen Figuren der Vergangenheit wuchern."
Einige der wichtigeren Elemente dieses Sagenkreises sind schon mit
Hilfe der psychoanalytischen Methode von Freud^ erforscht worden.
Ihm zufolge stellt das Hauptdogma der christlichen Religion — näm-
lich der Glaube, daß die Menschheit durch den Opfertod Jesus Christus'
am Kreuz von ihren Sünden erlöst werden soll — eine Ausarbeitung
des primitiven totemistischen Systems dar. Das Wesen dieses Systems
sieht er in dem Versuch der Linderung des Schuldgefühls, das aus
dem Ödipuskomplex herrührt, nämlich des in Urzeiten befriedigten
1) Vorgetragen auf dem VII. Internationalen Psychoanalytischen Kongreß. 2y. Sep-
tember 1922.
2) Frazer: Adonis, Attis, Osiris, Third Ed., 1914. S. 160.
g) Freud: Totem und Tabu, 1915. S. 142.
 
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