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Imago: Zeitschrift für Anwendung der Psychoanalyse auf die Geisteswissenschaften — 9.1923

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Heft 1
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Jones, Ernest: Eine psychoanalytische Studie über den Heiligen Geist
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https://doi.org/10.11588/diglit.28544#0069

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Impulses des Vatermords und Mutterinzests; es besteht guter Grund
anzunehmen, daß dieser Komplex die letzte Quelle der von den Theo-
logen beschriebenen „Erbsünde" ist. Dies war die erste große Sünde
der Menschheit und diejenige, aus der unser moralisches Gewissen
und unser Schuldgefühl geboren wurde. Die darauf bezügliche frühe Ge-
schichte der Menschheit, die Tendenz zu dieser großen Sünde und die
moralische Reaktion dagegen, wiederholt sich bei jedem Kind, das auf
die W eit kommt, und die Geschichte der Religion ist ein nie endender
Versuch, den Ödipuskomplex zu überwinden und zum Seelenfrieden
durch Versöhnung mit dem Vater zu gelangen. Freud hat hervor-
gehoben, daß das auffallendste Charakteristikum der christlichen Pro-
blemlösung im Vergleich mit anderen, z. B. der mithraischen, in der
Art besteht, wie diese Versöhnung zustande kommt, nämlich durch
Unterwerfung unter den Vater, anstatt durch offene Auflehnung und
Überwindung. Diese Unterwerfung, deren Prototyp die Kreuzigung
ist, wird von Zeit zu Zeit in der Zeremonie der heiligen Messe oder
Kommunion wiederholt, die psychologisch der Totem-Mahlzeit gleich-
steht. In dieser Weise wird des Vaters Zorn vermieden und der Sohn
nimmt seinen Platz an seiner Seite, als ein Gleicher. In der Mahlzeit
wird die Urtat des Tötens und Essens des Vaters wieder durchlebt und
auch die reuige Pietät, die Wiedervereinigung und Identifizierung
mit ihm wünscht. Wir werden sehen, daß, dieser Ansicht zufolge, die
christliche Versöhnung mit dem Vater auf Kosten einer Überentwick-
lung der femininen Komponente erreicht wird. Ich hoffe, daß die
vorliegende Mitteilung die Schlußfolgerungen Freuds durch ein auf
gleichen Linien laufendes Studium bestätigen wird. Vor ungefähr
zehn Jahren veröffentlichte ich im „Jahrbuch der Psychoanalyse"
einen Aufsatz über die Empfängnis der Madonna und was ich hier
vorzulegen habe, ist zum großen Teile auf einer kürzlich geschriebenen
erweiterten Auflage dieser Arbeit aufgebaut, die in kurzer Zeit in
englischer Sprache erscheinen wird.* Die dort verfolgte Forschung
ergab gelegentlich die Untersuchung des folgenden Problems.

i) Kap. VIII meiner „Essays in Applied Psycho-Analysis", 192g.
 
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