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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Meissner, Carl: Deutsche Volkskunst
DOI Artikel:
Höpfner, Hugo: Etwas über die Wohnlichkeit, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0057

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Februar-Heft. Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration. Seite 37.

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Fr. POtzer. Seiten-Ansicht des Tisches.

wird es noch geben, bis es soweit ist und vor allem theoretisch
und praktisch bei der Stange bleiben, heisst es, und das klar
Erkannte auch klar erstreben und ausführen, ohne sich von den
gefälligen Verlockungen des Modischen abziehen zu lassen!

Aber kommt es soweit, so wird damit noch unendlich
viel mehr gethan sein. Das Wachsen und Blühen unserer
hohen Kunst der Form und der Farbe wird dann auf breiteren,
festeren Wurzeln stehen. Denn — nicht oft genug kann
man es sagen — in allen Zeiten einer wahrhaften Kunst-
blüthe ist die Freude an einer individuell und zeitkarakteristisch
gestalteten Umgebung der Boden gewesen, auf dem auch
alle echte Kunstliebe und Kunst-Bethätigung erwuchs.

MITTHEILUNG DER PREISE einzelner in vorliegendem Hefte abge-
bildeten Möbel bezw. kompleter Zimmer-Einrichtungen (ohne Verantwort-

lichkeit der Redaktion):

Seite 26 Gross, Arznei-Schrank...... Mk. 95.—

» 26 ClSSARZ, Stummer Diener...... » 48.—

» 27 Fischer, Toilette........ » 165.—

» 2" "Walther, Schreibtisch....... » 280.—

■> 30 Krkiss, Büffet........ » 390.—

» 30 Endell, Tisch Mk. 17,—. Stuhl ...» 7-5o

» 31 Walther, Wohnzimmer-Stuhl..... » 42.—

»31 » Herrenzimmer-Stuhl..... » 45.—

31 » Nähtisch-Stuhl Mk. 70. Schreibtisch-Stuhl » 54-—

» 32 BrEGER, Schlafzimmer (komplet), grün gebeiztes

Rüsternholz, 2 Betten mit Matratzen und Keilkissen,
i Waschtisch mit Spiegel, i Schrank, 2 Stühle,

i Nacht-Schränkchen........ ♦ 300.—.

• 33 Heino Otto, Kompletes Schlafzimmer (Betten incl.

Matratzen) in grünlasirtem Fichtenholz ...» 400.— .

» 34 Walther, Bücher-Schrank...... » 350.—.

» 35 Alb. müller, Kompletes Wohnzimmer in schlesischem

Kiefernholz mahagoni-artig gebeizt . . . . » 300.— .

Etwas über pie Vohnlichkeit.

»Ich weiss gar nicht was das ist, ich bringe absolut keine
Gemüthlichkeit in unsere Wohnung!« Man hört dies oft von
gut sltuirten, feingebildeten Leuten sagen, denen kein Geld
für ihre Wohnung zuviel ist. Sieht man sich ihre Wohnung
an, so ist man sofort entsetzt über die unheimliche Ordnung
und Reinlichkeit. Man hat die Empfindung, als liefe immer
Jemand hinter einem her und wischt sofort die Stelle ab,
worauf man gewagt hat seinen Fuss zu setzen. Das Spinn-
radel, der gemalte Tambourin, die Blattpflanzen und die un-
vermeidlichen Säulen und Büsten, alles blitzsauber und neu,
alle gucken einem so ängstlich an, als wollten sie sagen:
»Kommt mir nur um Gottes Willen nicht zu nahe, sonst werde
ich gleich wieder abgestaubt.« Man fühlt förmlich den Staub-
wedel und die ordnende Hand in der Luft. Hat man einen
Handschuh oder sonst etwas zufällig liegen lassen, und kommt
nach einigen Minuten es zu holen, so rutscht sicher das Dienst-
mädel schon auf dem Parket und wichst nach und die Haus-
frau ordnet die verschobenen Stühle.

Und da soll eine Wohnung gemüthlich und wohnlich
sein, wenn jedes Zeichen des Bewohntseins mit Feuer und
Schwert — hätte ich bald gesagt, mit Besen und Wischlappen
getilgt wird, wo die sorgsame Hausfrau jedesmal den Aschen-
becher auspustet, wenn der Herr Gemahl die Asche von der
Cigarre gestreift hat, wo keinem abgebrannten Streichhölzchen
auch nur ein sekundenlanger Aufenthalt in der Schale gegönnt,
wo der Klavierstuhl gleich wieder heruntergeschraubt wird,
und die ganze Familie in Filzlatschen herumrutscht um den
Parketboden zu schonen — ja du lieber Himmel, wenn jedes
Zeichen von der Existenz eines Menschen in der Wohnung
sofort getilgt wird, wie soll es denn da wohnlich werden?
Wie eine hyperordentliche Hausfrau den Schreibtisch ihres
Mannes aufräumt, ist bekannt: die Grösse der Bücher und
Hefte ist allein für sie massgebend, gerade als ob die gedruckte
Weisheit dazu da wäre, Pyramiden damit zu bauen.

Nun soll absolut nicht behauptet werden, dass eine Woh-
nung gemüthlicher wird, wenn die Cigarrenstummel in der
Aschenschale auf eigene Faust weiterdampfen, aber der Mensch,
der einsieht, dass es unter Umständen berechtigt ist, Gebrauchs-
gegenstände da liegen zu lassen, wo man sie gleich greifen
kann, der Mensch hat Empfindung für Wohnlichkeit. Er
wird einsehen, dass die Möbel nicht blitz und blank wie im
Magazin zum Sichselbstanpreisen dazustehen brauchen, sondern
dass sie zum Gebrauche da sind und die Spuren des Ge-
brauches nur ehrenhaft sind. h. Höpfner—Strassburg.

Friedrich Pützer, Privat-Dozent, Darmstadt.

Vorder- und Seiten-Ansicht des Herren-Schreibtisches.
 
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