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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Reformen im Ausstellungs-Wesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0254

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Seite 194.

Illustr. kunstge wer bl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Dezember-Heft.

Deutsche Bau-Ausstelluno. Gusseiserne Säulen

von Kelle dr* Hildebrandt, Dresden.

REFORMEN IM AUSSTELLUNGS-WESEN. Unter diesem Titel
veröffentlicht Alexander Koch im Oktober - Hefte der »Deutschen
Kunst und Dekoration« einen Aufsatz, der bereits wegen der darin nieder-
gelegten Reform-Vorschläge in der Fach- und Tages-Presse mehrfach
diskutirt wurde. Deshalb seien auch an dieser Stelle einige Kern-Punkte
aus demselben zur Anregung der Interessentenkreise mitgetheilt:

„Wie ich mir eine »Internationale Wettbewerb-Ausstellung für Archi-
tektur, Kunst und Kunst-Gewerbe modernen Stiles« denke, will ich ver-
suchen in grossen Umrissen nachstehend gleichsam schematisch zu skizziren:
Die auszustellenden Gegenstände zerfallen in drei grosse Haupt-Gruppen:

A. Hohe Kunst: Malerei, Plastik, Radirungen, Farbenholzschnitte etc.

B. Angewandte Kunst: Holz-Architektur, Kunst-Verglasungen, Möbel,
Tapeten, Teppiche, Beleuchtungs-Körper, Kamine und Heizungs-
Verkleidungen, gemalte, stuckirte und Holz-Plafonds etc., ferner an
Kleinkunst: Uhren, Lampen, Schreibzeug, keramische Erzeugnisse etc.

Diese Gegenstände werden ausgestellt in

C. Modernen Architektur-Bauten: Repräsentations-Räumen, Herr-
schafts-u. Land-Häusern, Ateliers, Theater, Pavillons, Restaurants etc.

Eine Sonder-Ausstellung jeder dieser drei Abtheilungen ist also von vorn-
herein ausgeschlossen, vielmehr sollen diese drei gemeinschaftlich marschiren
und ausschliesslich in der Anwejidung, resp. in der praktischen Vorführung
an Ort und Stelle ihr Bestes in Bezug auf Kunst, Material und Technik zeigen.

Um dieses zu ermöglichen, errichtet jede der betheiligten Nationen ihre
eigenen modernen Gebäulichkeiten in der verschiedensten Grösse und Art,
wie unter C aufgeführt, und sorgt für deren mustergiltige Ausstattung und
Einrichtung mit ihren eigenen Kunst-Werken und Industrie-Objekten.

Die Industrie-Erzeugnisse sämmtlicher Nationen werden, nach Branchen
geordnet, in hierzu eigens und zweckmässig ausgestatteten Räumen, nochmals
kollektiv vorgeführt, so z. B. in einer Abtheilung die mustergiltigsten Tapeten-
Erzeugnisse von Deutschland, Frankreich, England, Oesterreich, Italien,
Amerika, Japan etc. In gleicher Weise geschieht dieses mit den übrigen
unter B aufgeführten Industriezweigen des Kunst-Gewerbes. Durch diese
Methode wäre es somit ermöglicht, dass man die Erzeugnisse einerseits in
künstlerisch und lebendig durchgebildeter Umgebung in ihrer Anwendung
sehen und gleichzeitig in anderen Räumen, zu Fach - Gruppen vereinigt,
eingehender in den technischen Details und den verschiedensten Farb-
stellungen studiren könnte.

Es liegt auf der Hand, dass eine nach solchen Prinzipien gegliederte
Ausstellung allen Fachleuten all der vielverzweigten Gebiete des Kunst-
gewerbes, der Bauthätigkeit etc. einen ungleich grösseren Nutzen gewähr-
leisten muss, als die nach immerhin veralteten Grundsätzen arrangirten, mit
ablenkendem Beiwerk überladenen und obendrein, wie wir sahen, noch
sehr unvollständigen Ausstellungen, die man bisher inszenirt hat.

Darüber ist kein Zweifel: unser Ausstellungswesen hat das Vertrauen
der Künstler und der Gewerbetreibenden in gleicher Weise eingebüsst und
nur durchgreifende Reformen können ihm wieder seine Bedeutung zurück-
erobern! Unsere Ausführungen sind keine Theorien vom »grünen Tisch«,
sie sind das Resultat langjähriger Erfahrungen, sorgfältiger Beobachtungen,
zugleich in Uebereinstimmung mit bewährten Kennern und erfahrenen
Industriellen t Jetzt, nachdem die Pariser und Dresdener Ausstellung uns noch
viele Mängel aufgedeckt, scheint uns der entscheidende Zeitpunkt gekommen
zu sein, um die Diskussion über das hochwichtige Thema einer wünschens-
werthen Reform im Ausstellungswesen zu eröffnen. Möge es unserem Vater-
lande, möge es vornehmlich der Reichs-Hauptstadt vergönnt sein, die That
folgen zu lassen: »Die Kunst und Kunstgewerbe-Ausstellung der Zukunft«."

Gerade die Dresdener Bau-Ausstellung hat wieder Veranlassung gegeben
zu entschiedener Hervorhebung des reformatorischen Prinzips im Aus-
stellungs-Wesen. Auch hier sind wieder bedenkliche Missgriffe vorgekommen,
denn als einen solchen muss man es doch bezeichnen, wenn die Prämiirung
erst am Schlüsse vorgenommen wird. Diese müsste vielmehr während des
ersten Drittels der Ausstellungs-Dauer stattfinden, damit die Besucher und
namentlich die Fachleute unter diesen, sich ein Urtheil über die Preis-
Ertheilung bilden können. Ausserdem ist es doch etwas eigenthümlich,
wenn die Presse das Ergebniss der Preis-Vertheilung längst publizirt, während
die Ausgezeichneten selbst noch keinerlei Mittheilung erhalten haben! —
 
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