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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Osborn, Max: Deutsches Kunst-Gewerbe auf der Welt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0123

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ZEITSCHRIFT
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C/UP-RePlC,IRT

PARSIT5) DT-

XL Jahrg. 1900.

Darmstadt.

Juni-Heft.

Deutsches Kunst-Gewerbe auf per Velt-Ausstellung.

Wenn ich es versuche, heute schon dies Thema in einem
kurzen Ueberblick zu behandeln, so muss ich dabei
auf die Erörterung der zweifellos wichtigsten und interessan-
testen Frage, die es mit sich bringt, zu meinem Bedauern
Verzicht leisten. Diese Frage würde lauten: wie besteht
Deutschlands Kunst und Kunstgewerbe auf dem grossen
Pariser Völker - Rendezvous • im internationalen Wettstreit?
Aber man betrachte freundlichst das Datum unter diesen
Zeilen! Am i. Mai, einen halben Monat nach der pompös-
feierlichen »Eröffnung« der Weltausstellung, bildete der grösste
Theil ihrer Gebäude immer noch ein ungeheures Magazin von
Brettern, Balken, Nägeln, Kisten und Gerümpel aller Art.
De Amerikaner waren mit Auspacken beschäftigt. Die Eng-
länder und Belgier waren noch nicht einmal so weit vorge-
drungen. Von den verehrten Gastgebern, den Franzosen
selbst, war, was das moderne Kunstgewerbe anlangt, schlechter-
dings nichts zu sehen. Die Spanier und Italiener, die Schweizer
und Ungarn, die Russen und Japaner waren auf der Invaliden-
Esplanade, wo die Gruppe XII »Decoration et mobilier« ein-
quartirt ist, eifrig und fleissig bei der Arbeit. Einzig die
skandinavischen Völker waren schon ein wenig weiter vor-
gerückt. Aber man hatte in dem babylonischen Gewirr, das
allenthalben herrschte, so viel Sorge für Leib und Leben
aufzuwenden, dass zum kritischen Betrachten und Abwägen
der etwa zum Vorschein gekommenen Einzelheiten weder
Zeit noch Kraft übrig blieb.

Die Deutschen und die Oesterreicher, das sei zu ihrem
Ruhme gesagt, sind am weitesten vorgeschritten und werden
ohne Frage die ersten sein, die sich für »fertig« erklären
können. Die ausserordentlichen Anstrengungen der betheiligten
Künstler und Firmen und die unablässige Arbeitslust der
Generalkommissariate haben dies erfreuliche Resultat gezeitigt.

Zumal die leitenden Architekten haben ihr Theil daran: bei
den Deutschen Prof. Karl Hof facker, der neben dem
Reichskommissar Dr. Richter und dem Geheimerath Lewald,
bei den Oesterreichern Baurath Ludwig Baumann, der
neben Dr. Exner seinen Platz hat. Freilich: auch hier ist
noch nicht alles zur Stelle, oder aufgebaut, und darum kann
der Bericht selbst in dieser Begrenzung nur ein fragmen-
tarischer sein, der eventuell später in manchen Punkten we-
sentlich ergänzt und modifizirt werden muss. —

Eins scheint mir jedoch, soweit man sich bis jetzt ein
Urtheil erlauben darf, aus der deutschen kunstgewerblichen
Abtheilung klar hervorzugehen: der Sieg Süd-Deutschlands
über den Norden. Von den Räumen der »Dresdener Werk-
stätten für Handwerkskunst«, die Karl Gross entworfen hat,
ist freilich noch nichts zu sehen. Auch Berlin steht vorläufig
noch zu sehr zurück, als dass ein endgiltiges Wort berechtigt
wäre. Niemand weiss zu sagen, wann die Besucher in der
Lage sein werden, den mächtigen Saal Melchior Lechters
zu bewundern, den H. Pallenberg (Köln) ausstellt, und der
nach den Skizzen ein Werk von seltener Schönheit zu werden
verspricht. Der einzige grössere Raum, der ausserdem der
Reichshauptstadt seine Entstehung verdankt: ein Kabinet in
Florida-Cedernholz, das Hoffacker entworfen, ist leider noch
nicht fertig; die Ausführung hat hier die Kunsttischlerei von
G. Olm übernommen, die Möbel stammen von Julius
Zwiener; der Ciseleur Rohloff, die vereinigten Smyrna-
Teppichfabriken, die Kunst-Handarbeitsschule des
Lette-Vereins und andere Berliner Künstler und Unter-
nehmer werden daran betheiligt sein. Doch, wie gesagt, es
erheben sich eben erst die Wände. Daneben hat nur noch
Max Bodenheim zwei allerdings kostbare Nischen einge-
richtet, zu denen H. Werle die Entwürfe lieferte: er hat darin

1900. VI L
 
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