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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Berlepsch-Valendas, Hans E. von: Villa Solskin bei Grosshesselohe (München)
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0081

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XL Jahrg. 1900.

Darmstadt.

April-Heft.

VlLlÄ SOLSKjN BEI GROSSriESS E LOH E (MÜNCHEN).

5tetige Steigerung der Wohnungsmiethen, zunehmende
Verschlechterung der Luft durch die Vermehrung jener
himmelaufragenden Nadeln, aus denen in förmlich
körperhaften Russ-Wolken herausgewirbelt wird, was die
Atmosphäre verpestet und allem, was »Respirations-Organ«
heisst, todtfeind ist, endlich auch die allmählich sich voll-
ziehende Verbauung all der Gärten, an denen München noch
vor zwei und drei Dezennien ausserordentlich reich war —
Ersatz dafür wird vorerst nicht geschaffen durch Anlage
baumbestandener, windgeschützter Plätze —, all das hat in
München wie in allen rasch emporgewachsenen Grossstädten
den Anstoss zu einer Verschiebung der Wohnungs-Verhält-
nisse insofern gegeben, als sich in weitem Umkreise allmählich
Villen-Kolonien von heute z. Th. bereits beträchtlichem Um-
fange gebildet haben. Der Unbequemlichkeiten der Mieths-
wohnungen und der überall so ziemlich sich gleichbleibenden
Liebenswürdigkeit und Zuvorkommenheit der Hausbesitzer
satt, hat unter der städtischen Bevölkerung eine starke Aus-
wanderung begonnen. Das Bedürfniss nach dem Bewusstsein,
eigener Herr unter eigenem Dache zu sein, hat in weiten
Kreisen kräftig Wurzel geschlagen und wenn man geeigneten
Ortes dem »Vorort-Verkehr« die nöthige Entwickelung ange-
deihen Hesse, die jetzt Schritt für Schritt erst durch zwingende
Verhältnisse in möglichst langsamem Tempo erobert werden
muss, wenn ausserdem die geradezu unglaublichen Preis-
steigerungen etwa erschliessbarer Terrains in etwas gemässig-
teren Bahnen sich bewegen werden, so dürfte diese centri-
fugale Bewegung nicht ohne Einfluss auf das städtische
Bauspekulantenthum bleiben und ihm in mancher Hinsicht
gewisse Grenzen setzen. Ob, was die Bautechnik selbst
betrifft, dadurch ein Umschlag nach der besseren Seite hin
bewirkt wird ? — Vorerst wird in der Stadt wie in den Villen-
Kolonien durchschnittlich gleich---gut gebaut. Ausnahmen

gibt es natürlich auch hier, aber es sind wirkliche Ausnahmen.
Villen z. B., die bei einer rasch sinkenden Temperatur, wie
sie der heurige Winter mit sich brachte, einfach nicht warm
zu bringen sind trotz aller (freilich meist sehr schlecht funktio-
nirender) Oefen, gibts verschiedene. Doch — vom Kon-
struktiven und für den gewöhnlichsten Komfort Nothwendigen
sei weiter nicht die Rede. In München fängt man, in breiteren
Schichten wenigstens, überhaupt erst an, zu verstehen, was
Komfort ist. Und was für Begriffe sind das noch!

Reden wir einmal aufrichtig von der künstlerischen
Erscheinung solcher Villenbauten.

Wo die Bausummen sich in Grenzen bewegen, die an und
für sich nur gerade das Nothwendigste erlauben, was ein
»Häuschen-Bau« an Erfordernissen mit sich bringt, ist natürlich
von ästhetischen Anwandlungen seitens der meisten Bau-
meister nicht viel zu bemerken, wohl meistens, weil ihnen
der Sinn hierfür überhaupt mangelt und sie in vier Mauern,
die mit einem Dache überdeckt sind, keinerlei Anregung
sehen, selbst dem Einfachsten einen gewissen künstlerischen
Stempel zu geben. Diese Sorte von »Villen«, die im Dutzend
entstehen, bieten in- wie auswendig zumeist die gleiche Arbeit.
Dann kommt die etwas »höhere Klasse«, bei der hin und
wieder ein Erker, ein vorgelegtes Treppenhaus, Variationen
in den Fenster-Anlagen oder gar eine hübsche Dach-Silhouette,
bei der die Kamine nicht allzu stiefmütterlich behandelt sind,
Zeugniss dafür ablegten, dass hier ein künstlerischen Anwand-
lungen nicht gerade feindselig gegenüberstehender Bauherr
und Baumeister gewirkt haben. Und geht man abermals
einen oder einige Schritte weiter, betrachtet man die Anlagen,
die eine gewisse Wohlhabenheit verrathen, so trifft man hin
und wieder auch auf ganz hübsche Erscheinungen. Indess
verrathen gerade diese Anlagen am allermeisten, dass die
Bauherrn allzusehr an die kurzen Gesichtsdistanzen der Stadt

1900. IV. 1.
 
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