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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 11.1900

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Graevèll, A.: Dekorationen auf der Dresdener Bau-Ausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.6712#0204

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Seite 154.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für Innen-Dekoration.

Oktober-Heft.

Deutsche Bau-Ausstellung, Dresden 1900. Römisches Kastell.

Aus der »Römisch-germanischen Grenz-Ansiedelung« im Vergnügungs - Eck im Kgl. Grossen Garten.

noch das Störende des grossen freien Platzes in der Mitte
hinzu, der recht ärmlich nackt und kahl aussieht. Eine alt-
germanische Ansiedelung stellt man sich doch mitten hinein-
gebaut in die mächtigen Eichenwälder oder auf die abfallende
Matte einer ins Thal vorspringenden Felszunge vor. Und wer
es weiss, wie schon der alte Heidenglaube der Germanen die
Nähe hoher Bäume am Hause wünschenswerth machte, der
wird den gänzlichen Mangel natürlicher Dekorationsmittel
gerade an dieser Stelle besonders störend empfinden. Dieser
Mangel macht sich auch bei den übrigen Theilen des Ver-
gnügungsecks bemerkbar, mit Ausnahme der Terrasse des
»Reichsbaues«, die recht stimmungsvoll in das landschaftliche
Bild hineingebaut erscheint. Ja, bei der chinesischen An-
siedelung wirkt der Hintergrund des Eichenwaldes des Kgl.
Grossen Gartens geradezu befremdend — man vermag die
ernsten deutschen Eichen mit den farbenfreudigen Bauten
der Söhne des Himmels nicht in Einklang zu bringen. Das
sind dekorative Schnitzer, die ein Maler nicht verbrochen
haben würde. Dem Architekten, der es von seinem Berufe
gewöhnt ist, in seinen »Thaten« wenig gewürdigt zu werden,
liegt bei einer Ausstellung vor Allem seine Schöpfung am
Herzen, deshalb stellt er sie gern in den Vordergrund und
beachtet die Umgebung und Staffage als nebensächlich. Die
»dekorative« Kunst muss aber den Gesammt-Eindruck im
Auge behalten und darf nicht dulden, dass sich das eine
Dekorationsmittel auf Kosten des anderen vordränge.

Durch die unvermittelte Nebeneinanderstellung leidet
besonders die Wirkung der Baulichkeiten auf der Westseite,

der vom Architekten Pietzsch, Loschwiz, entworfenen und
ausgeführten Pavillons der Berg-Industrie, der Kunst und der
Schifffahrt. Die in dieser Reihenfolge liegende feine Symbolik
kommt dadurch gar nicht zum Ausdruck. Der Künstler hat
ja diesem Mangel abzuhelfen gesucht, indem er als Ueber-
gang von der Berg-Industrie zur Kunst zwei Miniatur-Dampf-
schlöte und als Zwischenglied zwischen diese und die Schiff-
fahrt zwei verkleinerte Leuchtthürme einfügte. Aber damit
wird der dekorative faux pas nicht beschönigt; nur eine
sinnige Gruppirung mit landschaftlichen Effekten konnte den
Zusammenhang der drei Schöpfungen symbolisiren.

Das Schifffahr ts-Gebäude gehört mit zu dem Besten, was
die Ausstellung an dekorativer Ausstattung bietet. Es bringt
den Gedanken zum Ausdruck, dass an der holländischen
Küste ein Schiff festgefahren ist; um dessen Rumpf bilden
Steine, Muscheln, Seegewächse etc. ein buntes Durcheinander.
Aus dem Schiffskörper ragen die geborstenen Masten mit
den Resten der Raaen, Segel und Wimpel hervor. Nur der
Hauptmast steht noch; beiderseits schlagen mächtige Meeres-
wogen an den Bug der schlanken Galeone, denselben hoch
aus den Fluthen emporhebend, während diese unterhalb des
Schiffskörpers grosse Höhlen ausgewaschen haben, in denen
—- ein fideles Wein - Restaurant etablirt ist. Die prächtige
Tönung der drei Höhlen in grün, blau und gelb, von der
sich das saftige Roth der Korallengebilde kräftig abhebt, die
magische Beleuchtung, am Tage durch Riesen-Muscheln ein-
gestrahlt, Abends durch die glühenden Augen von allerhand
phantastischem Seegethier hervorgebracht; dazu das von zwei
 
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