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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Kunst als Mehrerin der Lebens-Freude
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0124

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INNEN-DEKORATION

KUNST ALS MEHRERIN DER LEBENS-FREUDE

Die Kunst vermag in einem unabsehbaren Maße die
Freudigkeit zu vermehren. Nicht jene lär-
mende Lust, die mehr eine Selbstbetäubung als ein leben-
diger Lebensausfluß ist, sondern jene Freudigkeit, die wirk-
lich im Tiefsten voll von Lebenskraft, vollGesundheit,
Echtheit und Natürlichkeit ist. Wo ein Mensch den
Kunstsinn in sich weckt und die Kunst als stetige Begleiterin
in sein Haus ladet, da wird die Freudigkeit zuverlässig,
ausdauernd und treu. Wir haben heute wieder eine Kunst,
die es sich angelegen sein läßt, wirklich ins Leben einzu-
dringen, das einzelne Heim auszuschmücken und Licht
hineinzutragen. Für töricht möchte man jeden erklären,
der diesen wahren Jugendquell nicht zu sich hinleitet, der
immer aufs neue erfrischt und aufrichtet. Wo immer es
mir vergönnt war, ein Haus oder auch nur eine bescheidene
Etagenwohnung zu betreten, worin die Kunst sich hatte
heimisch machen dürfen, da schlug mir sogleich, wie eine
helle Welle, dieser Geist einer besonderen Freudigkeit
entgegen. Die Harmonie einer künstlerisch abge-
stimmten Umgebung geht irgendwie auf die darin befind-
lichen Menschen über, teilt sich ihnen mit und erzeugt
auch in ihnen, je nach dem Grade ihrer Empfänglichkeit,
Harmonie. So darf man sagen, daß von der Kunst aus
direkt Lebensglück in die Menschen überströmt. Und

ich rede hier nicht einmal von »großer« Kunst. Nein,
geflissentlich gerade von der kleinen und allerkleinsten —
von der auch das bescheidenste Gemüt zu kosten vermag,
an der auch ein trüber, ja verfinsterter Sinn teilnehmen
kann. Wieviel bedeutet schon ein nach künstlerisch rich-
tigen Maßverhältnissen angelegter, mit voller freier Licht-
zufuhr ausgestatteter Wohnraum. Der darin Weilende
braucht sich gar nicht dessen bewußt zu sein, daß in einem
ganz einfachen, genau berechneten Linienspiel, in einer
schonenden und gefälligen Abstufung der Massen und
der Maße, in einer milden und wohltuenden Abgestimmt-
heit der Farben jener stille Zauber beruht, der auf seine
Nerven und Sinne beruhigend übergeht. Es genügt, daß
er ganz unbewußt diese besänftigende Macht empfinde,
und schon wird sein Glücksgefühl vermehrt sein. Sieht
er nun gar ziervolles blankes Geschirr, angenehm ge-
spreitete Tischdecken, liebevoll angeordnete Blumen, ge-
schmacksicher verteilte kleine Kunstwerke um sich her
und empfindet dabei das Wohlgefühl in seinem ganzen
Körper, das von den lässig sich anschmiegenden Formen
eines edel gebauten Sitzmöbels herrührt, so empfängt er
die Segnungen einer künstlerischen Kultur ganz unmittel-
bar als physisches Wohlbehagen, dessen er ruhevoll sich
erfreuen mag. — Aber, von diesen ganz primitiven und
 
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