VON DER LEBENS-ART IM KUNSTGEWERBE
ZU DEN ARBEITEN VON ERNST WEINSCHENK —ZEHLENDORF
Kunstgewerbe kann etwas sehr Schlimmes sein. Man
braucht dabei garnicht an jene Torheiten und Über-
flüssigkeiten der unfruchtbaren Stilperioden zu denken.
Die Zeiten, da das Kunstgewerbe eine Art übertünchter
Qualitätslosigkeit war, sind überwunden worden. Da-
mals war Kunstgewerbe identisch mit Ornament; längst
lernte man, daß das Ornament als »Zutat« eine Barbarei
sei. Mit dieser kunstgewerblichen Lüge sich jetzt noch
herumzuschlagen, wäre Zeitvergeudung; darum, wenn
man heute von einem argen Kunstgewerbe spricht, so
meint man ganz etwas anderes: man meint, eine gewisse
Art der spielerischen Artistik, des parfümierten Snobis-
mus und der ästhetischen Überreizung. Man meint das
Wichtigtun von kleinen Geistern, die mit dem sogenannten
guten Geschmack die Welträtsel glauben lösen zu können.
Diese neue Unart des Kunstgewerbes, die zuweilen und
für einige Stunden den Reizen (wie das gewandte Feuille-
ton pointiert) lasterhafter Orchideen nahekommt, lodert
hier und da noch ungestört, aber störend. Sie verschul-
det, daß ernsthafte Männer schon vor dem bloßen Begriff
des Kunstgewerbes, schon vor dieser Vokabel (die in
der Tat reichlich blöd ist) Reißaus nehmen. Wie das
eben erst Meier-Gräfe durch einen Vortrag, den er im
Salon Cassirer hielt, getan hat: der Entwicklungs-
historiker der neuen Kunst fällt in radikale Krämpfe,
wenn er Kunstgewerbe nur zu riechen bekommt.
Er meint dabei, freilich ohne es klar zu sagen,
vielleicht sogar ohne sich selber darüber ganz klar zu
ZU DEN ARBEITEN VON ERNST WEINSCHENK —ZEHLENDORF
Kunstgewerbe kann etwas sehr Schlimmes sein. Man
braucht dabei garnicht an jene Torheiten und Über-
flüssigkeiten der unfruchtbaren Stilperioden zu denken.
Die Zeiten, da das Kunstgewerbe eine Art übertünchter
Qualitätslosigkeit war, sind überwunden worden. Da-
mals war Kunstgewerbe identisch mit Ornament; längst
lernte man, daß das Ornament als »Zutat« eine Barbarei
sei. Mit dieser kunstgewerblichen Lüge sich jetzt noch
herumzuschlagen, wäre Zeitvergeudung; darum, wenn
man heute von einem argen Kunstgewerbe spricht, so
meint man ganz etwas anderes: man meint, eine gewisse
Art der spielerischen Artistik, des parfümierten Snobis-
mus und der ästhetischen Überreizung. Man meint das
Wichtigtun von kleinen Geistern, die mit dem sogenannten
guten Geschmack die Welträtsel glauben lösen zu können.
Diese neue Unart des Kunstgewerbes, die zuweilen und
für einige Stunden den Reizen (wie das gewandte Feuille-
ton pointiert) lasterhafter Orchideen nahekommt, lodert
hier und da noch ungestört, aber störend. Sie verschul-
det, daß ernsthafte Männer schon vor dem bloßen Begriff
des Kunstgewerbes, schon vor dieser Vokabel (die in
der Tat reichlich blöd ist) Reißaus nehmen. Wie das
eben erst Meier-Gräfe durch einen Vortrag, den er im
Salon Cassirer hielt, getan hat: der Entwicklungs-
historiker der neuen Kunst fällt in radikale Krämpfe,
wenn er Kunstgewerbe nur zu riechen bekommt.
Er meint dabei, freilich ohne es klar zu sagen,
vielleicht sogar ohne sich selber darüber ganz klar zu