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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Jaumann, Anton: Möbel und Räume von Eduard Pfeiffer
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0482

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452

INNEN-DEKORATION

ARCHITEKT EDUARD PFEIFFER —BERLIN.

KREDENZ IM NEBENSTEH. SPEISEZIMMER

MÖBEL UND RÄUME VON EDUARD PFEIFFER

Der junge Pfeiffer erscheint mir wie der Erbe einer
vielhundertjährigen Firma, der in einer unruhigen
Zeit ans Ruder gekommen ist. Alle Geschäfte ringsum
werden neu organisiert und modernisiert, namentlich wenn
ein vom amerikanischen Geist angesteckter Chef eintritt.
Man will doch nicht hinter der Zeit zurückbleiben. Da
blicken nun die alten Handwerker der Firma, die mit
zum verräucherten Inventar zugehören scheinen, besorgt
auf den jungen Erben, ob er sie wohl auch aus den wohl
etwas unmodernen Werkstatträumen heraussetzen wird,
oder ob sie vielleicht auf ihre alten Tage noch umlernen
müssen, um sich die neuen »leistungsfähigeren« Methoden
anzueignen. Aber siehe, der »Junge« ist kein Unmensch.
Er fühlt sich ganz als Erbe und Verwalter eines in hun-
dertjährigem Fleiß gesammelten Besitzes. Er erkennt,
daß ein Umsturz hier gleichbedeutend mit Zerstörung
wäre, und daß unter den Umständen seine schönste Auf-
gabe die Pflege und Ausgestaltung überkommener Werte
ist, deren letzte Reiser in einer so rücksichtslosen Zeit
dreifach teuer sind. So steht der »junge Erbe« nun als
Führer und Anwalt alter Handwerker und alter Künste
da, und im Kampf für bedrohte Werte geht er wie
jeder Kämpfer bis zur Einseitigkeit. Der Jugendliche
verteidigt die Alten. Wie seltsam in unsrer Zeit, wo die
meisten in pietätlosem Niederreißen sich rasche Lorbeern

zu erringen hoffen. Trotzdem ficht auch er für die Gegen-
wart, die arm wäre, leer und schal ohne die Resonanz
halbverwitterter Kulturen. Er läßt die alte Firma nicht
sklavisch dieselben Muster weiter arbeiten, aber er wahrt
treu den Geist als etwas heute Einziges und Un-
ersetzliches. Er läßt ihn in neuem Boden fruchtbar
werden, und zeigt, was an ihm unvergänglich ist.

Ist dieser Geist uns fremd geworden? Unser Leben,
unser Denken und Fühlen haben sich ja erheblich ge-
wandelt. Am meisten die Äußerlichkeiten, die zur tech-
nischen Kultur gehören. Die Maschine herrscht, die
Technik formt das Leben um. Der Verkehr ist voll-
kommen erneuert durch Dampf, Auto und Elektrizität,
der Austausch von Nachrichten ist rapide, die Presse ist
mit unserm Denken bereits eng verwachsen. Das Stadt-
leben von heute ist von dem vor hundert Jahren grund-
verschieden, das Büro, die Maschine, das Geschäft, diese
drei erfüllen alles Interesse, jede andere menschliche Be-
tätigung ist in den Hintergrund gedrängt.

Aber nicht vollständig unterdrückt. Die menschliche
Natur, die sich in Jahrmillionen so entwickelt hat wie sie
ist, kann nicht kurzerhand umgekrempelt werden. Unser
Körper bleibt doch derselbe wie der unsrer Ahnen, unsere
Sinnesempfindungen, unsere Gefühle haben, von geringen
Schwankungen abgesehen, immer noch die gleiche Farbe
 
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