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INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT ADOLF O. HOLUB IN WIEN FOYER DES RESTAURANTS »KARNTNERHOF«
DIE ERZIEHUNG ZUM KUNSTGEWERBLER
VON DR. G. E. LUTHGEN-COLN
Uberblickt man das in den Schülerarbeiten vorliegende
Ergebniskunstgewerblichen Unterrichts, so fällt
eines fast allgemein auf: das Ziel ist zu hoch gesteckt,
im Geistigen, im Künstlerischen. Es werden zu viele
Dinge geschaffen, die über das Kunstgewerbe hinaus auf
die hohe Kunst drängen. Die Grenzen sind nicht einge-
halten. Dieser Grenzverschleierung und -Verschiebung
ist im wesentlichen die Schuld beizumessen an der herr-
schenden Unzulänglichkeit kunstgewerblicher Erziehung.
Es verlohnt sich, auf die Gründe und Ursachen näher
einzugehen. Soll ein bestimmter Zweck der Erziehung
erreicht werden, so kann es nur geschehen, wenn er nicht
im Widerspruch steht zu der Begabung des zu Erziehen-
den und zu der Möglichkeit, Erlernbares zu übermitteln.
Gegen beides pflegen Kunstgewerbeschulen zu verstoßen.
Abgesehen von einigen künstlerisch hochstehenden An-
stalten haben die Kunstgewerbeschulen zumeist Schüler,
die zur Kunst kein notwendiges inneres Verhältnis haben.
Man wird nicht fehl gehen in der Annahme, daß die
meisten Schüler das Streben haben, nur die Fähigkeit zu
erwerben, geschmackvolle Dinge zu schaffen, die einen
Verkaufswert haben. — Das Ziel steckt durchaus
im Kunstgewerblichen. Die Kunstgewerbeschule
kann daher nur die Aufgabe haben, kunstgewerb-
liche Fähigkeiten auszubilden. — Seit Jahren glaubt
man, man könne ein nahes Ziel mit Sicherheit erreichen,
wenn man ein ferneres anstrebe. Das Ergebnis ist,
daß man keines von beiden erreicht. Man schult Auge
und Geschmackssinn des Schülers dadurch, daß man
ihn mitten in die Kunst hineinstellt: er soll
zunächst malen lernen, Landschaften, so wie er sie
sieht, wie sie ihm scheinen, auch soll er das natürliche
Landschaftsbild in eine bestimmte Gesetzmäßigkeit der
Formen zu bringen vermögen; er soll den menschlichen
Körper darstellen auf der Fläche, in Ton oder Metall;
und von dem natürlichen Reichtum soll er absehen lernen
und nur das der Technik und dem Zweck Wesentliche
darstellen. Um das Gefühl zu erringen, was im Kunst-
gewerbe Stil sei, was durch bestimmte Formen eines be-
stimmten Stoffes darstellbar sei, wird der Schüler un-
mittelbar vor die schwersten Fragen der Kunst gestellt:
vor die künstlerische Wiedergabe des Wirklichen. —
Dadurch wird ein Doppeltes erreicht. Der Maßstab, mit
dem Werke der Kunst gemessen zu werden pflegen, wird
kleinlich verzerrt. Denn was in diesen vorbereitenden
Klassen an Landschaften gemalt und gezeichnet, an Bild-
INNEN-DEKORATION
ARCHITEKT ADOLF O. HOLUB IN WIEN FOYER DES RESTAURANTS »KARNTNERHOF«
DIE ERZIEHUNG ZUM KUNSTGEWERBLER
VON DR. G. E. LUTHGEN-COLN
Uberblickt man das in den Schülerarbeiten vorliegende
Ergebniskunstgewerblichen Unterrichts, so fällt
eines fast allgemein auf: das Ziel ist zu hoch gesteckt,
im Geistigen, im Künstlerischen. Es werden zu viele
Dinge geschaffen, die über das Kunstgewerbe hinaus auf
die hohe Kunst drängen. Die Grenzen sind nicht einge-
halten. Dieser Grenzverschleierung und -Verschiebung
ist im wesentlichen die Schuld beizumessen an der herr-
schenden Unzulänglichkeit kunstgewerblicher Erziehung.
Es verlohnt sich, auf die Gründe und Ursachen näher
einzugehen. Soll ein bestimmter Zweck der Erziehung
erreicht werden, so kann es nur geschehen, wenn er nicht
im Widerspruch steht zu der Begabung des zu Erziehen-
den und zu der Möglichkeit, Erlernbares zu übermitteln.
Gegen beides pflegen Kunstgewerbeschulen zu verstoßen.
Abgesehen von einigen künstlerisch hochstehenden An-
stalten haben die Kunstgewerbeschulen zumeist Schüler,
die zur Kunst kein notwendiges inneres Verhältnis haben.
Man wird nicht fehl gehen in der Annahme, daß die
meisten Schüler das Streben haben, nur die Fähigkeit zu
erwerben, geschmackvolle Dinge zu schaffen, die einen
Verkaufswert haben. — Das Ziel steckt durchaus
im Kunstgewerblichen. Die Kunstgewerbeschule
kann daher nur die Aufgabe haben, kunstgewerb-
liche Fähigkeiten auszubilden. — Seit Jahren glaubt
man, man könne ein nahes Ziel mit Sicherheit erreichen,
wenn man ein ferneres anstrebe. Das Ergebnis ist,
daß man keines von beiden erreicht. Man schult Auge
und Geschmackssinn des Schülers dadurch, daß man
ihn mitten in die Kunst hineinstellt: er soll
zunächst malen lernen, Landschaften, so wie er sie
sieht, wie sie ihm scheinen, auch soll er das natürliche
Landschaftsbild in eine bestimmte Gesetzmäßigkeit der
Formen zu bringen vermögen; er soll den menschlichen
Körper darstellen auf der Fläche, in Ton oder Metall;
und von dem natürlichen Reichtum soll er absehen lernen
und nur das der Technik und dem Zweck Wesentliche
darstellen. Um das Gefühl zu erringen, was im Kunst-
gewerbe Stil sei, was durch bestimmte Formen eines be-
stimmten Stoffes darstellbar sei, wird der Schüler un-
mittelbar vor die schwersten Fragen der Kunst gestellt:
vor die künstlerische Wiedergabe des Wirklichen. —
Dadurch wird ein Doppeltes erreicht. Der Maßstab, mit
dem Werke der Kunst gemessen zu werden pflegen, wird
kleinlich verzerrt. Denn was in diesen vorbereitenden
Klassen an Landschaften gemalt und gezeichnet, an Bild-