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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Braungart, Richard: Über das Bild als Wandschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0235

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208

INNEN-DEKORATION

ÜBER DAS BILD ALS
WANDSCHMUCK

Ist es nicht sonderbar, daß
gerade über die selbstver-
ständlichsten Dinge am laute-
sten gestritten wird? Man
möchte meinen, gewisse Tat-
sachen stünden ganz von sel-
ber jenseits jeder Debatte und
könnten ernsthaft nicht ange-
zweifelt werden. Aber auf
dieser wunderlichsten aller
Welten ist nichts unmöglich,
und das Unwahrscheinlichste
hat die meiste Aussicht, reali-
siert zu werden. — So scheint
es wohl jedem vernünftig Den-
kenden selbstverständlich, daß
ein Bild dekorative Eignung
besitzen müsse. Denn wel-
chen anderen Zweck hätte
ein Stück schönbemalter und
schöngerahmter Leinwand als
den, der Wand und damit dem
ganzen Raum als Schmuck
zu dienen? Und daraus dürfte
folgen, daß der Künstler auf
diese Funktion des Bildes
Rücksicht nehmen muß, genau
so, wie er bei einem Fresko
sich den Räumen anpassen
wird, für die es gedacht ist.
Mit andern Worten: ein Bild,
dessen Bestimmung es ist, an
einer Zimmerwand zu hängen,
muß, wenn es diesen Zweck

MAX PECHSTEIN IN BERLIN. DEKORATIVES GEMÄLDE

erfüllen soll, auf die in norma-
len Zimmern üblichen Distan-
zen und auf seitliche Belich-
tung eingestellt sein. Im an-
dern Fall wird das Bild, das
im Oberlichtsaal einer Aus-
stellung gut gewirkt haben
mag, im Zimmer enttäuschen
oder vollständig versagen. —
Diese Forderungen sind von
den Malern aller Stilperioden
und Nationalitäten instinktiv er-
füllt worden. Erst der letzten
Gegenwart war es vorbehalten,
auf diesem Gebiete radikale,
wenn auch nicht immer glück-
liche Wandlungen herbeizu-
führen. Aber freilich: mögen
diese Neuerungen in der Theo-
rie noch so bestechend klingen
und mit noch so viel Gelehr-
samkeit begründet werden:
die Wirklichkeit führt alle
diese Extravaganzen ad ab-
surdum. Mit Bildern, zu denen
man nirgends, am wenigsten
in einem normalen Zimmer,
eine richtige Distanz gewinnen
kann und die dem Beschauer
nichts sagen oder nur Rätsel
aufgeben, ist der Bilderkäufer
und Kunstfreund in kurzer
Zeit fertig. Und er wird bald
wieder zu jener Kunst zurück-
kehren, die nicht ihren Stolz
darein setzt, die elementarsten
Gesetze der Malerei zu igno-
 
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