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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 25.1914

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Breuer, Robert: Die Architektonik des Holzes: zu den Arbeiten von Max Heidrich
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https://doi.org/10.11588/diglit.7708#0261

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234

INNEN-DEKORATION

ENTWURF: ARCH1T. MAX HEIDR1CH-PADERBORN WOHNHAUS M. HEIDRICH —PADERBORN. STRASSENFRONT

DIE ARCHITEKTONIK DES HOLZES

ZU DEN ARBEITEN VON MAX HEIDRICH

Die Tischler sagen mitunter, daß die Architekten dem
Handwerk mehr geschadet als genutzt hätten; weil
sie nämlich ohne eigentliche Kenntnis vom Holz den
Möbeln willkürlich erzeichnete Formen aufzwängen. Es
kann nun kaum bestritten werden, daß an solchem Vor-
wurf etwas Wahres ist; wenn auch alle modernen Archi-
tekten den großen Grundsätzen von der Sachlichkeit, der
technischen Vernunft und der Materialgerechtheit nach-
streben, so haben doch viele von ihnen mehr auf die
eigene, individuelle Linie als auf die Lebensbedingungen
des Holzes geachtet. Das ist verständlich und ist bis zu
einem gewissen Grade auch gut. Ein Stil kommt immer
nur dann, wenn das Formale die Herrschaft gewinnt und
alles, die Rohstoffe wie die Techniken, selbst die Be-
dürfnisse und die Ideale (wobei eine allgemeine Wechsel-
seitigkeit sich entwirkt), sich Untertan macht. Schließlich,
wozu gewann der Mensch die technische Macht, die
Stoffe nach seinem Willen zu zwingen! Wenn die inneren
Bilder des Architekten gesund und stark sind, so läßt
sich nicht einsehen, warum nicht der Mensch stärker sein
soll als das Holz, das Eisen oder die textile Faser. Im-
merhin, es sind da Grenzen gesetzt, Pole nach oben und
nach unten, über die hinauszugeraten verhängnisvoll ist.
Wobei bedacht sein will, daß diese Grenzungen des for-
malen Wollens durch das Zeitempfinden, durch Rasse

und Tradition geregelt werden: eine Steinbehandlung,
wie sie den Fassaden asiatischer, besonders indischer
Tempel zuteil wurde, erscheint uns materialwidrig; wir
sind heute der Meinung, daß die porzellanene Plastik
des Rokoko durchaus nicht dem Wesen des zur großen
spiegelnden Fläche berufenen Materials entspricht. Wer
aber würde so barbarisch sein, die barocke Schönheit
des Borobudor oder die köstliche Grazie der zerbrech-
lichsten aller Liebesspiele nicht gern zu genießen. Man
sieht also, daß es mit der Proklamierung des Material-
prinzipes noch lange nicht getan ist. Man kann dem
Künstler nicht das Recht verwehren, zu tun, was ihm
beliebt, zu dienen oder zu vergewaltigen, zu gehorchen
oder zu herrschen: er darf alles, wenn er nur dabei nie
des Taktes vergißt! Trotz alledem: es läßt sich schon
verstehen, daß die Tischler, die in das Holz verliebt sind,
den Architekten schelten, wenn er mehr auf sich als auf
die Figuren der Fasern und der Jahresringe achtet. Es
ist weder reaktionär noch unkünstlerisch, die Seele des
Holzes höher zu achten als die Individualität irgend eines
Menschen; es ist vielleicht nur logisch, die architekto-
nische Begabung des Holzes für zielsicherer zu halten
als das formale Wollen eines belanglosen Architekten.
Die Wahrheit bei diesem Streit des Architekten mit dem
Tischler wird wieder einmal in der Mitte liegen: sie
 
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