Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0081

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

KREIS ERBACH

Rade und Elisabeth mit einem Brote, die Häupter mit Kronen geschmückt auftreten.
Unterhalb der ersteren Heiligengruppe sieht man d"en Stifter Wiprich von Langenau
im Harnisch, begleitet von seinem Hauswappen und einem Spruchband, worauf die

Worte: ü fjeiliger engel fnt mirijeltf üitt bar niicf) armen fitnDer itjefnm

11110 mariam tlniglictjrn. — Zu Füssen der anderen Heiligengruppe knieen im
schlichten, langwallenden Zeitkostüm und mit Netzhauben geschmückt zwei Frauen
mit ihren Familienwappen an den Seiten, nebst Spruchbändern nachstehenden Inhalts:

o Ijeilige liratne fant CliifalQetlj öitt lutr inirfj arme cünöeryn itjefnm uiib
mariam etaiglirijen; d tj eilige jitnUralne fant liatljanna üitt Uur mirij arme
fünbern 11 iljefnm bntr mariam eltiiglirtjen. — Mag auch das Tafelwerk von
keinem Künstler ersten und höchsten Ranges geschaffen sein, so besitzt es gleich-
wohl in Auffassung und Durchführung manches Gute. Auch der Umstand ist von
kunstgeschichtlichem Werth, dass die durch Angabe der Entstehungszeit des Bildes
beglaubigten landschaftlichen Hintergründe, insbesondere derjenige auf der Haupt-
tafel, im Gegensatz zu den in der Malerei der Epoche noch vielfach üblichen
Goldgründen, einen namhaften Fortschritt in der Entwicklung der oberdeutschen
Malerschulen bekunden. — Ueber diesem Werke häno;t eine Krankeitheihmg' am

o o

Teich Bcthesda nach Johannes V, 2—8, eine befriedigende Leistung (Kopie?
Nachahmung?) venetianischer Oelmalerei Tizianischer Zeit.

Wandgrabmäler Einige Renaissance- Grabmäler Gräflicher Beamten-Familien vom Ende des

16. und dem Beginn des 17. Jahrhunderts, welche ursprünglich in der Friedhof-
kapelle standen und seit 1873 im St. Hubertus-Heiligthum Aufstellung gefunden
haben, sind beachtenswerth durch die Vereinigung von Architektur, Plastik und
Malerei zu einem charakteristischen Ganzen. Das Material der architektonischen
und plastischen Bestandteile ist entweder bunter Sandstein oder polychromes Holz-
werk. Den Hochwandflächen entlang; ruhen die Denkmäler bald auf ornamentirten
Konsolen, bald auf Genienköpfen. Ueber dem Inschriftensockel flankiren Säulen
die Hauptfelder, worin malerische Darstellungen sich ausbreiten, die von Giebel-
abschlüssen oder plastischen Medaillons mit der Auferstehung Christi in Relief
bekrönt sind. Die Hintergründe bestehen theils aus gemeisselten Draperieen, theils
aus gemalten Landschäften, worin die Portraitfiguren der Verstorbenen knieend
dargestellt sind, darunter zwei Frauengestalten in faltenreichen Gewändern und Rad-
kragen. Das alte Schloss Erbach ist auf diesen Gemälden wiederholt zur An-
schauung gebracht. In der Ausführung haben die Künstler ihr Möglichstes gethan,
ohne jedoch hohe Ziele zu erreichen. -- Unter den Glasgemälden, welche die beiden
Kapellenfenster füllen, befindet sich ein Tafelpaar aus Kloster Altenberg (s. o. S. 62)
mit Darstellungen des guten Hirten und der Vorhölle. Die Scheibe mit dem Tode des
h. Dominikus stammt aus Wimpfen und gehört zum Rittersaal-Cyklus (s. u. S. 74).

Rittersaal Der Rittersaal ist eine großräumige, die volle Breite des Schlossbaukörpers

einnehmende hohe Prachthalle, welche im Jahre 1803 durch Graf Franz I ihre
gegenwärtige Gestalt und stilisirte Ausstattung erhielt. Letztere gemahnt, namentlich
im Deckenschmuck, an die Formenfülle spätgothischer Stern- und Netzgewölbe.
Kein Zweifel, es fehlt dieser Auszier gar Manches, um vor der heutigen Stilkritik
bestehen zu können. Immerhin ist der Versuch einer Wiederbelebung gothischer
 
Annotationen