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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0241

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OBER-MOSSAU

2og

XIX. OBER-MOSSAU

FARRDORF, nordwestlich von Erbach gelegen, erscheint urkundlich
unter den Namensformen: Mosaha (i 253), Mossa (1267), Mosa und
Mosaw (1277), Mosahe (1290), Mosae (1324), Kirchmossawwe (1443),
Ober-Mossaue (1558), vom althochdeutschen mose, musa, mittelhoch-
deutsch muos, Sumpf, Moor. Der Ort liegt am Mosaubach, welcher im 9. Jahr-
hundert Mosaha hiess und die Westgrenze der Mark Michelstadt bezeichnete. Das
unfern davon gelegene Filialdorf Unter-Mossau, 1326 Nydern Mossauwe genannt,
wurde im Mittelalter nur selten von dem Hauptorte unterschieden; erst in neuerer
Zeit fand eine Trennung in die Gemeinden Ober- und Unter-Mossau statt.

Die Johanniter-Ritter besassen zu Ober-Mossau eine Kommende mit Ordens- Aligemeines
haus und Pfarrkirche. Das frühe Erscheinen des Ortes im Besitz des Hauses Erbach
berechtigt zu der Annahme, dass die Gründung der Kommende durch dieses
Dynastengeschlecht zur Zeit der Kreuzzüge geschehen sein mag. Urkundlich wird
die Stiftung zum ersten Male 1253 erwähnt, in welchem Jahre Erzbischof Gerhard I
von Mainz den Johannitern zu Mosaha ihre Ordensgüter bestätigt; 1329 tritt Helfrich
von Rüdigheim und 1333 Hermann von Queckborn als Komthur des Hauses zu
Mosaue auf. Später scheint die kurmainzische Lehensherrlichkeit über Mossau an
Kurpfalz gelangt zu sein. Die Pfarrei verblieb bei dem Ritterorden bis zur Refor-
mation, nach deren Einführung das Haus Erbach auf Grund des Passauer Vertrags
das- Recht der Besetzung mit evangelischen Geistlichen erhielt. In der Folge ging
die Pfarrei ein, wurde jedoch 1849 neu errichtet. Der von den Johannitern erbaute
Pfarrhof war schon 1557 ein Raub der Flammen geworden.

Die früheste Erwähnung der Tfarrkirche fällt in das Jahr 1290, auf welches Kirche
Zeitverhältniss noch einige Theile des jetzigen Gebäudes hinweisen. Die orientirte,
d. h. mit dem Chorhaupt gen Ost gerichtete Plananlage besteht aus einem, dem
Quadrat sich nähernden Langhaus mit zweigeschossigem Thurm und daranstossender
Sakristei. Der Chorraum liegt im unteren Thurmgeschoss und kündigt sich in den

frühgothischen Formen

als ältester Bautheil an, dessen Zeitstellung sehr wohl für

die zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zu beanspruchen ist. Ein Kreuzgewölbe
bedeckt die quadratische Halle. Die Wölbungsrippen haben feine Birnstab-Profili-
rungen und entwickeln sich aus trapezförmigen, an den Seiten geschmiegten Konsolen,
die an ihren Deckplatten von stilisirten Lilien überragt sind. Auf den Vorderflächen
zweier Konsolen sieht man Reliefbilder eines Stierhauptes und eines Kelches, welchem
rosettenförmige Blumen entspriessen. Die Flächen der beiden anderen Konsolen
sind leer. Als Wappenbilder werden diese Reliefs, wie es schon vorgekommen ist.
schwerlich zu erklären sein; dazu fehlen die heraldischen Bedingungen. Weit eher
scheint die Deutung als symbolische Zeichen für die Evangelisten Lukas und Johannes

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