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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0242

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2 IO

KREIS ERBACH

zulässig, denen gegenüber an den beiden folgenden Konsolen die Evangelisten-
Symbole für Matthäus und Markus unausgeführt geblieben sind. In seiner Eigen-
schaft als Evangelist hat Johannes in der Regel allerdings den symbolischen Adler
zur Seite; in Rücksicht auf sein Apostolat wird er aber auch mit dem Kelch dar-
gestellt. Diese Auffassung der Konsolenreliefs wird unterstützt durch die noch vor
kurzem in den Wölbekappen sichtbaren alten Wandgemälde von vier Cherubfiguren,
die seit der jüngsten Verschönerung, will sagen Schlimmbesserung des Heiligthums,
durch dicken blauen Weissbinder-Ueberzug leider von der Bildfläche verschwunden
sind. Im Gewölbescheitel schaut von der Rippendurchkreuzung ein plastisches
menschliches Lockenhaupt herab. Eine in das wuchtige Mauerwerk der Hochwand
gebrochene Sakramentsnische ist sammt dem schmiedeisernen Gitterverschluss gut
erhalten und zeigt als Bekrönung einen geschweiften Spitzbogen, sogen. Eselsrücken,
mit Ivleeblattpass im Giebel. Sein Licht erhält der Chorraum theils durch ein
nördliches frühgothisches Fensterpaar, theils durch ein südliches Fenster, welches
beim Umbau des Langhauses spätgothisch verändert wurde. —- Das obere Thurm-
geschoss hat bescheidene Höhenverhältnisse und dient als Glockenhaus, dessen
Schallöffnungen, wie die Glocken, modernen Ursprunges sind. Auch der anfänglich
stumpfe, dann schlank aufstrebende Schiefefhelm hat jüngst eine durchgreifende
Veränderung erfahren und gleichzeitig erhielt die ganze Aussenseite des Gebäudes
einen himmelblauen Anstrich mit feuerrother Umfassung der Thür- und Fenster-
gewände.

Sakristei Auf der Südseite des Chores führt eine schlichte Pforte mit Horizontalsturz

in die Sakristei, welche in ruinösem Zustand sich befindet und als Gerätheschuppen
dient. Vier Rundsäulen in den Ecken des quadratischen Raumes, mit geringen
Fragmenten des ohne Konsolenvermittelung ansetzenden Rippenwerkes, sind die ein-
zigen Ueberreste der verschwundenen gothischen Einwölbung,

Langhaus Ein Triumphbogen, mit leichter Abfasung an den Kanten und leerem Wappen-

schild im spitzbogigen Scheitel, verbindet den Chor mit dem zwei Stufen tiefer
gelegenen, erneuerten und flach eingedeckten Lcinghaiise., von dessen Umfassungs-
mauern nur die Nordwand und geringe Theile der Schmalseiten mit den vorer-
wähnten Bautheilen gleichaltrig sind. Die Südwand wurde i. J. 1501 behufs Ver-
breiterung des Innenraumes beträchtlich nach aussen gerückt, eine Veränderung,
welche die jetzige fast quadratische Gestalt des Langhauses sowie die nun nicht
mehr in der Axe des Gebäudes befindliche, sondern seitliche Stellung des Chores
erklärt. Die ehedem rechteckige Plananlage ist an den von Verputz frei gelassenen
Stellen der inneren Giebelseiten im Dachboden erkennbar geblieben, wo die unter-
schiedene Mauertechnik • sehr zu Gunsten des älteren Werkes spricht. — Das spitz-
bogige Westportal zeigt, seiner späten Zeitstellung entsprechend, eine Gliederung
von Hohlkehlen und Rundstäben, die aus kleinen Basamenten aufsteigen und im
Scheitel sich durchschneiden. Den Bogenschluss schmückt ein Wappenschild mit
dem Johanniterkreuz in Relief. Etwas reicher ist die Formgebung des Südportales,
woran die Hohlkehlengliederung sich wiederholt und die Verstabungen auf Spiral-
basamenten ruhen, wie solche der Spätgothik vorzugsweise eigen sind. Im Schluss-
stein steht die Jahrzahl [YOi (15°1)- — Je zwei Spitzbogenfenster in den Lang-
 
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