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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0156

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KREIS ERBACH

XI. HESSELBACH

FARRDORF, südöstlich von Erbach, ehedem zur kurmainzischen Cent
Mudau gehörig, wurde früher Heselbuch (1359) und Heselbach (1443
und 1446) genannt. Das Haus Erbach besass von dem Pfälzischen
Hause die Hälfte des Dorfgerichts zu Lehen; die andere Hälfte ge-
hörte der Abtei Amorbach, welcher auch die Seelsorge zustand. Aus letzterem
Verhältniss erklärt sich das Festhalten der Bevölkerung an der alten Kirchen-
gemeinschaft inmitten der reformatorischen Bewegung der Grafschaft Erbach.

Kirche Die der h. Lucia geweihte katholische Pfarrkirche ist nach ihren bescheidenen

. Abmessungen eigentlich nur eine grössere Kapelle und wurde im 17. Jahrhundert
erbaut. Das Gebäude steht auf einer leichten Bodenerhebung und ist umgeben
von dem alten, durch eine hohe Mauer begrenzten, ausser Gebrauch gesetzten
Friedhof. Ihrer Plananlage nach zeigt die Kirche ein rechteckiges Langhaus mit
anliegendem kleinem Chorhaupt im Osten. Ueber dem Giebel der westlichen Ein-
gangsseite strebt ein Dachreiterthürmchen empor, dessen Oktogonalgeschoss eine
geschwungene Kuppel deckt, die ein Lilienkreuz krönt. Das Innere des Langhauses
hat eine flache Eindeckimg mit mässiger Schwingung am Auflager und wird an der
Nord- und Südwand von je drei Rundbogenfenstern erhellt. Der gleichen Bogen-
form folgt der Eingang zum Chor, in dessen Mitte der Hochaltar steht, ein Ge-
schenk der Benedictineräbte von Amorbach.

Altäre Für den bescheidenen Raum ist der Altar augenscheinlich zu gross gerathen,

oder aber er war ursprünglich für einen ansehnlicheren Bau bestimmt, denn der
krönende Abschluss musste das Opfer der Kürzung bringen. Immerhin fehlt es
dem Aufbau nicht an dem Formenreichthum, welcher den Altären der Barocco-
und Rococozeit ihr eigenthümliches, freilich nicht selten an das Ueberladene
streifende Gepräge gibt. Den Mittelpunkt des Altares bildet ein in Rococo ge-
schnittenes Tabernakel mit dem auf den heiligen Schriften ruhenden, die Sieges-
fahne haltenden und von einer Strahlenglorie umgebenen symbolischen Lamm.
Darüber erscheint in der Altarnische das Auge Gottes inmitten einer von Seraphim
belebten Reliefwolke. Tabernakel und Altarnische sind flankirt von korinthisirenden
Säulen- und Pilasterstellungen, die einen reich gegliederten Architrav und an dessen
Bogenschlüssen Leuchter haltende Engel tragen. Noch höher öffnet sich eine
kleinere Nische mit der Statuette des Erzengels Michael, der den Satan bezwingt.
— Von den beiden Seitenaltären ist der Aufbau des Marienaltares neu; nur die
Madonnenstatuette ist älteren Ursprunges und zwar ein Schnitzwerk des vorigen
Jahrhunderts. Der nämlichen Zeit entstammt der dem h. Joseph gewidmete zweite
Seitenaltar mit der Darstellung des Todes des Nährvaters-Christi, eine Hochrelief-
gruppe in halblebensgrossen Figuren. Wir sehen St. Joseph auf dem Sterbelager
 
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