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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0178

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KIRCH-BROMBACH

149

Streben in der Behandlung der Verhältnisse und des Knochengerüstes des mensch-
lichen Körpers. Das Lendentuch lässt in seinem frei und leicht bewegten Falten-
schwung kaum etwas zu wünschen übrig.

Der Tauf stein im Mittelgang des Langhauses stammt aus der Barockzeit und
wird getragen von einer knieenden Engelfigur, deren gewöhnliche Ausführung keinen
Anlass zu eingehender Besprechung darbietet. Das alte gothische Taufbecken, eine
wuchtige, achtseitige Steinschale mit konischer Verjüngung, liegt im Hofraum des Pfarr-
hauses. —- Die Kanzel ruht auf einer kräftigen Spiralsäule und ist an der polygon
gegliederten Brüstung von einer Vertäfelung mit ähnlich gebildeten kleineren Säulen um-
geben. Den mit einem Arabeskenkranz gesäumten Schalldeckel überragt in strahlender
Vergoldung der symbolische Pelikan, welcher seine Jungen mit dem eigenen Herzblute
tränkt. Die Formensprache deutet auf das Stilstadium des Barocco im Beginn des
vorigen Jahrhunderts. — Der gleichen Entstehungszeit gehört das mit mannigfaltigem
Arabeskenwerk ornamentirte Orgelgehäuse an, so dass also die Ausstattung des Inneren
der Kirche mit ihrer durchgreifenden baulichen Erneuerung als gleichaltrig anzusehen ist.

An der Südseite des Gotteshauses befinden sich — theils angelehnt, theils
in die Hochwand eingelassen — einige dem Andenken Kirchbrombacher Pfarr-
herren des vorigen Jahrhunderts gewidmete Grabsteine, die jedoch ohne Kunst-
werth sind. — Von dem die Pfarrkirche umgebenden alten Friedhof ist eine,
Pestfriedhof genannte Abtheilung durch einen Mauerzug geschieden, deren rund-
bogiger Eingang die Jahrzahl 1577 trägt. Die Begräbnissstätte ist ausser Gebrauch
gesetzt und enthält nur noch einen einzigen Denkstein mit einer ächt volkstüm-
lichen symbolischen Signatur. Die halbrunde Bekrönung der aufrecht stehenden
Grabplatte zeigt nämlich das Relief eines achtspeichigen Wagenrades und darüber
in lakonischer Kürze die Inschrift: DAS • WALR • MEIN • DOHT •

Auf der Nordseite der Kirche hat sich der meterdicke Rumpf eines alten
Mauerzuges erhalten, welcher in der Nähe des Chorhauptes die Richtung gen Süd
einschlägt und an einer Gruppe von neueren Wohngebäuden endigt. Die Oert-
lichkeit heisst der Burghof. Die Wohngebäude erheben sich auf frei zu Tage
tretenden Grundmauern, die ein hohes Alter verrathen und worin man die Ueber-
reste einer von den Breuberger Dynasten errichteten Veste erkennen will. Diese
Wehranlage erscheint schon i. J. 1324 unter dem Namen Burg Branbach, und
1368 wird ihr Dasein aufs neue durch eine Urkunde bestätigt, worin der Dynast
Eberhard von Breuberg der freien Stadt Frankfurt die Oeffnung der Veste und der
übrigen Gebäude gegen einen Jahresbetrag von einhundert Gulden verspricht. —
In der Nähe des Burghofes liegt die ehemalige, jetzt als Gartenanlage dienende Cent-
gerichtsstätte. Nach der entgegengesetzten Seite hin dehnen sich im Freien Erder-
höhungen aus, die sichtlich kein Werk der Natur, sondern die Spuren von Wall und
Graben der verschwundenen Wehranlage sind.

Zu dem Pfarrhof — woran das Steinmetzzeichen ,s=y
fenster — gehört ein gegenwärtig als Scheune benütztes
thischen Ursprungs. Auf den Innenseiten der abge-
nen Fensterwandungen befinden sich in meisselfertiger
Wappen von Erbach, Eberstein und Wertheim, sowie eine

V


Taufstein,
Kanzel, Orgel-
gehäuse

am Erdgeschoss-
Gebäude spätgo-
schrägten steiner-
Ausführung die
Hausmarke mit

Grabstein

Wehrbau

Wohnbau
 
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