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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0251

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REICHELSHEIM

Glocken

An der südlichen Chorwand wurde die Spitzbogenpforte vermauert, welche ehedem
den Eingang zur gothischen Thurmhalle vermittelte. An dieser Stelle hat die Bau-
veränderung von 1716 auch dadurch unrühmliche, Spuren hinterlassen, dass sie den
Heiligthumsraum ebenfalls mit den unvermeidlichen Emporen füllte, unbekümmert
um die in die Hochwände eingelassenen alten Grabmäler, von deren Auszier nur
noch ein Helm mit Büffelhörnern hinter dem ungeschlachten Holzwerk des Tribünen-
Aufstieges erkennbar ist. — Die beiden kunstarmen Gedenktafeln an den Seiten
des Chorbogens sind Kenotaphien von Mitgliedern des Grafenhauses Erbach-Erbach,
welche in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in der unter dem Bodenbelag
des Eanghauses befindlichen Sepultur beigesetzt wurden. -— Der Taufstein, mit ge-
kerbtem Rundbecken auf polygonem Fuss, die mit Arabesken-Schnitzwerk und dem
Wappen von Erbach-Breuberg geschmückte Hofloge (aus der Zeit wo das nahe ge-
legene Schloss Reichenberg noch von den Grafen von Erbach bewohnt war), sowie
das in ähnlicher Weise ornamentirte Orgelgehäuse stammen aus dem Erneuerungs-
stadium des vorigen Jahrhunderts, flössen jedoch wenig künstlerisches Interesse ein.
Beachtenswerther, weil ein zwar anspruchsloses aber zierliches Erzeugniss des Kunst-
gewerbes, ist dagegen der als Blüthenstengel gearbeitete, neben der Kanzel aus dem
Mauerwerk vortretende Sanduhr-Halter im Stil des beginnenden Rococo, eine ge-
diegene Leistung der Metallotechnik in Schmiedeisen. — Eine der Kanzel gegenüber
an der Hochwand angebrachte Kreuzigungsgruppe ist ohne besonderen Kunstwerth.

Das Geläute besteht aus vier Glocken. Die grosse Glocke trägt folgende Inschrift:

gur (Ehre (Softes roarb gegoffeti biefe (Slocfe anno MDCLXII.
C. p. ZTTarci fjenrici Hubert. Pf. 3°banu IPebers. £entfcb. 3°bann
Blumenbeims. 3°fyanu Crautmamis. Kircfyenpfleg. fyans Canngs.

.Fians Daums, peter tPifenfyer.

Eine Notiz des Pfarrers Pegner im Kirchenbuch von 1763 bezieht den Namen
Peter Wisenher auf den Glockengiesser. — Die Zwölfuhrgloeke ist nach der Inschrift

matttjeu*! • niarcli^ • • joanuc£ • capjSar • liidrfjtot • Eralta^at •

den Evangelisten und den h. drei Königen geweiht. — Die Vaterunserglocke
zeigt die drei Erbachischen Wappensterne und die Randschrift:

SCHENCK VELTIN EIN FREIHERR REICHSHER ZV EERPACH. 157g.

Am Schlagring der sogen, gemeinen oder Bauernglocke stehen die Anfangs-
worte des Engelgrusses und die Jahrzahl des Gusses in folgender Schreibung:

aiie • inaria • gratia • plena • üomüut*» • tecum • anno • tnnt • mcccgrolii •

Diese Glocke ist sonach der h. Jungfrau gewidmet; auch scheint ihr ein höheres Alter
zuzukommen, vorausgesetzt dass bei der ebenfalls gothischen Zwölfuhrgloeke, bei
welcher das Datum fehlt, die Bestimmung des Zeitverhältnisses ausser Betracht bleibt.

Unter den bei den Pfarrakten befindlichen Manuscripten befindet sich ein
Zehntbuch vom Jahre 1541; das älteste Kirchenbuch beginnt mit dem Jahre 1643.

Mehrere F'achwerk- Wohngebäude des Ortes gehen in's 16. und 17. Jahr- Wohnhäuser
hundert zurück; einige tragen hebräische Thürinschriften.

Cent- und
Kirchenbuch


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