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Schäfer, Georg
Kunstdenkmäler im Grossherzogthum Hessen: Inventarisirung und beschreibende Darstellung der Werke der Architektur, Plastik, Malerei und des Kunstgewerbes bis zum Schluss des XVIII. Jahrhunderts: Provinz Starkenburg: Kreis Erbach — Darmstadt, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.18295#0276

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244

KREIS ERBACH

Römische Ruinen

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Dagegen sind einige in der Nähe des Dorfes befindliche römische Trümmer-
Stätten von archäologischem Interesse, besonders zwei Niederlassungen, die in den
letztvergangenen Jahren die Aufmerksamkeit der Lokalforschung erregt haben. Auf
einer aussichtreichen Höhe des Gemeindewaldes, i km westlich vom Dorfe, wurden
1877 durch die Bemühung des Ortsgeistlichen, Hrn. Pfarrer Seeger, die Grundmauern
eines Gebäudes von 36 Schritt Länge und 16 Schritt Breite freigelegt. Unter den
Fundstücken aus terra sigillata befand sich das Bruchstück eines grösseren Gefässes
mit dem aus altrömischen, unregelmässigen Lettern bestehenden Worte PATER,
als muthmasslicher Anfang einer Aufschrift oder Widmung. Der Fund soll geschenk-
weise an die öffentliche Sammlung nach Bonn gekommen sein; andere Gegenstände
gelangten in die Museen zu Darmstadt, Mainz und Wiesbaden. — In einer Ent-
fernung von zwanzig Schritt östlich von der genannten Oertlichkeit wurde eine noch
beträchtlichere Ruinenstelle konstatirt, die jedoch unerforscht blieb. In gleichem

Abstände weiter östlich davon war man
auf ein festes Gewölbe gestossen, dessen
Untersuchung wegen des eindringenden
Grundwassers in's Stocken gerieth. — Auf
hessisch-baierischem Grenzgebiet, 2 km von
Seckmauern, liegen auf dem zum Mainthal
abfallenden Höhenzuge mehrere Trümmer-
hügel, darunter zwei grössere, die feuchte
Mauer genannt. Ueber eine im Juni 1880
unter Leitung des Herrn Bezirksfeldwebels
Heinrich Giess vorgenommene Ausgrabung
erhielten wir von demselben einen Bericht,
dem Folgendes entnommen ist. Auf der
Westseite des grösseren Hügels stiess man

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zuerst, in einer Tiefe von 50 cm, auf
Mauerwerk eines 14,7 m langen, 7,4 m
breiten Gebäudes von Sandsteinquadern.
Der Schutt enthielt eine Menge von Mörtel mit grobem Flugsand untermischt. Bei
der Erforschung der Mauerflucht öffnete sich an der Ecke der einen Schmalseite ein
Thoreingang. Parallel damit läuft in einem Abstand von 4,5 m eine Zwischen-
mauer, deren Länge bis zu 5 m verfolgt wurde. Auf der Aussenseite der nordöstlichen
Ecke ist die Mauer frei, in einer Höhe bis zu 1,9 m. Hier fand man einen
pilasterähnlichen Wandpfeiler mit gut gegliedertem Kämpfersims. (Fig. 127.) Die
südöstliche Ecke des Gebäudes wurde erst in einer Tiefe von 2 m gefunden. Die frei-
gelegten Mauern sind überall 90 cm dick. Etwa fünfzig Schritt davon liegen die
Trümmer eines Nebengebäudes, dessen Mauerdicke 70 cm beträgt. Unter dem Schutt
des Hauptgebäudes fanden sich grössere Sandsteinplatten und Bruchstücke eines räum-
lich beträchtlichen Thongefässes, ferner ein zerbrochener Handmühlenstein, ein eisernes
Messer, Ueberreste von geschmolzenem Glas und kleineren Gefässen aus terra sigillata,
was Alles für römische Herkunft spricht. Uebrigens hatte das Gebäude augenscheinlich
keine militärische Bestimmung, sondern es war eine Niederlassung bürgerlicher Art.

Fig. 12J. Seckmauern.
Römische Baureste; Thoranlage und
Kämpfergesims.
 
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