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Oechelhäuser, Adolf von; Kraus, Franz Xaver [Hrsg.]
Die Kunstdenkmäler des Grossherzogthums Baden (Band 8,2): Die Kunstdenkmäler des Amtsbezirks Heidelberg (Kreis Heidelberg) — Tübingen, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.1227#0231
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2 I 8 KREIS HEIDELBERG

JESUITENKOLLEGIUM

Die Jesuiten .sind zuerst i. J. 1622 mit dem siegreichen Heere des Bayernherzogs
in Heidelberg eingezogen. Im Jahre 1629 hatten sie zwei Lehrstühle an der Universität
eingeräumt und die Einkünfte des aufgehobenen Nonnenklosters Lobenfeld (s. unten)
überwiesen erhalten. Nachdem der Westfälische Friede sie aus dem Lande vertrieben
hatte, haben sie erst unter Philipp Wilhelm i. J. 1698 in Heidelberg wieder festen Fuß
fassen können. Zur dauernden Niederlassung wurde die Errichtung eines Kollegiums
beschlossen, zu dem der Kurfürst den »Kommissariatsplatz« zur Verfügung stellte und
wobei in rücksichtsloser Weise sowohl Grundstücke, die der Universität gehörten, als
auch Privatgrundstücke mit den Ruinen der abgebrannten Häuser darauf mittels Unter-
stützung der kurfürstlichen Behörden in Anspruch genommen wurden. (So hat zum Bei-
spiel der Professor der Medizin W. B. Nebel, den Akten des GLA. zufolge, noch i. J. 1731
das ihm weggenommene Grundstück in der Kettengasse zu reklamieren versucht.)

Der Bau des Klosters begann i. J. 1703. Den Akten zufolge war im März 1704
das »untere Gebälk«, d. h. die Balkenlage des ersten Stockwerks, gelegt, im folgenden
Jahre wird das Gebäude unter Dach gewesen sein. Wenn v. Wickenburg (Thesaurus Pala-
tinus pag. 182} die Vollendung erst ins Jahr 1732 setzt, so bezieht sich dies wohl auf
einen Umbau oder Erweiterungsbau, der damals bei den Hintergebäuden vorgenommen
, zu sein scheint. (Vgl. auch Fata Collegii Heidelbergensis Societatis Jesu [Heidelberg 17 2 2],
worin die Geschichte des Ordens in Heidelberg in 14 fata von 1622 bis 1712 dich-
terisch besungen wird, und Wundt, S. 424 ff.)

Der am 3. November 1703 in Rom von der Ordenskanzlei approbierte Entwun,
der sich im Großh. GLA. befindet, weist der Ausführung gegenüber — wie später
beim Kirchenbau (s. oben S. 207) — mannigfache Abweichungen auf. Wie unser Grund-
riß der Gesamtanlage (s. Fig. 141 nach einem Plane des GLA.) zeigt, schließt sich, den
kleinen Platz vor der Kirche im Osten begrenzend, zunächst längs der Ingrimstraße ein
kurzer schmaler Elügelbau an, der das Vestibüle und einige kleinere Zimmer sowie den
nach der ehemaligen Haupttreppe führenden Korridor enthält, während der Haupttrakt
sich längs der Kettengasse bis an die Zwingerstraße als langer schmaler Bau ohne Unter-
brechung hinaufzieht und nur in der Mitte der Hofseite einen ca. 2,50 111 vorspringenden
Trakt aufweist. Der ursprüngliche Plan zeigt hier in der Mitte einen Querbau, in
dem das Refektorium, eine zweite Haupttreppe und einige Geschäftsräume liegen und
dessen Ende direkt mit dem Chor der Kirche, durch dessen Turm hindurch, in Verbindung
steht. Dieser Querbau ist bei der Ausführung in Wegfall gekommen, so daß der Garten
des Kollegiums die ganze Ostfront des Grundstückes entlang durchgeführt werden konnte.
An Stelle des Querbaues sind nach der Schulgasse zu, hinter dem Chor der Kirche, ein
Nebenflügel mit einem kleineren Garten und zwei Binnenhöfe in der auf unserem Plane
angegebenen Weise zur Ausführung gelangt. Das Refektorium hatte mit den Küchen-
räumen im Mitteltrakt des langen Ostflügels seinen Platz gefunden. Durch Verschmälerung
des Eingangsflügels ist außerdem zwischen diesem und der Kirche Raum für eine direkte
Einfahrt in den Garten an Stelle der in der Mitte der Langfront geplanten Toreinfahrt
gewonnen worden. Über der aula maior, in die der Haupteingang vom Kirchplatz aus
zunächst führte, und über der sich daran anschließenden aula minor — also über der
größeren und kleineren Eingangshalle — lag im obersten Stock die Bibliothek. DeL
 
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