Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 39.1923-1924

DOI Artikel:
Schuch, Carl: Aus Briefen von Carl Schuch
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14151#0058

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Tuschungen in dem Fall brauchen konnte,
die eben nur für konventionelle, immer gleiche
Farbe berechnet sind, und so fand er sogar
logisch seine eigene Malweise als natürlichen
Ausdruck dieser Anschauung.

»

Was mich betrifft, so wüsste ich nicht, dass
ich mich von etwas anderem leiten Hesse als
von meinen Augen; die sind freilich nicht un-
verdorben, und unbewusst wirkt wohl alles Mög-
liche nach, was einem zusagte; ich trachte
strenger zu werden und möglichst genau und
objektiv zu arbeiten. Das gibt wenigstens Stu-
dien, die sich dann einmal verwenden und jeder
Auffassung zugrunde legen lassen, um Bilder
zu machen. Ich lasse mich der Natur gegen-
über auf gar nichts ein, was nach beabsich-
tigter Auffassung schmeckt, ich will vorerst
gar nichts, als simpel und schlicht abmalen,
was ich sehe; kann man erst das sicher in
jedem Fall, dann kann man betonen, was man
will und wertvoll findet — nur nicht dichten
wollen, ehe man korrekt und orthographisch
schreiben kann und objektiv das einfachste Ge-
schichtchen verständlich erzählen kann. Viel-
leicht kommen Leibi und Konsorten auch noch

zu was andrem oder ihre Nachfolger einmal,
aber sie gehen erst treu und ehrlich durch die
Natur — ganz und nicht bloss durch eine Auf-
fassungsseite, und das ist das Stahlbad, das
unsre Kunst durchmachen muss. Heute über-
stürzt sich alle Entwicklung. Bis sich aus der
Strenge eines van Eyck, Memling und so weiter,
ein Holbein entwickelte, bis aus Antonelli di
Messina und Bellini ein Tizian kam, das Ge-
bäude zu krönen, bis Rembrandt und Michel-
angelo Gipfelpunkte wurden, und Rubens, da
lag mehr als die Entwicklung einiger Jahre im
Menschen hinter ihnen, die Entwicklung von
Generationen. Wir wollen das heut in einer
Person durchmachen und nehmen da ein Flick-
chen von dem und eins von dem und setzen
unsern Hanswurst zusammen; das ist aber alles
leere und zwecklose Geschicklichkeit, keine or-
ganisch gewordene, eigenes Leben entwickelnde
Kunst. Wer sich die Augen wirklich auswaschen
könnte und all den gestohlenen vielseitigen
Krimskrams vergessen und sich wie die Alten aus
einem Prinzip herausentwickeln, — wenn man's
nur könnte, aber man hat schon die buntgescheck-
testen, verschiedensten Flickchen in sich und
gar keine Hoffnung zu was Echten zu kommen.

5i

7*
 
Annotationen