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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 39.1923-1924

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Weinberger, Otto: Wolf Huber
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https://doi.org/10.11588/diglit.14151#0234

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wird; bald wird sie im abstrakt-dekorativen Spiel
der Linien, bald mit leuchtend-heiterer Farbe,
einem strahlenden Goldgelb und schillerndem
Hellblau, in der behaglichen Ruhe des Idylls
geschildert (auf der Heimsuchungstafel eines
teilweise erhaltenen Marienaltars dieser Zeit,
München, Nationalmuseum, und Berlin, Biblio-
thek des Kunstgewerbemuseums). Es kann
nicht ausbleiben, daß Ausbrüche jenes unter-
irdischen barocken Elements die Ruhe dieser
Renaissancegesinnung stören; zugleich aber
wird ihm am Hofe des humanistisch feinge-
bildeten Passauer Bischofs, dessen Hofmaler
er seit einigen Jahren geworden war, die Be-
kanntschaft mit italienischer Kunst. So ent-
steht um 1530 das große Gemälde der Kreuz-
erhöhung (Wien, Abb. S. 217), zu gleicher Zeit
leidenschaftlich bewegt und von klassischer Aus-
gewogenheit der Gebärde. Selbst in die Idylle
dringt das klassische Element: der Holzschnitt
des Parisurteils legt Zeugnis ab für das ver-
tiefte Interesse, das Huber jetzt dem menschli-
chen Körper und seiner Bewegung entgegen-
bringt. Er füllt seine Skizzenbücher mit Stu-
dien trotzig-wilder Gesichter; daneben gelegent-
lich eine weibliche Aktstudie, deren klassisch-

kühle und großartige Typisierung in der Ge-
schichte zeitgenössischer deutscher Kunst ihres-
gleichen sucht (Abb. S. 222).

Die maniera grande der Italiener, der Hubers
großförmiges Gestalten von Anfang an nahe-
steht, bringt selbst die erregte Szene der Be-
weinung in ein streng rhythmisiertes, architek-
tonisches Gefüge; auf den Holzschnitten aus
der Jugendgeschichte Christi erscheint der le-
bendig quellende Wuchs der Menschen gebän-
digt durch die strengen Formen eines Tempels,
dessen gotische Architektur durch Bau- und
Schmuckglieder italienischer Herkunft Maß und
feste Begrenzung erhalten hat (Abb. S. 223).

Wenn in den späteren dreißiger Jahren dieser
italienische Einfluß sich besonders in Gebärden
und Verkürzungsexperimenten stark vordrängt,
so dient dergleichen doch nur jenem barocken
Gefühl, das die bisher ruhig-geschlossenen Ge-
stalten zu schwellenden lichtüberströmten Massen
umformt. Erst zu Beginn der vierziger Jahre
gewinnt die klassische Tendenz das Übergewicht
über diese barocke Lebensfülle: die Wiener
Kreuzesallegorie mutet nicht nur ihrem ge-
lehrt-theologischen Inhalt nach trocken und
kalt an (Abb. S. 216). An Stelle üppiger

WOLF HUBER DIE DREI LANDSKNECHTE

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