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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 10
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Hannover, Emil: Weibliche Kunst: Minka Grönvold
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0421

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sinken und den Kopf im Schosse bergen, zusammen-
gekauert, zusammengefaltet um ihr eignes inneres
Leben, wie Blumen, die sich gegen Abend schliessen.

Diese Frauen sind meist mit einer eigen lässigen,
künstlerischen Eleganz gekleidet, in weite, faltige
Gewänder mit bauschigen Halbärmeln. Nicht
selten jedoch sind sie auch nackt, und nackt —
wie die Nymphe, die neugierig den Rehbock am
Bergsee belauscht oder die Meerfrau, die müssig
auf einem Stein im Wasser liegt — geberden sie
sich vielleicht am naivsten und natürlichsten. Aber
auch wenn Kleidung und Haartracht einen Anflug
von Koketterie verraten, worin der weibliche
Künstler leicht zu erkennen ist, äussert die Stim-
mung sich in Stellungen und Bewegungen, die in

ihrer leisen gaucherie unbewusster und unmittel-
barer werden, als die Stellungen meistens in den
wenig naiven Figuren unserer heutigen Figuren-
kunst sind.

Nicht zum wenigsten beruht der Stil und die
Schönheit von Frau Grönvolds Gestalten auf der
innern Wahrheit dieser Stellungen, auf der Art, wie
sie der Gemütsstimmung der Figuren angepasst sind.
Aber auch der Strich, womit sie gezeichnet sind,
thut das Seine dazu; ein langer, anmutig gleiten-
der Strich, der sich treu den weiblichen Formen
anschmiegt und sie mit schwesterlicher Keuschheit
liebkost, sodass sie, selbst nackt, keinen Sinnnen-
eindruck wecken. Aber zumeist ist der ätherische,
unsinnliche Stil dieser Figuren vielleicht den Fehlern

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