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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 11
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Runge, Philipp Otto: Aus den hinterlassenen Schriften
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0467

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Für Leser, die nicht vom historischen, Interesse
gespornt werden, ist es freilich strapaziös, die beiden
starken Bände der Rungeschen Schriften sorgfältig
durchzulesen. Es folgen Sätze, worin sich eine
wundervoll lautere und naiv gereifte Menschen-
natur decouvriert, lange Seiten mit trockenen pie-
tistischen Betrachtungen, unerquicklich für Alle
denen Kant und Goethe nicht vergebens gelebt
haben. Da in einer Zeit, die zur Versenkung
wenig Müsse hat, die Gefahr besteht, dass sich die
Wenigen selbst, denen die längst vergriffenen Bände
in die Hand geraten, bald erschöpft wieder fort-
wenden, sind hier ein paar Auszüge zusammen-
gestellt worden, worin das Lebendige einer seltenen
Künstlernatur sich deutlich ausspricht. Nicht das
historisch Merkwürdige ist ausgewählt worden,
sondern das im edelsten Sinne Moderne, damit eine
Zeit, die Runge fast übertrieben schätzt und den
Menschen doch so wenig kennt, einen Blick in den
Geist dieses kranken Idealisten mit dem grossen
Herzen thue; damit etwas von der Fremdheit ver-
schwinde und die alte Wahrheit offenbar werde,
dass unter den Dogmen, seien sie nun orthodox
kirchlich oder liberal wissenschaftlich, immer ein
ewig gleiches Menschengefühl pulst, das sich, über
alles wechselnde Weltbegreifen und über die Jahr-
zehnte hinweg, vertraulich begrüsst.

Handelte es sich darum, Runge kritisch zu be-
greifen, so würde dieses bewusst einseitig gewählte
Material nicht genügen. Diese Arbeit aber mag
eben jenem Kunsthistoriker überlassen bleiben. Es
wird eine beneidenswerte Arbeit sein, das Wesen
dieses jung gestorbenen Transcendentalrealisten in
seinem natürlichen Milieu darzustellen. Ein still ver-
grübelter Norddeutscher, der einen Keim der Todes-
krankheit von je in sich trug und dessen Wesen eben
durch diese Disposition — ähnlich wie es bei J. P. Ja-
cobsen war — aristokratisiert wurde; den die zarte
Gebrechlichkeit zum Künstler und Träumer machte,
ihm Fühlen und Schauen kultivierte. Dem die Krank-
heit aber auch die Lebenskraft brach, so dass er, er-
schrocken vor dem Sturmesodem des Lebens, in den
Schutz des Christentums flüchtete und von diesem
sicheren Port aus fast hochmütig auf Die blickte, die
ihm in den ehrwürdigen Tempel mit den erblinden-
den Scheiben nicht folgen mochten. Ein Gottsucher,
der sich auf sein starres Protestantentum etwas zu-
gute that, der aber, wenn er in Rom oder München
gelebt hätte, sicher in den „Schoss der katholischen
Mutterkirche" mit asketisch mystischer Verbissen-
heit zurückgekehrt wäre — wie Wasmann es that,

wie es das Prinzip des Nazarenertums beinahe for-
derte. Eine ganz zarte Seele, worin leise ein poe-
tisch reicher Lebensfrühling mit tausend rosigen
Blütenblättern emporzukeimen strebte aber nicht
zur Entfaltung kam, weil der Rauhreif kalt ge-
borener Spekulation sich frostig darüber legte.
Ein reicher Geist, der sich intensiv mit Farbenlehre
beschäftigte, eine Arbeit der Brüder Grimm begann,
als er Märchen seiner Heimat sammelte und die sehr
reale Heimatkunst Reuters und Klaus Groths vor-
ahnte, als er sich beim Nacherzählen dieser Märchen
der plattdeutschen Sprache bediente; der die Ahnung
moderner Naturanschauung in sich trug und sich
zugleich um lebendige Monumentalisierung seines
Fühlens bemühte; der malerisches Ingenium offen-
barte, ohne eigentlich ein Maler zu sein und sich
mit allen Organen ans Wirkliche zu klammern
suchte, ohne doch festen Halt zu finden, weil die
„Idee" ihn immer wieder von der mit heller Ent-
zückung geliebten Natur zurückriss. Ein Künstler,
vor dessen Werken und Schriften man versteht,
dass feine Geister der Gegenwart ihm in Be-
wunderung zugethan sind und dem gegenüber man
doch auch Goethes harte Worte billigt, die dieser
allem grüblerischen Konvertitentum abgewandte
Lebenssieger über die GeistesrichtungRunges sprach :
„Die Lehre war: Der Künstler brauche vorzüglich
Frömmigkeit und Genie, um es den Besten gleich
zu thun. Eine solche Lehre war sehr einschmeichelnd,
und man ergriff sie mit beiden Händen. Denn um
fromm zu sein, brauchte man nichts zu lernen, und
das eigene Genie brachte jeder schon von seiner
Frau Mutter." Und dann schroffer noch über den
Freund und Gesinnungsgenossen Runges, Brentano:
„Zuletzt warf er sich in die Frömmigkeit. Wie
denn überhaupt die von Natur Verschnittenen
nachher gern überfromm werden, wenn sie endlich
eingesehen haben, dass sie anderswo zu kurz kamen,
und dass es mit dem Leben nicht geht." —

Schon hat der anregende Stoff in diesem kurzen
Hinweis zu einer Abschweifung verführt. Und
doch sollte nur gesagt werden, der Leser möge
nicht ein biographisch kritisches Material erwarten,
sondern nur die flüchtige Impression eines feinen
Menschentums, kurze Bekenntnisse einer „schönen
Seele". Die Briefe, denen die folgenden Aphorismen
entnommen sind, waren hauptsächlich an Familien-
mitglieder gerichtet; doch finden sich unter den
Adressaten auch Namen bekannter Zeitgenossen,
zum Beispiel: Perthes, Caspar David Friedrich, Tieck.
Kosegarten, Tischbein, Brentano, Görres u. s. w.

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