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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 5.1907

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Heft 12
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Veth, Jan: Rembrandt im Museum zu Kassel, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4704#0504

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Zeit nicht arbeiten konnte. Als er wieder auf dem
Posten war,begann er von neuem. Er begab sich daran,
Rembrandt nach dem von ihm wiedergefundenen
Verfahren zu kopieren, und schwebte in Entzücken
über die Resultate, die andere jedoch nicht so gross-
artig fanden. Ich weiss nicht, was noch aus dem
hartnäckigen Alchymisten geworden ist, aber der
arme Don Quichotte gehörte zu den Leuten, die auch
glauben, Rembrandt hätte technische Geheimnisse
beim Radieren gehabt und die nicht begreifen
können, dass Technik und Idee untrennbar sind und
dass nicht positiv aber geistig in jedem Genie ein
Zauberer steckt.

In dem „Thal mit Ruine auf dem Berg" findet
man ein sprechendes Beispiel für das Unerforsch-
liche der Wirkung von Rembrandts Kunst. Nicht
die nachweisbaren Farben, noch die sachliche Vor-
stellung erklären die hohe Rhythmik des so wohl-
thuenden Bildes.

Schräg durch den warmgetönten Vordergrund
hin fliesst ein Fluss, an dessen linker Seite entlang
ein dunkel gehaltener und als Repoussoir dienender
Fusspfad führt, auf dem ein Mann in Rot, auf einem
schwarzen Pferd von uns wegreitet. Am Ufer sitzt,
im Schilf kauernd, ein Angler. Nahe daran wird
das Wasser im Vordergrund durch zwei Schwäne
belebt.

Am Ufer gegenüber liegt ein Boot mit um-
gelegtem Mast und zwei Männern. Etwas weiter

oben scheint sich ein schmales Gewässer durch eine
Schleuse in den Fluss zu ergiessen. Der kleine Wall
fängt da einen hellockrigen Lichtstreif, der den
stärksten Accent in dem zusammengestellten, aber
doch im Ton gehaltenen Vordergrund bildet. Mehr
seitlich, an der rechten unteren Ecke, ragt in phos-
phorescierendem Halblicht eine etwas hinfällige,
hölzerne Mühle empor, umgeben von einer Gruppe
niederer Häuschen, die nach hinten in schwerem
Gebüsch verschwindet.

Nach links reicht eine solche Baumgruppe bis
zu der hohen steinernen Bogenbrücke, die, wieder
an einige kleinere Gebäude sich anschliessend, über
einen Fluss führt. Eine dunkler beschattete Ab-
zweigung dieses Gebüsches führt tiefer hinein nach
dem friedlichen Mittelgrund des Bildes. Dahinter,
halb verborgen, wieder rotgedeckte Häuschen mit
der Andeutung eines Wassermühlenrades. Und
von diesem Plan aus steigt man rechts über
eine Art Aquädukt nach einem Hügel, auf dem
die schön gezeichneten Ruinen einer Tempelstätte,
wie Edelsteine, die im späten Licht glühen, hoch
gegen den erlöschenden Elfenbeinhimmel gereiht
liegen.

Nach rechts erhöht sich der Hügel zu einem
felsigen, das Gemälde dunkel abschliessenden Berg-
rücken, über den eine düstere Wetterwolke weg-
zieht, und links bleibt eben der Ausblick offen in
die duftig graugrün schimmernde Ferne.
 
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