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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0010
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austzesandttn Sammler gütlg aufzunehmen u. s. w., ist -in Beleg,
daß man sich bei Anlagen von Aicchen in jener Periode nicht immer
die nöthige Rechenschaft über die Mittel und ihrc Beschaffung gab,
weßhalb auch so manche Bauwerke unvellendet blieben. Die Liebfrau-
enkirchr, deren Baumeister uns unbekannt, erhielt erst 1492 ihren
Thurm, welchec aber, 1631 durch einen Sturm beschädigt, abgetragen
werden mußte, so daß jetzt nuc noch zwei Abstufungen über dem Dach-
stms bestehen. Ob Ler Thucm einen aus Stein aufgefiihrten, ducch-
brochenen Helm hatte, läßt sich nicht bestimmen. Merkwürdig aber ist
»s, daß in dem zweiten Geschoffe deS Thurmes der Rundbogen streng
befolgt ist, wenn wir auch sonst allenthalben an der Kirchr schon den
langgezogenen, schmalen Spitzbogen finden, wie er die UebergangSpe-
riode zum germanischen Style charakteristrt. Jn dec ganzen Ocnamen-
tik, reich am Haupt- und Seiten-Portale (s. Taf. 6 und 7), tritt die-
ser Uebergang noch deutlicher hervor. Wenn auch Einzelnes, wie ver-
schiedene Capitäl-Verzierungen, in der Behandlung fceier gehalkm ist,
wie dieS bei rein-byzantinischen Ornamenten der Fall, so mahnt daS
Ganze doch noch immer an diesen Skyl, wiewohl die Profilirungen
schon durchschnittlich den Charakter des germanischen Styles zeigen,
wo sie selbff an Gliedern vorkommen, die ganz dem byzantinischen ei-
genthümlich find.

Schmidt's architektonische Bemerkungm und Erklärungcn der Aeich-
nungen flnd deutlich und allgemein faßlich, ohne alle gelehrten Präten-
stonen geschrieben, so daß fie Jedem alle nuc gewünschten Aufschlüsse
geben. Die Zeichnungen selbst beweisen, daß der Aeichner stäts mit
der größken Gewiffenhaftigkeit zu Werke ging, wie es bei solchen Ar-
beitm durchaus erforderlich, sollen sie ,'hrem Awecke entsprechen. Wir
hätten nur noch mehr ausgeführte Details der Ornamente gewünscht
(s. Taf. 9), da fie gerade bei diescm Bauwerke einen besondern kunst-
geschichtlichen Werth hatten. Die Gravirungen in Stein von B.
Wohlmuth si'nd fo scharf und genau ausgeführt, daß sic gewiß nicht
schöner in Kupfer oder Stahl gearbcitet werden konnten.

Eine sehr beachtenswecthe Zugabe ist die Erklärung der Bildwerke
an der Liebfrauenkirche von dem Domcapikular 0. Müller, welche
uns über di'esen Sußerst wichtigen Tdeil der mittelalterlichen Kirchen-
baukunst im Allgemeinen viele int^reffante und belehrende Aufschlüsse
gibt. — Die zweite Lieferung des schmidt'schenWerkcs enthält: Der
Dom zu Trier, die St- Willibrords-Kirche zu Echternach, die St.
MatthiaS-Kirche mit dem Kloffer und dic zerstorte St. Maternus-
Kirche zu St. Matkhias, Vorstadt von Trier.

Mit dem größten Jntereffe haben wir die Untecsuchungen Schmidt's
über das Alter der verschiedenen Theile des trierer Domes gelesen und
hier wieder einen Beleg gefunden, daß msn historischen Notizen, nicht
selten auf bloßen Traditionen beruhend, in Bezug auf das Alter von
Bauwerken nur mit der größten Vorsicht rrauen darf, indem hier nur
eine rein-technische Vecgleichung und Prüfung drr Formen, des Ma-
terials u. s. w. den Entfcheid geben kann. Hatte man in cinem Theile
des trierer Domes auch noch ei'n Ueberbleibsel eines Palaste^ der heil.
Helena gefehen, wie es denn auch alte Ueberlieferungen berichteten, so
weistt Schmidt aber klac nach, daß der römische Bau, wie ihn die
Kicche zeigt, ursprüngli'ch ganz nach einem Plane neu errichtet wurde,
im 11. Jahrhundert eine Ummodelung erlebte, in dec Mitke des 12.
Zahrhunderts (1152—1169) den Morgenchor und die Krypta erhielt
und von 1190 bis 1212 überwölbt wurde. Um nicht zu sehr ins Ein-
zelne uns zu verlieren, verweisen wir cmf den höchst belehrendsn Text
dec 2. Lieferung, vvn S. 1 bis 50.

Schmidt zeigt deutlich, wie der byzantinische Skyl des 11. Jahr-
hunderts i'n Trier und seiner Umgebung nur eine Modification der
spätern römi'schen Bauperivde. Eine ganz natürliche Folge. Aus jener
Periode vorhandene Baudenkmale wurden entweder zu kirchlichcn
Awccken umgeffaltet, vdcr sie waren die Vvrbilder zu größeren Bauwerken,
welch« sich erst nach und nach in den Grundformen anders gestalteten
und in ihrer Ornamcntik eine eigenthümliche, von römischen Formen
abgehende Bildung annahmen. Wie dies in Trier am Dome nachge-
wiesen, so war eS auch zweifelsohne in Köln bei den Kirchen in vor-
germanischem Style der Fall. Nur dcr germanische Styl entwickelte
ffch ohne Vorbilder nach und nach ganz aus seinem organischen Wesen
zu einem eigenen Systeme, das in sciner kühnen Eigenthümlichkeit mik
keinem der früheren Systeme vergleichbar, aber nur in einec allmäh-
lichen genetischen Entwickelung denkbar, indcm sich, was gar wesent-
lich, mit dem neum Systeme auch di'e Technik der Baukunst ganz
umgestalten mußke, und diese Umgrstaltung kann nur eine allmähliche
gewefen sein. Es muß Alles gclernt und lange geübt sein, ehe wir uns
daSmöglichstVollendeir in irgend einec Kunst, welche so hohe
Anforderungen an di'e Technik stellt, wie eben die Baukunst, geschaffen
denken können.

Die fünf ersten Blätter der zweiten Lirferung gcben uns nun Grund-
risse und Auftiffe des trierer DomeS, mit genauer Nachweisung, wie
ffch der Bau im Laufe von viex Jahrhundcrten zu seiner jetzigen Form
ausgebildet hat. Die dem Gebäude charakteristischen Ornamente gibr
uns Taf. 6, und sind hier einige Rundbogenftiese, Sockel und Eäpi-
täle, von denen mehre gekoppekt, Kragsteine u. s. w. durch Form und
Zeichnung eben beachtenswerth, da wir nrben dcn allgemein ange-
wandten Motiven deS 11. und 12. Zahrhunderis auch noch Bildungen
fi'nden, bei denen stch die altrömische Gnmdform deuklich ausspricht.

Aus der 7. Tafel finden wir den Auftiß dcs Kreuzganges (1227 ?)

und einige Details aus demselben, bci welchen schon bestimmt germa-
nische Motive, besondcrS in einzelnen Eapitälen, neben den byzantmi-
schen gcnau zu unterscheidcn sind, — ein Aeichen, daß seine Erbauung je-
denfalls in die erste Hälfte des 13. Aahrhunderts fällt.

Die Sk. Clemens-Willibrords-Kirche zu Echternach gchört in ihren
Hauptthcilen dem 11. Jahrhundert (1017—1031) an; die Gewölbe
und Fenster, langgezogene fchmale Spi'tzbogen, fallen in d?e Mitte des
13. Jahrhunderts (1242—1270). Jn dcr Ocnamentik finden wir alt-
griechische Elemente, römische, byzantinische und rein-germanifche, wo-
von man stch durch die Abbildungen auf Taftk 8 überzeugen kann. —
Hieraus echellt, daß ei'n heimischer Architekt und hsimische Sreinmetzen
die Kirche aufführten, indem diese die Motive benutztm, wclche ihnen
Trier und ftme Umgebung in den vorchristlichen Baudenkmalen boten.

Die MaternuSkirche zu St. MatkhiaS, erbaut 979, wurde 1783
nach ei'nem Brande abgerissen. Schmidt hat uns aber dcn Grund- und
Auftiß bewahrt. Der erstere ist, was seine Form angeht, besonders zu
beachten, da in decftlben die so genannte griechische und, durch spätern
Anbau, die lateinische Kceuzform vereinigt sind, doch so, daß, wie bei
der Licbfrauenkirche m Trier, der längere Schenkel die Chorrundung
bildek, — eine Grundform, welche an keiner Kirche Kölns vorkommt.
Wir sinden dagegen in Köln als Eigenthümlichkeit dcr Grundform ei-
niger Kirchen neben dem Morgenchore noch einen Abendchor, so an St.
Cuniberc und an Sk. Aposteln.

Die St. Maternuskirche war durch einen bedeckten Gang (Para-
dics) mit der Klostcckicche St. Makkhias verbunden, wie die Lieb-
ftauenkirche mit dem triecer Dome. Die Kirche St. Matthias, in ih-
ren Haupttheilcn schon 1148 vollendet, erhielt in den fvlgenden Jahr-
hundecten msncherlei Umgestaltungen und Aufätze, von denen die letz-
ten noch dem Jahre 1513 angehören. Hicr zeichnsn sich vvrzüglich die
Chorrundung und der Thurnidau über der Mitte des VordergiebelS
aus. Bei lehterm fehen wir den Einfluß der Renaissance, doch wußte
der Baumrister (Meister Justus ist sein Name) die Formen uni>
Ornamente so geschickt zu behandeln, daß dieselben auf dem rustiken
Frontbaue gar nicht störend wirken. Dem Freunde mittelalterlicher Bau-
kunst muß das Retzgewölbe dcs Langhauses, auch ein Werk dcs 16.
Jahrhunderts, durch seine äußerst kunstvollen Rcihungen intereffant sein
(s. Taf. 10, Fig. t'.), da mic in den Rhei'nlanden kein anderes so
reiches, von solchem Umfange bekannt ist.

Eine Reihe merkwürdiger Jnschcisten und eine Erklämng der Bild-
werke an den Gewölben der Kirche, vom Domcapitular v. I. G.
Müller*), erhöhen den Werth des mit umsichtSvoller Klarheit be-
handelten historischen und archittktonischen Tcxtes.

(Schluß folgt.)

Auch rin Uorl, die Dombau-Srudrrfchatt betreffrnd.

Msüio lntissiinuii idis,
v viä.

Das Rundschreiben Sr. Erzbischöflichen Gnaden dcs Herrn Coad-
jutors Johannes von Grifsel (vgl. Nr. 75 des „Domblatkes") er-
mahnt und ermunkert die gesammtc Geistlichkeit der verschiedenen De-
kanate, ihre untergebenen Gläubigen in jeder geeigneten Wcise durch
Belehcen und Aureden in Kicche, Schule und Haus zu immer zahlrei-
cherem Anschlusse an die Dombau-Vereine zu gewinnen und, wo noch
keine Vereine bestehen, Filial-Vereine zu bilden. „Alle flnd zu einer
gemrinsamen Beistcuer (für dcn Ausbau des kölnec Domes) beruftn,
(denn) was daS elterliche Haus für die Familie, was die Pfarrkirche
sür die Pfarrgenoffen, das ist die Kirche, deren Bau wir vollenden
wollen, für alle Gläubigen der kölnischen Erzdi'özese; sie ist des gan-
zen Sprengels gemeinsame Mutterkicche," das sind die ei-
genen Worte des Oberhirten. Gesetzt nun den Fall, es besteht in einer
Pfarcgemeinde bereits cin Dombau-Hülfsverein: auf welchem Wege
würden wohl Alle oder doch wenigstcns die Meisten, welche
auch nicht Mitglieder des Hülfsvereins aeworden st'nd oder noch werden
wollen, dennoch zu einer gcmeinsamen Äeisteuer herangezogen werden
können?

Einsender dicses Artikels hat zur Erreichung diefts Zweckes das Her-
umtragen des so genannten Klingelbeutels an den monatlichen
Nachmittags-Bruderschafts-Andachten angeordnet und den
Ertrag für den Dom bcstimmt.

Diese Einrichkung kann sowohl einem bestehenden Filial-Vereine, aks
auch den zu anderen Aeiten und zu andercn Awecken m einer Kirche
durch das Herumtragen des Klingelbeutels zu erzielenden Beiträgen
durchaus nicht schädlich sein, und die dadurch gewonnene gemeinsame
Beisteuer bleibt eine ganz fteiivillige und ungezwungene, aber dennoch
nach dem Grade der Belehrung und Anftischung keine so gar unbe-
deutende.

Man versuche demnach einmal, dresen Weg einzuschlagen, und nehme
allenfalls noch die Fcste der halbjährlichen Versammlungen und die

Als einc den Gcgenffand dcr symbolischen Bildnerei in dcn chrifili-
chen Kirchen von dem richtigen Standpuncte aus erschcpftntz bc-
haudclnde Schrift empfthlen wir 0. I. G. Nnller's Werk: Di'e
bildlichen Darstellungen im Sanctuarium der christlichen Kirchcn vom
2. bis i»s 14. Jahrhundert. Trier, bei Lintz. E. W.
 
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