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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0020
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Die Zusammensetzung der Begleitung für Blasinstrumente, mag zwar
ibc« SchwierigkeittN haben, dafür ist aber der Clavierauszug, der dem
Werke Unterlegt jst, um so ausführdarer. Die große Kunde, mit wel-
cher Le.ibl die Männerstimmen behandelt, erlerchtert die Ausführung
zudem noch um eia Bedeutendes. Das Werk beginnt m!t einem feier-
kichen, einfach gehaltenen Choral: „Lobstnget Gott am Freudentag!"
Hin Quartett: „Begonnen ward mit Gott der Bau", folgt Hierauf,
Las bald in einen stürmischen Chor übergeht: „Da wetterte der Zwle-
tracht Glut" in wclchem bie Skimmen, sehr bezeichnend, ftäts rasch nach
einander ei'ntreten und so von schlagender Wirkung stnd. Der Chor:
„Blöd verwirrten alle Geister", welcher die Trauer un den un-
vollendet verwirternden Dom malt, ist voll Trauec und Klage, bis er
ftch durch eine edle Wendung in der Slelle: „Wohl sah man die
Msuern ragen", erhebt, nach welcher der Chor stch wieder in Klage
auflös't. Ueberraschender noch ist die Wirkunq des folgenden Quar-
tettS: „Da weckre Gott ein Kvnigsherz!" O-eseS Quartett fteigert stch
dann zum Chore, in wrlchem eine Solo.Baßstimme glänzend hervor-
tritt, b!s die Schlußfuqe: „Lobstngt dem Herrn am freudentaq", auf
die HLchst« Glanzstelle führt. Diese Fuge ift nicht pedanrisch durchge-
führt, von vorn herein mit «inem Contresubjecl degleiier, aber um so
stnnvollec gearbeitet, bis sie stch im Strsme getraqenen Gesanges auf-
löstt und so in FeierÜchk.it auf überraschende Weise, durch den Terr-
quintsexten-Accord eingeleitet, schließk. D-e Ausftqtruiig des Werkes ist
vvrzüglich, und somit, wie oben schon berükrt, die C'.mate in jeder
Hinftcht den nähern und ferneren Männergesangvereinen und Liederta-
feln zu empfehlen.

Wilhelm Vvn Waldbrühl.

Ot'fenrr Srief an Herrn prot'effor v. HaNer in Lllm.

Boo Sreuser.

Köln, 15. Januar 1844.

Berehrter Freund!

Sie hatten die Güte, mir vor langer Zeit schon die „Verhand-
kungen deS Vcreins für Kunst und Alterrhum in Ulm uno
Oberschwaben (erster B'richl, Uim 1843)" ;u üdersendcn. Es härte
stch wohl ein herzlicher Dank und ein« Anrwort gebührt; allein Ber-
gedung. Jch will beide, Daak und Anrwock, jeht öffcnliich bringen;
drnn der erste Berichk ist für jeden Kunstfreund, besondeis abcr für
unsere Domfreunde, so bedeulcnd, daß wohi eine Besprechung in
unserm „Dümblait" ve.dienr. Dabci möchle ich Sie und die baukun-
digen Freunde freundl chst gedelen haben, auf unser „Domblatr" auch
einmal gütig herzublicken uno aus oem reichrn Schatze Jhres Wiffens
uns von Aeit zu Zeil -lwaS zu spenden. Sic wiffen, kein Mensch lernk
lieber, als ich, und am liedsten von F.eunden, und wenn ich einige
Bemerkungen und Emwendungen mache, so geschiebt dies nicht allein
für Köln, sondern auch für Ulm, das ja auch j-tzt mit seinem ehrwür-
digen Münster stch beschäfrigc und glücklicher Weise seine Blicke auch
auf die übrizen Baudenkmale alter Aeik richirt, die jn dem lieben treu-
herzigen Schwaben nichl selten stnd. Was also für die Erkenncniß in
Ulm gefördert wird, gilt auch für Köln und umgekedrt; denn unlere
Vocvärer bauten in und aus einem einigen, damals noch nicht gespal-
tenen Geiste. Diesen Geist wieder ins Gedqchtniß der Gegenwart zu-
rückzuführen, das ist eigentlich die Aufgabe, und ich hvffe, in den bald
zu Berlin erscheinendrn Dombriefen meinen Beittaq dazu nach meincn
fchwachen Kräften zu liefern. Gottlcb ist auch in Ulm der ehrenhafteste
Geist thätig, wie die Verhandlunqen des Vereins zeigen, und vorüber
find die Zeiten, wo man nichl bloß in Köln, sondern überall sich an
den Denkmälern unserer Väler durch Fahrlässtqkeit vder nock schlim-
mere modische Verbesserungswut versündigte. Möge dieser beff-re Geist
dleibend wrrden, aber auch wirksam! denn was nutzt die Erk.nnmiß
dcs Beffern, wo ste nicht That wird? Jn Stcaßburq, Zreiducg und
Ulm wirken dafür, wie Sie selbst berichten, edle Veceine, und ich
rvünschke, !n Koln »äre es eben so, odgleich es auch hier an Vereinen
nicht fthlt; allein dec gute Wille ist nichk hinreichend, vielmetzr bedarf
es ernster Studien zur Wiederqewinnung des Schatzes, dec mit dem
hochherzigen Maximilian begraden ward.

Hebe ich nun aus Jhren Verhandlungen das kervor, was mich am
meisten angefprochen har, so ist e» zuerst Jhce eigene Miktheilung (S.
S ff.) über die «cien des ulmer Münsterbaue«, den Ulm qan; allein,
mil Ablehnung fremder Beihülfe, unternahm und wacker ausführte.
Leider konnten Sie, Jhrem Awecke gemäß, nur Andcutun^en liefern
chber die einfache Buchfuhrung und d»s R-chenwesen ,ener Tage, das
m!t drei redlichen Mäs««« und einem einzigen Buche unftre jetzige
unendliche Actenwelt v«krak; allein Sie werden boffentlich Jhren gan-
zen Fund unverändert dem Dcucke üdergeben, und nalürlicb würdeii de-
gleitendc Anmeckungen eine willkommene Zuqabe sein. Wahricheinlich
wird sich dann auch in Ulm dic Einrichtung bestäiiqen, die quch an-
Kerwärks gefunden wicd, nämlich, daß Bauwerke im Gedinae, Bild-
hauerarbeiten abcr nur im Taglohn übernommen wurd.m. Ge-
nauer wird dann auch zuzusehen sein, was dic Airen unlec Biidweck

verstanden; denn wahrschcinlich wurde darunteralles Sxeinmetz enweck

verstanden, da« »om Mauerwerk scharf zu trennen ist. Jch werde e«
anderwärts auSführen, wie die alten Steinmetzen mit den Maurern
und Strinhauern nicht verwechselt seln wsllten, und w!r unsere Zeit
eine Menge Jcrthümer degeht, daß fie beider Werke unter einander
wirrt. Die Kirchen deutscher Bauwerke, also auch die Dome zu Ulm
und Köln, sind Steinwerk dec Steinmetzen (ispioiSae), nicht der
Maürer (oaewsatari!, maotivaes, mussone-, lllaotioaarii). Was ist
nun des Steinmetzsn Werk? Pfeilerbau und nichts als Pfeiler
ohne Wand. A. B. Jm kölner, ulmer, freiburger u. s. w. Münstec
kann man die Wände herauSbrechen, und die Dome, als Gotteszelte,
bleibeu dennoch stchen und um kein Haar unvvllkommener, als sie stnd.
Man versuche dasselbe bei der früheren Bauweise, und man wird fin-
den, waS herauskommt. Was ist nun des Maurers Werk nach ukt-
deutschen Begriffen? Fundamentirung, auch Stei'nwerk, aber aus rohen
Sleinen (ruckes Isxiiles), Füllung, Gcwände, und als Diener Aufsetzen
der vom Skeinmetzen bcarbeitctcn Steine. Da ich ,die Beweise später
beibringen wsrde, so muß ich einstweilen bitten, mir aufS Wort zu
glauben. Das ulmer Münster zeigt also schon durch die Steinart,
waS die Steinmetzen und was d!e Maurer gearbeitet haben. Zugleich
ecledigt fich daducch eine Streitftage, die jetzt in Köln einige Gemü-
rher beschäftigt, als ob auf der Nordseite (die, berläufig gesagt, an der
alten Römermauer und an ciner tief gelegcnen Straße vorberlaufend,
eine hohe, auf Bsg enstellungen *) anzulegende Treppe und daher eine
Modification Les Nordportals erfordert), als ob, sage ich, auf der
Nocdseite eine glatte Mauer oder nicht vorspringende Pfeiler beab-
sichrigk gewesen seien. Eine glatte Mauer widerspricht so dem Begriffe
alcer Sceinmetzenkunst, daß man eben so ftrglich von papiernen Stei-
nen reden könnte oder von sonstigen Unmöglichkeiten; dcnn biS zum
15. Jahrhundert wrnigst'ens, che das städtische Maurerzunftwesen
die Sreinmetzen zu ver schlingen anfing, ist das Pfeilerwer? Steinmetzen-
wcrk, und d!e Dombaucr warsn eben nur Steinmetzen. Ueberhaupt ist
auf das Wort Pfeiler eiri großer Werth zu legen und manchc Ver-
wirrung dadurch entstanden, daß man von SLulen, Bündelsäulen
u. s. w. spricht. Bei alkgriechischer und alkrömischec Baukunst sollte
man eigenilich nur von Säulen reden, nicht aber bei der deutschen
Bauweise, obgleich auch sie die Säule kennt, jedoch als Schmuck, z. B.
ais Stützen dcr Strebebogen an dem äußern Galeriegange des kölnev
Chores, die zu Ulm in den beiden spätern Nebenschiffen dcs Mün-
sters nachgeahmt ffnd. Jn diese Pfeiler (Pilac, wie noch jctzt die köl-
ner Mundart, der das Woct SLule fehlh und der Engländer sagt)
legte die deuksche Baukunst cbenfallS ihre symbolische Brdcutung, und
fle sind wieder ein Bild der Kirche im Kleinen, Viereck und
Krcuz. Namentlich in Köln läßt fich dieses augenscheinlich nachwei-
sen. J-de Säule ist ein Viereck, glcich dsc Kirche von Osten nach We-
sten und von Süden nach Norden gestellt, an den vier HimmelSgegen-
den stack fast als Halbsäule gehalten, zwischenrnne durch kleinere
Tlicderungcu zur Kreuzesform eingeschweift, und dieses Kreuz, und
zwar das griechische, wächst obcn ganz regelmäßig aus dem Pfeiler
heraus, so wie auch die Schmuckpfeiler wiedcr in Kreuzesgestalt auSge-
führr stnd, und die Strebepfeiler nebst Strebebogen ebenfalls in Kreu-
zeslvsift sich ordnen. Auch in den Thürmen, die eben auch nur Pfeiler
sind, und in ihren Ein- und Abtheilungen wird der scharfe Beobachter
überall dem Vierecke und dern Kreuze begegnen und diese heiligen
Grundformen überall wiederfinden. Jedoch es wäre zu weikläufig,
diese Pfeilerlehce weiter auszuführcn, bei der es nicht aufVorsprin-
gen ankommt, sondern auf ganz andere Dinge.

(Fottsetzung foigt.)

Lsrretponden^Nachricht.

Altenberg, im Januar.' Der vollständige Ausbau unsereS Mün-
sters, welcher !m verwichenen Sommer verzögert wocden, wird nun mit
der deginnenden guten Jahreszeit wieder aufgenommen werden können
und um so r.rscher fottschrciten, da schon alle Gräte und Gucte zum
Gewölbe fertig da stehen. Bei äußerer Vollendung dieses hrrrlichen go-
thischen Gebäudes dürfte durch den gekrönten Bauherrn zügleich seine
innere Ausschmückung betrieben wrrden, und fo bäld das Münster wie-
der in seiner mittelalterlichen Herrlichkeit da stehen. D!e Theilnahme
Sr. Maj. an dem Münster und deffen Denkmalen hat flch neuerdingS
wieder dadurch bethätigt, daß Allerhöchstdieselben dem Architekturmaler
A. Wegeün, welcher in mehren Folgen für das königliche Album Dar-
stellungen aus dem altenberger Thale geliefert, befohlm, alle Denkmale
daselbst zu demselben Zwecke aufzunehmen.

Dlese Bsgenstellung rst schon begonnen unter dem so gensnnten Dsm-
k-ller unv an der daran stoßenden Domttcppe, von der ich, ohne vor-
hergegongene Uutcrsuchung, behauxte, daß man fie ebenfalls auf Bo-
gen angelegt finden wird, wenn es zum Lbbruche kommt.

Verantwortticher Herausgeber: Jss. DuMont.

Druck und Commisstons-Verlag des Verlegers der Kölnischen Zeittmg,
M. DuMont-Schaubsrg.
 
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