Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1844 (Nr. 81-132)

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.1491#0163
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
VII. Bezitht fich auf dm Kirchen- und Klosterbau Heribert'S, den er
nach Weisung der seligsten Jungfrau Maria und Mutter des H-rrn
ausführt. Man kann in diesem Bildr zwei Handlungen sehen. Unten
ist Heribert und sein Nachfolger Pilgrim in der Viflon, oben arbeiten
die Steinmetzen an den Thürmen und Kirchengebjuden:

Visitat ooos pater, se lumiai« ioolit» wnter

rewpli vot» probsns, korwaw siAllnns, loc» woastralls -j-,

Da also, so erzählt dir Lebensgeschichte, Heribrrt das von Kaiser
Otto vorgrschlagene Kloster zu rrrichten strebte und unschlüsflg »ar,
welchen Ort er hierzu wählen sollt«, so wandte er sich mit Beken und
Fasten zu Gott und der seligsten Zungfrau, der Mutter drs Herrn,
und nach dem Beispiele der h. vnna ruht« er nicht, bis er «ndlich vom
Himmel die gewünschte Antwort erhielt. Jn «iner Nacht, wo «r von
Beten und Wachen ermüdet da lag, «rschien ihm die Himmelskinigin,
von Engeln umgeben, welche mit ihrem Sohne auf einem Slrahlen-
thrvne saß, und ridete ihn mit den Wortr» an: „Wisse, o Heribert,
dein Gebet ist erhirt! Sieh, ich komme, dir anzuzeigen, wo du daS
Gelübde, welcheS du im Sinne hast, erfüllen sollst. Denn ich bin Ma-
ria, die Mutter deS Herrn, stehe alfo auf, g<he nach der Fest« Deutz,
laß dort eine Stelle säubern, dort wird rin Kloster herrschen durch dir

Menge seiner Heiligen." _

vm. Bezieht sich auf die Bision Heribert's, die ihm Anlaß gibt zur
Fällung eines BaumeS, aus dem ein Kreuz geformt wlrd:

Iwmensn visu exteosus ia »rbore Lkristus
kolltiüoi sallotae, tit oaus» erucis kuoiellaao -s.

SuriuS erzählt die Geschichte in folgender Weise: „Ss geschah auch
noch etwas Anderes, was ich nicht übergehen wiü und waS, wie ich
glaube, nicht ohne Grund ist. Der Mann Gottes ließ gleich bei Auf,
werfung der Fundamenre für das Klost-r und die Kirche auch ein Kreuz
rrrichten, daS er dort hinsitzrn wollte. Die Werkleute versuchien «S
zwar, den Befehl zu vollzieben, vhne daß jedoch der Erfolg ihrer Mühe
enlsprach. Eie hieben alle Tage neues Holz, wählten eS sorgfältig aus,
aber dennoch vermochten ste «S nicht, das Werk ihrer Kunst zu vollen-
den. Si'e beschlossen also vor Ueberdruß und Unmuth, davon abzusteh«».
EineS Tagrs jedoch kam Heribrrt in eine seiner B-fltzungen und ließ
rinen Tisch in den Baumgarten daselbst bringen. Es stand aber allda
ein hoher Birnbaum, der sekne Aeste wie zsei Arm« auSbrritete, ja,
gewiffer Maßen die Hände des am Kreuze hangenden Hrilandes nach-
zubilden schien. Wie «r also da saß und seinr Lugen zufällig umher
«arf, gerleth er Anfangs bri jenem Anblickr in Echrecken; er besann
sich aber, ließ die Arbeiter ten Baum abhauen und daraus «in großes
Kreuz anfertigen." — Da haben wir also den TvpuS für d!e Cruci-
flx« in Seserin, Maria im Capitol!

IX. Jst «twaS dunkel und bezieht flch wahrscheinli'ch auf eine Be-
gebenheit, die SuriuS im Lebm d<s Heiligen dloß angedeuter zu haben
schiint, nämlich auf die doppelte Gabe der Gottseligkeit und deS Wun-
derwirkenS, welche Heribert nach dem Beispiele des ElisauS besissen,
«ovon jedoch hier nur zwei Beispielr folgen; daS «rst« mit drr Ueder-
schrist:

Vota patsr <iuw kort, ssoer buic spiritus inkert
Lumgue «lowilluw plavst rekerans ooelos pluvie <Iat 's,
und daS zweite:

Vivi et »ntigui praesul rspieos illiwioi
kraeii» sslvsvit, bullv daswolls ckuw spoliavit ch.

Diese Begebenheit ist bei SuriuS auSführlicher erzählt. — Zwischen
IX. und X., etwas nach unten, befindet flch jedoch eine Merkwürdig-
keit, die wir nicht unbrrührt vorbeilaffen kbnnen; es ist das alte, von
Hildebold gegründet« und von Bischof Willl^ert eingeweihte kölner
Domgebäude mit seinen beiden Chören und Thürmen, so wie cS uns
in alten Urkunden beschrieben worden.

XI. Eine Versöhnung zwischen Hrribrrt und dem Kaiser Heinri'ch:
Lorsa orueut» nevat llsoi» rsx ckum belleplsoat
Iram pvlltiüvi» ter praedells osoula pacis ch.

Ungeachtet seiner gutm Eigenschaften und seiner «dlen Geflnnung
«ar doch Heribert beim Kaiser Heinrich verdächligt. Dieser aber, durch
göttlichen Wink gewarnt, Lndert- seine Gesinnung. Er ließ den H.He-
ribert rufen, bat ihn um Verzeihung, daß er den Berleumdrrn grglaudk,
und küßte ihn dreimal zum Zeichm der innigsten Versöhnung *).

xil. Jst Heribert's Tod «nd Aufnahme in den Himmel mit der
Umschrift:

Llio xater illsigllis weritis ruUIens velut iAllis
kit regllis tutus psrllsisi varne solutus ch. —

Um das Ganz« d,S Schreines herum zieht stch in Nigello, auf
feuervergoldeten Platt-n, folgende Znschrifr, dir mit den unten stehen-
den Aposteln und Propheten in Veebiodung gedacht wrrden muß. Sie
beginnt auf der «rsten Eeite mit den Worten:

llio kolltes kel^ sullt bio PSNSS ituoaelli bioqu« saoob species
dio tot lapiiles rllsislltes vritillö bis seoo virtutis riosmllto
pleno vulget »postolivus kulva metllll» ssllstus.

Uater dieser Ueberschrift finden sich sechS Apostel in gekrirbenen und
vergoldeten Silberplatten und fieben Propheten in Schmelzmosaik und
folgender Ordnung, di« vvn der Rechlrn zur Linkm, also ia umgekehr-
ter Ordnung «,'e die LebenSgeschichte, beginnt. Ueber vi. der Lrbens-

*) SuriuS.

gefchichte, nämlich drr Eidesleiflung vor dem Papst« und ter Conse.
cration, steht d!« Figur d«S ApostelS PetruS. Er fffhrt drn Zug zwi-
schen drn Propheten David und Jesaias und trägt auf seinem Buche
den Spruch: vroso in uouw äeum; dann folgt zwischen den Prophe-
ten ZachariaS und Ezechiel Zacobus; der Spruch fehlt, eS heißt ader
wahrschrinlich: Lt ia äesum Okristiim Lüum eius unioum; zwischen
Ezechiel und Habacuc steht Johannes mit der Stelle: 6onoeptus est
<is spirita Sllnvto; zwischenHabacuc und OseaS Bartholomäus mit dem
Texte: >»tus est ex iu»ria Virxine; zwischen Oseas und CephoniaS
Thomas mit drr Etell«: ksssus sud pootio kilato. Auch di'e Prophr-
ten tragen Sprüche, «elche wahrscheinlich mit jenen der Apostel in
Verbindung standen, jedoch ziemlich unleserlich grworden find. Unter
ihnen lirs'r man als fortlaufende Unterschrift:

katres loZales virtuto viri speciales lexis soctores iustltias
«onitores nubo sub vbsvura praeglloscencko kutura quem
praeäixerunt Lkristi reglluw merueruot.

AlleS, wie auch die obige Ueberschrift, in einer Linie an der Längen-
seite des Kastens unten und oben. Ader da sehe man das dichterisch«
Mittelalter! Das Ganze ist «in wvhlgeformter und wohlklingender
Hymnus, den man hier auf den «rsten Andlick nicht suchen sollte. Wir
wollen daher die Worte hier, wo wir über dm Raum undeschränkt gr-
bieten können, «twaS üdersichtlicher stellen:

I. Lio koutos llelz-

8ullt kiv paues suockell!
llicque äaeod species
llio tvt lapises rasilllltes

II. I>atres lexales

Virtute viri spociales
I,egis äootores
^ustitiao mollitores

Orsioe dis seuo

btudo «ud obsvura

Virtulis äoKmato pleno
Vulget apostalioiis
k'ulva melalla senatus.

krseZllosceniIo kutura
guem prsesixeruut
Okristi reßuum merueruot.

Auf der entgeg«nges.ht«n Seit« ist der h. Paulvs Choraa« zwischcn
den Prepheten MoiseS und Daniel mit dem Spruchr: Oruciüxus, mor-
luus et sepultus ost; zwischen Daniel und Zer«mias steht JacobuS
der Jüng«re mit der Stelle des Symbolums: vescolläit aii tukeros;
zwischen JeremiaS und MalachiaS Philipp und nikt auS: rerlia <üo
rosurrexit a wortuis; dann Matthias mit geschlossenem Buche. Der
Prophet Nahum und Simon der Apvstel mit der Stellr: 8eäet aä
äoxteram äei patris; dann zwischen d<n Prophkten Joel und AmoS
JudaS mit dem Spruch«: gui veuturu» est iuäicare vivos et mortuo».
Die in einer Linie solgende Ueberschrist und Unlerschrifl wollen wir
hier schon gle'ich vrdnen, sie heißen:

I. llewpo riAllns saoialls
tkellebrarum äevia vitao»
Isto mox soliäat
guam teruo roduro quaärat
8ioque äei trioi

II. gui plltriarobarum
Oeoerata stirpo vreatur
Oräo propketarum
kraosllKus valioillatur
Veuturum

tkor dis äuo oliwata miilläi
Ver» Aäes per eum
I-ougum tirmatur ia eum.

Vitaeque statum reparari
Uoslew oasurum
Veterem oulpam valusri.

Auf der Fronte erblickt man in der Mitte das Bildniß drS h. He,
ribert, von zwei allegvrischen Figuren umgebe», m getriebenen Silber-
platten, welch« wie di« üdrigen Staiuen ter Apostel und der Contre-
fronte über gebrannt.n Thvn g'zogen sind. Von jmen beiden allego.
rischen Figuren, welche dem h. Heribeit beigegeben sind, ist die «ine
d!c Liebe, die anderr di'e Bescheidenheit mit der Unterschrift:
vas praesul Obristi
Vitae svcias Iinduisti.

wie auch die Lebenszeschichte bei Suriu« zu rrzählen «eiß, die fast
ganz mit jenen Darstellungen parallel gehk. Jm Girbelfeldr erblickt man
den Heiland und den himmiischen Varer mit der Ueberschrift - 8uw,
gui sum; auf der «ntgegengesetzten Fronte di« seligste Jungfrau, von
Engeln umgeben. — All« Ränder sind, wahrscheinlich wegen der grö-
ßern Haltbarkeit, nicht von Silber, sondern von Mesfingplatten, aber
im F-urr vergoldet, theils mit Nigello, theil« mit Emaille verziert;
uorr dem Ganzen erhrbt slch dann rin Kamm von Akamhusverzierung,
welche von Fuß zu Fuß mit «inem hellgläsernen Sphäroide geschmückt
ist. Dir Apvstel sowvhl als die Propheten haben im Allgemeinrn keinr
charakteristischen Merkmale, w!e z. B. jene drr Matterwerkzeug« odrr
sonstige, auch keine verschsidenen Steüungen, ste find vielmehr sämmt-
lich nach archit.kronischer Weis« und Symmerr» geformt. DaS, was fie
kenntlich macht und unterscheidrt, find bloß die Ueberschriften. Die
Draprrie ist höchst einfach, doch greß im Stple. Jn den Schmelzwer-
ken walten Blau, Grün und Wriß vor. Roih und Schwarz steht
man seltrner. vn Edelsteinrn hat da« Werk nichts von Bedeutung.
Was vvn den Steinen noch vorhanden, find Achate, Carneolr von ge-
ringem Werthe. Dageg«» sind die Filigränarbeiten um dieselben so
schön, wi« sie nur je «ine Zeit zu li'efern vermschte, auch di« unter «i-
ner spälern Oelvergoldung, welche di« zarten Formen verdeckt und ver-
kleistert hat, hervorschimmernden Berzierungm ia einem hohen Trade
mrrkwürdig und von schönem Style. Sollen «ir noch «twas übrr daS
Alter sagrn, so setzen wir drn bedeutungSvollm Schrein in das rwölste
Zahrhundeit. * '

(Sorts. folgt.)
 
Annotationen