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Bayerischer Kunstgewerbe-Verein [Hrsg.]
Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 52.1901-1902

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Chronik des Bayerischen Kunstgewerbevereins
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Chronik des Bayer. Kunstgewerbevereins.

307. Isländisches Band (Brettchenweberei; aus dem Buche von
ITC. Lehmann-Filhes, f. 5. (z%).

die für den ^o. Dezember vorgesehene „Uberbrettl"-Aufführung
auf geeignetere Wochen zu vertagen und au dessen Stelle einen
auf die Weihnachtsfeier bezüglichen Gegenstand anf die Tages-
ordnung zu setzen; dies geschah, indem Dr. EJalm einen von
vielen Abbildungen begleiteten Vortrag über „Weihnachten
im Spiegel der Kunst" hielt. Darstellungen der Geburt
Christi kommen erst etwa um die Witte des 5. Jahrhunderts
vor; die älteste bekannte Darstellung ist ein Fresko im Coeme-
terium des hl. Sebastian, wo hinter der Krippe — gleichsam
um das Lokal zu bezeichnen — Ochse und Esel Hervorschauen.
Beben der Pauptfignr des peilandes erscheint in den ältesten
Darstellungen Maria als zweite Pauptperson, meist in der paltuug
einer thronenden Römerin dargestellt, während Joseph noch
ganz als Rebenperson behandelt ivird. Römische Motive spielen
auch in die byzantinischen Darstellungen der Geburt Christi herein,
ebenso in die Reliefs von Nicol» und Giovanni Pisano. Bei
Fra Angelico da Fiesole tritt Joseph mehr hervor, und aus
„Christi Geburt" wird allmählich die „Anbetung". Die späteren
Florentiner Meister wie Sandro Botticelli oder Benozzo Gozzoli I
schildern uns in ihren Weihnachtsbildern das reiche, prächtige
Leben ihrer Zeit, ja sie führen in die Darstellutigen sogar Zeit-
genossen handelnd ein. Behält bei den Florentinern trotzdem
fast immer das Poetisch-idyllifche die Oberhand, so überwiegt
bei den Venezianer» das Streben nach größtmöglichster Entfal-
tung von Pomp und Pracht; deshalb begegnen wir dort viel-
fach der Darstellutig der hl. drei Könige (verotiefe, Tiepolo).
Das bekannteste der italienischen Weihnachtsbilder ist Correggios
hl. Nacht in Dresden. Trotz des oft bedeutenden künstlerischen
wertes der italienischen Darstellungen muten uns die nordischen
zumal die deutschen Bilder viel sympathischer, wäriner an; es
überwiegt das Gemütvolle, Innige, — ja die Meihnachtsbilder
werden — z. B. bei Dürer — geradezu zum Sinnbild des
deutschen Familienlebens. An Dürer ist allenfalls Rembrandt
anzureihen, bei dein der poetische Reiz durch die Lichtwirkuug
— das Kind bildet den höchsten Lichtpunkt — erzielt wird.
Elternfreude und stilles Familienglück spiegeln sich hier ebenso
wieder wie die Tiefe des Gemütes; in neuerer Zeit studet
man diesen Charakter besonders an Ludwig Richters so unge-
mein reizvollen polzschuiten. von den Darstellungen der Geburt
Christi ging der Redner auf einige Meihnachtsbräuche über, so
auf das „Kindleinwiegen" und das Krippenbauen. Er verwies
bei letzterem Punkte namentlich auf den Vortrag von Kons,
vr. vager (vergl. letzten Iahrg. S. Z5S) und die Schmederersche
Krixpensainmlung im bayer. Nationalmuseum und machte dann
besonders auf die Verwandtschaft der Krippen mit mittel-
alterlichen Bilden! aufmerksam. Ein kurzer Exkurs über Weih-
nachtsgebäck bildete den Schluß. — wie schon der Gegenstand
selbst dem Gemüt viel Nahrung bietet, so war auch der ganze
Vortrag von deutscher Gemütstiese durchdrungen; dem entsprach
auch die Wirkung, welche er auf die Zuhörerschaft inachte, und
die sich in dem reich gespendeten Beifall zu erkennen gab.

Zur Weihnachtsfeier am is. Dezember war
der große Festsaal mit zahlreichen Tannenbäumchen
auf jedem Tisch ausgeschmückt worden und schon
lange vor Beginn der Feier (5 Uhr) waren Saal
und Galerie dicht besetzt mit erwartungsvollen
Kindern und deren die Ungeduld beschwichtigenden
Eltern. Musikvorträge und Gesang leiteten die
Feier ein, bis vr. Palm als Leiter des Ganzen
mit seiner, den familiären Charakter der Weih-
nachtsfeier betonenden Ansprache das Zeichen zur
Beschenkung der Kleinen gab, die sich bald an den
ihnen in zierlichen Körbchen gespendeten Süßigkeiten ergötzten,
während die Alten dem überaus reich ausgestatteten Glücks-
Hasen zusprachen, wurden jene zu gewohnter Stunde voin
Sandmännchen zur Ruhe gebettet, so blieb von diesen doch
noch eine zahlreiche Gemeinde bis tief in die Nacht beisammen.

Siebenter Abend — den 7. Januar. — Nach kurzer Be-
grüßung der Versammlung durch den z. Vorsitzenden, Professor
v. Thiersch, hielt Maler S ch u d t aus Berlin einen Vortrag
über „eine neue Technik auf dem Gebiet der Deko-
ration, das sogenannte Schudtsche Verfahren." Laut einem
Bericht in den „Münch. N. Nachr." — der Referent war an
diese»! Abend von München abwesend — erläuterte Redner zunächst
in welcher weise er auf seine Erfindung geführt worden sei,
und gab dann eine Charakteristik seiner Technik, welche inan
mit einem bezeichnenderen Ausdruck bester „plastische
Malerei" nennt und welche die dekorative Malerei um ein neues
Ausdrucksmittel bereichern will. Der Pergang bei Anwendung
des Verfahrens ist kurz etwa folgender! Auf die betreffende
wand- oder Deckenfiäche, welche mit Ornamenten oder sonstigen
Darstellungen geschmückt werden soll, wird die Zeichnung wie
üblich aufgepaust. Danach wird eine' Schnur, welche in einer
gewissen, dickflüssigen Masse, deren Zusammensetzung und per-
stellung Geheimnis des Erfinders, getränkt worden ist, auf die
Konturen aufgelegt, wobei zu beinerken ist, daß diese Schnur
vor Eintauchen in die Nasse präpariert sein muß, damit sie in
den durch die Zeichnung gegebenen geschwungenen Linien ver-
bleibt und nicht, wenn die Masse zu trocknen beginnt, sich gerade
zieht und die Form zerstört. Kleinere Flächen, die sich zwischen
zwei Konturen ergeben, werden mit der Nasse ausgefüllt und
glatt gespachtelt. Um die größeren plastischen Formen von
Blumen und Blättern zu gewinnen, werden in die Masse ge-
tauchte Lappen verwendet und auf die Zeichnung aufgelegt.
Zur malerischen Behandlung der auf diese weise herzustellenden
oder hergestellten Formen wird entweder die Masse sogleich
entsprechend gefärbt, oder die gewonnenen Formen werden erst
später bemalt. Auf diese weise ruht die Thätigkeit des Stucca-
teurs und die des Malers in einer pand, der weg zu einem
einheitlichen Kunstwerk ist kürzer und sicherer geworden,
von besonderer Wichtigkeit ist, daß die Maste die Eigenschaft
hat, daß sie auf polz, Putz, Glas, Eisen, Stein rc. aufgetragen
werden kann und binnen Stunden zu Stein erhärtet. An
der pand zahlreicher Demonstrationen und einer gleichzeitigen
Ausstellung erläuterte Redner eingehend sein ganzes Verfahren,
allerdings nicht ohne auf Widerspruch und Zweifel zu stoßen.

Achter Abend — den u- Januar. — Vortrag des Malers
und Graphikers Walter Ziegler über „Die Techniken des
Tiefdruckes und ein neues Mehrfarbendruck-
verfahren". Redner, der wie wenige Künstler fast alle
graphischen Techniken übt und beherrscht, und der deshalb als
technischer Leiter des projektierten Instituts für vervielfältigende

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